Emma
im schwindenden
Tageslicht damit beschäftigt, das Libretto zu studieren und hatte von ihrer
Verwirrung nichts mitbekommen.
Sie
atmete tief durch und zwang sich zur Ruhe.
Dass
sie noch immer so unkontrolliert auf Davide reagierte, war sehr ärgerlich, aber
das würde sich mit der Zeit schon beruhigen, redete sie sich selber gut zu.
Noch war ja alles ziemlich frisch, praktisch gerade erst passiert, also waren
diese panikähnlichen Attacken wohl normal!
Nun
zwang sie sich doch, mit Hilfe des Fernglases noch einmal die Sitzreihen im
Parkett abzusuchen, doch die Gestalt, die sie für Davide gehalten hatte, war
und blieb unauffindbar, obwohl sie nun akribisch Reihe für Reihe und Sitz für
Sitz absuchte. Da es langsam immer dunkler wurde und schließlich auch die Spots
ausgeschaltet wurden, blieb ihre Suche erfolglos.
Emma
holte tief Luft, lehnte sich zurück, und bemühte sich, sich zu entspannen und
die Aufführung zu genießen. Die verschwenderische Ausstattung, für die ein
bekannter Kinoregisseur verantwortlich zeichnete, zog sie schließlich doch in
ihren Bann, und so kam es dann, dass sie tatsächlich nach ein paar Minuten ihre
panische Verwirrung vergaß und sich ganz auf die Bühne und die Musik
konzentrierte.
Am
nächsten Tag folgte Emma tatsächlich Tommasos Einladung, den Abend des fünfzehnten
August mit ihm auf der großen Ferragosto-Feier auf Albarella zu verbringen.
Allerdings
hatte sie ihm nichts von ihren Bedenken erzählt, die sie zögern und im letzten
Moment beinahe noch hatten absagen lassen. Sie fürchtete, Gandolfo dort zu begegnen
und nur ihr Trotz, sich das Leben künftig nicht von der Flucht vor einem
Ex-Lover bestimmen zu lassen, hatte sie dann doch zur Zusage bewogen.
Sie
durfte jetzt nicht in eine Art Verfolgungswahn verfallen, mahnte sie sich. Bisher
hatte sie von ihm weder etwas gesehen noch gehört, und auf der Insel war er ja
nach eigenen Angaben vor ihrem gemeinsamen Wochenende damals jahrelang nicht
mehr gewesen. Warum sollte er jetzt plötzlich wieder hierher kommen wollen?
Also waren schließlich alle ihre Befürchtungen reine Hirngespinste! Sie sollte
sich besser nicht so anstellen, denn sonst würde sie sich nur unnötig selber
das Leben schwer machen! Dafür würden bestimmt irgendwann wieder andere sorgen,
daran musste sie selbst nicht auch noch mitarbeiten!
Also
ließ sie sich auf das Abenteuer ein. Der Feiertag fiel auf Donnerstag und
Tommaso hatte sie überredet, mit ihm bis zum darauf folgenden Sonntag zu
bleiben. So hatten sie genug Zeit und Muße, an ihrem Fitnessprogramm zu
arbeiten, hatte er mit einem verschmitzten Lächeln gemeint und Emma hatte
verstanden und ebenso zurückgelächelt.
Die
Feier sollte um neun Uhr abends beginnen und sie hatten verabredet, dass Emma
ihn am frühen Nachmittag abholte und sie gemeinsam auf die Insel fuhren. So
hatten sie vorher noch genug Zeit, sich am Strand ein wenig zu amüsieren.
Emma
hatte sich ein dunkelrotes Sommerkleid gekauft, das ihre leichte Bräune schön
zur Geltung brachte und sich fließend an ihre Figur schmiegte. Seufzend stellte
sie fest, dass sie ihre Bemühungen, langsam und vorsichtig an Gewicht
zuzunehmen, gehörig würde intensivieren müssen, aber damit würde sie schon an
diesem Abend beginnen!
Gut,
dass sie sich von Tommaso zu mehr Sport hatte überreden lassen, dachte sie
zufrieden, so würde sie Gewicht zunehmen, ohne wirklich viel an Fettgewebe
aufzubauen, wie er gesagt hatte, und ganz nebenbei blieben ihre Formen auch
wirklich in Form. Sie schmunzelte in sich hinein, als sie an seinem Arm
eingehakt auf den Eingang des Centro Sportivo zuging.
Die
Ferragosto-Party stand unter dem Motto „Silvester auf den fünf Kontinenten“ und
es war etwas befremdlich für sie, die Freiheitsstatue in Pappmaché mit
Kunstschnee auf der Fackel zu entdecken, oder den Eiffelturm mit künstlichen
Eiszapfen. Aber es herrschte eine angenehme Stimmung und sie war wild
entschlossen, diesen Abend in vollen Zügen zu genießen.
Tommaso
führte sie an den Tisch, den eine kleine Gruppe seiner Freunde schon vorher
besetzt hatte. Ein paar von ihnen kannte Emma noch von früher und einige waren
auch damals auf jener denkwürdigen Strandparty gewesen. Man begrüßte sich
zwanglos und irgendwann begannen Kellner schließlich damit, den ersten Gang des
abendfüllenden Menüs aufzutragen.
Es
gelang Emma ohne Mühe, ihren Vorsatz in die Tat umzusetzen. Sie ließ sich das
Essen schmecken, wobei sie dennoch immer in einem gewissen
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