Emma will’s wissen
stutzte. »Was ist denn los?«
»Nichts«, sagte ich. »Tschüss, Papa.«
Ich wollte jetzt nicht reden. Es war zu viel passiert. Das musste ich erst mal alles in meinem Kopf sortieren. Oder auch nicht. Am liebsten hätte ich meinen Kopf abgeschraubt und aus dem Fenster geworfen.
Papa kam herein und setzte sich neben mich. Er sah mich ganz lieb an. »Du musst dir das nicht so zu Herzen nehmen, Emma.«
»Okay«, sagte ich.
»Paul hatte ein glückliches und langes Hundeleben.«
»Okay«, sagte ich.
»Hunde leben nun mal nicht ewig. Aber Paul wird nicht leiden, das verspreche ich dir.«
»Okay«, sagte ich.
Mein Mund war trocken. Ich hatte ein sehr merkwürdiges Gefühl. Ein Gefühl, als würden wir komplett aneinander vorbeireden.
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. »Was ist mit Paul?«
Papa sah mich überrascht an. »Ich dachte, Mama hätte es dir erzählt. Eigentlich wollte sie es dir erst morgen sagen, um dir deinen Geburtstag nicht zu verderben. Aber als ich dich hier sitzen sah, hab ich angenommen …«
»Was ist mit Paul?«, fragte ich noch einmal.
Papa räusperte sich. »Paul ist alt. Und er ist krank. Der Tierarzt sagt, er wird nicht wieder gesund. Wir müssen ihn einschläfern lassen, Emma. Je eher, desto besser. Wir haben morgen Vormittag einen Termin beim Tierarzt.«
Eine Weile war es ganz still. Dann passierte es: Es machte
Knack!
und mein Herz brach in zwei Teile. Aber das konnte nur ich hören und sonst niemand.
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11 . Kapitel
Manchmal wäre Emma lieber ein Hund
E s stimmte wirklich. Papa hatte die Wahrheit gesagt. Und Mama hatte mich angelogen.
»Ich wollte es dir sagen, aber ich konnte es einfach nicht.« Mama saß auf der Bettkante und streichelte mir über den Kopf. »Du hast dich so auf deinen Geburtstag gefreut. Ich hätte es dir morgen früh gesagt, ganz sicher.«
Ich stieß ihre Hand weg. Mein Kissen war ganz nass, weil ich so viel geweint hatte. »Morgen früh?«, rief ich. »Da ist es zu spät! Du hättest es mir gleich sagen müssen! Schließlich ist Paul auch mein Hund!«
»Du hast recht.« Mama seufzte. »Das war dumm von mir. Es tut mir leid.«
Ich setzte mich auf. »Ich will nicht, dass Paul eingeschläfert wird. Kann der Arzt ihn nicht operieren? Oder ihm eine Spritze geben?«
Mama schüttelte den Kopf. »Das geht leider nicht. Paul ist zu alt. Er würde die Operation nicht überstehen. Wir können jetzt nichts mehr für ihn tun, Emma. Außer dafür sorgen, dass er nicht leiden muss. Noch hat er keine schlimmen Schmerzen. Aber der Arzt meint, es wird nicht mehr lange dauern.« Mama sah müde aus. Müde und traurig. »Versuch jetzt, ein bisschen zu schlafen, Emma.«
Mama ging hinaus, aber ich konnte nicht einschlafen. Ich musste an Lea denken und an Bastian. Aber am meis-ten dachte ich an Paul.
Als Mona hereinkam, drehte ich mich zur Wand und tat so, als würde ich schon schlafen. Mona zog sich leise aus und ging ins Bett. Eine Weile wälzte sie sich noch hin und her, dann fing sie an zu schnarchen. Ich stand auf und ging nach unten. In der Küche war es dunkel. Die Geburtstagsgäste waren längst gegangen. Auf dem Küchentisch stand das letzte Stück Schokoladentorte. Alles andere hatten Oma, Mama und Gesa schon weggeräumt. Die Geschirrspülmaschine brummte leise vor sich hin.
Paul lag in seinem Korb vor der Heizung und schlief. Als ich ihn streichelte, wachte er auf und leckte mir über den Arm. Seine Zunge fühlte sich rau und warm an. Meine Füße waren kalt. Ich kletterte in den Hundekorb und legte die Arme um Paul. Es war nicht besonders bequem, weil ich die Beine anziehen musste, aber das war mir egal. Nach einer Weile schlief Paul wieder ein. Sein Fell war schön warm und ich konnte seinen Herzschlag spüren. Ich beschloss, die ganze Nacht wach zu bleiben. Morgen um die-se Zeit würde Paul schon nicht mehr da sein. Aber daran wollte ich jetzt nicht denken. Ich kuschelte mich an meinen Hund und zählte die Schläge seines Herzens.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wusste ich zuerst nicht, wo ich war. Ich lag zusammengerollt in Pauls Korb und war mit einer Wolldecke zugedeckt. Es roch stark nach Hund. Aber etwas fehlte. Paul. Er war nicht mehr da. Ich sprang auf und schaute aus dem Fenster. Alles war weiß: der Hof, die Apfelwiese, das Dach der Scheune. Es hatte über Nacht geschneit! Dann sah ich Papas Auto auf dem Hof. Papa hob Paul gerade auf die Rückbank. Mama stand daneben. Sie trug dicke Stiefel und ihren Wintermantel,
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