Emma traut sich was
regelmäßig Yoga machte, fühlte er sich mindestens zehn Jahre jünger. Das ist doch toll, oder?«
Ich runzelte die Stirn. »Herr Pauli? Meinst du etwa unseren Pfarrer? Was hat der denn damit zu tun?«
»Ach, wir haben uns gestern Abend noch ein bisschen unterhalten«, antwortete Oma. »Er macht doch auch bei Gesas Yogakurs mit. Ein sehr netter Mann übrigens. Ausgesprochen kultiviert, vielseitig interessiert und sehr gebildet ...«
Oma geriet richtig ins Schwärmen und mir ging so langsam ein Licht auf. Wenn Oma so begeistert von Herrn Pauli war, dass sie sich plötzlich sogar für Yoga interessierte, konnte das eigentlich nur eins bedeuten ...
»Hast du dich etwa in Herrn Pauli verknallt?«, platzte ich heraus.
Oma wurde ein bisschen rot, aber bevor sie antworten konnte, schlurfte Tim in die Küche. Er sah aus wie ein Schlafwandler. Tim wird morgens noch zehnmal langsamer wach als ich. Einmal ist er in der Schule sogar in der ersten Stunde eingeschlafen und erst aufgewacht, als sein Kopf auf die Tischplatte geknallt ist. Frau Meisner war ganz schön sauer, aber ich finde, dass es eigentlich ihre eigene Schuld war. Ihr Erdkundeunterricht ist wirklich zum Einschlafen langweilig.
»Morgen«, brummte Tim und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
»Guten Morgen, Timmi«, sagte Oma. »Möchtest du einen Schluck Kakao?«
Tim nickte und Oma stand sofort auf, um den Topf mit dem Kakao vom Herd zu holen. Mir kam es so vor, als ob sie ganz schön erleichtert wäre. Vielleicht war es ihr ja peinlich, dass ich sie gefragt hatte, ob sie in Herrn Pauli verknallt war. Dabei ist ihr eigentlich nichts so schnell peinlich. Auf jeden Fall redete sie nicht mehr von ihm. Aber ich war mir trotzdem fast sicher, dass ich Recht hatte. Scheinbar waren gerade alle in irgendjemanden verknallt und benahmen sich deshalb total merkwürdig. Ob das immer so ist, wenn man verliebt ist? Plötzlich kam mir ein schrecklicher Gedanke: Vielleicht würde ich mich ja auch irgendwann mal wegen Bastian total bescheuert verhalten! Ich beschloss auf der Stelle, dass mir das nicht passieren würde. Nie im Leben, da würde ich schon aufpassen.
Im Schulbus merkte ich, wie ich trotzdem ein bisschen Herzklopfen bekam. Weil ich Bastian gleich Wiedersehen würde. Und weil ich immer daran denken musste, dass ich ihn bald küssen würde. Wenn alles glatt lief, zumindest. Aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen und mich ganz normal zu verhalten. Das klappte zum Glück auch ganz gut.
Tim saß auf dem Platz vor mir und döste mit offenen Augen vor sich hin. Aber das kannte ich schon. Vor der ersten großen Pause ist mit ihm nichts anzufangen. Neben mir saß Mona und quasselte wie ein Wasserfall. Es war das erste Mal, dass sie von Tupfingen aus mit uns zusammen im Bus zur Schule nach Dederstadt fuhr, und sie schien ziemlich aufgeregt deswegen zu sein. Keine Ahnung, warum. Eigentlich gibt es nichts Langweiligeres, als jeden Morgen mit diesem blöden Bus fahren zu müssen, der an jeder Milchkanne hält. Wir sind immer eine halbe Ewigkeit unterwegs. Und darum müssen wir auch viel früher aufstehen als die anderen Schüler, die direkt in Dederstadt wohnen. Ganz schön ungerecht.
Eigentlich war ich ja ziemlich froh, dass Mona wieder mit mir redete und nicht mehr beleidigte Leberwurst spielte. In den letzten Tagen hatte sie noch ein bisschen geschmollt und das war ziemlich blöd gewesen. Aber entschuldigt hatte ich mich trotzdem nicht bei ihr. Wofür auch? Schließlich hatte ich nichts Schlimmes getan. Es war ja wohl kein Verbrechen, wenn ich mit meiner besten Freundin mal in Ruhe etwas besprechen wollte, oder? Ein bisschen Privatsphäre braucht schließlich jeder Mensch. Das sagt zumindest Mama immer, wenn sie morgens auf dem Klo sitzt und ich einfach hineinplatze und mir die Zähne putzen will.
Jetzt war Mona auf jeden Fall nicht mehr beleidigt. Ich freute mich zwar darüber, aber ich fand es, ehrlich gesagt, auch ein bisschen anstrengend. Ich glaube, manchmal ist Mona eine noch größere Quasselstrippe als ich.
»Ich find's toll, dass wir jetzt immer zusammen mit dem Bus zur Schule fahren. Fahren wir heute Mittag auch wieder gemeinsam zurück?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich treffe mich nach der Schule noch mit Papa. Aber du kannst ja mit Tim zurückfahren.«
Zwei Haltestellen vor unserer Schule stiegen Lisa und Melanie in den Bus. Sie gehen in meine Klasse, aber wir haben nicht besonders viel miteinander zu tun. Lisa nickte mir zu und Melanie
Weitere Kostenlose Bücher