Emma
Illusionen hingab, konnte auch nicht enttäuscht werden, so einfach war
das!
Nur
dass sie bei der Urgewalt Davide Gandolfo offensichtlich den rechtzeitigen
Absprung verpasst hatte!
Sie
hatte sich nach der missglückten Nacht mit Tommaso erfolgreich dagegen
gesträubt, zu tief nach den Ursachen zu graben, weil sie die Wahrheit gar nicht
wissen wollte. Sie hatte es hingenommen, Tommaso hatte es hingenommen, und sie
waren Freunde geblieben. Aber sie wusste, dass es einen Grund gab und sie hatte
es von dem Augenblick an gewusst, als sie dieses Gefühl gehabt hatte.
Dieses
Gefühl, in den falschen Armen zu liegen.
Dieses
Gefühl, dass der falsche Mann sie berührte.
Dieses
Gefühl, dass sie dabei war, Davide zu betrügen .
Und
das, obwohl sie mit ihm Schluss gemacht hatte!
Was
hatte er zu ihr gesagt? „Darf ich dich daran erinnern, dass du es
warst …?“ Weich wie Samt hatte er da geklungen, so als ob er sich wirklich
freue, sie zu hören, als ob er aus lauter Freude seine Stimme dämpfen müsse,
damit sie ihm nicht versehentlich vor Glück davonflog, nur weil sie, Emma, am
Telefon war!
Dabei
hatte sie die besten Vorsätze gehabt, sie war wütend gewesen wie kaum je in
ihrem Leben, sie war frustriert und hatte Existenzangst, sie war ohne Job und
stand jetzt praktisch auf der Straße! Sie war wild entschlossen gewesen, mit
ihm knallhart zu verhandeln, sie hatte ihn festnageln und nicht mehr loslassen
wollen, ehe er nicht eingestand, dass die Sache mit ihrer Freistellung eine
glatte Schweinerei und Schikane seinerseits war, nur um sie dazu zu zwingen,
dass sie einem Treffen mit ihm zustimmte. Was hatte sie ihm nicht alles an den
Kopf werfen wollen, ihr Hirn war vorher schier übergesprudelt von Gemeinheiten
und Kraftausdrücken, sie hatte sich beinahe gar nicht mehr bremsen können und
nun das!
Deutlicher
hätte ihre Niederlage gar nicht ausfallen können. Sie hatte verloren und zwar
auf der ganzen Linie. Sie war ihren alten Job los, sie war ihren neuen Job los,
sie hatte auf dem Markt und in ihrer Branche mit absoluter Sicherheit nicht
mehr die leiseste Chance, irgendwo einen Fuß auf den Boden zu kriegen. Und das
hatte sie ganz zum Schluss auch noch sich selbst zu verdanken. Warum war sie
nicht klüger gewesen?
Jetzt
fielen ihr andere Möglichkeiten ein, die sie gehabt hätte, um an ihr Ziel zu
kommen, wie zum Beispiel einen Termin zu vereinbaren, nur mit seinem Vorzimmer
natürlich, und dann zur moralischen Verstärkung Nino mitzunehmen, so wären sie
schon mal zwei gegen einen gewesen! Und damit hätten sie auch ein rein
sachliches Gespräch führen können, ja führen müssen! Aber was hatte sie getan?
Sich hinreißen lassen ihn anzurufen! Und dabei war ihr natürlich der Gaul durchgegangen!
Als
ihre Tränen endlich versiegten, rollte sie sich zu einem Knäuel auf ihrem Bett
zusammen und versuchte nur noch eins: das Denken einzustellen.
Sie
wollte jetzt einfach nichts mehr wissen von dieser Welt da draußen, sie wollte
nichts mehr hören und nichts mehr sehen und sie wollte vor allen Dingen unter
gar keinen Umständen während der nächsten hundert Jahre Nino Pavone begegnen.
Denn ihm würde sie gestehen müssen, dass sie alle seine Bemühungen zunichte
gemacht hatte und dass Emma Santini in der Szene da draußen erledigt war.
Emma
stöhnte schmerzlich auf. Das war aber bei weitem noch nicht alles!
Das
Allerschlimmste war ganz eindeutig, dass sie sich noch nie in ihrem ganzen
Leben so einsam und verlassen gefühlt hatte.
Und
so ließ sie sich widerstandslos in den Abgrund gleiten.
Die
Geräusche wollten nicht enden.
Emma
kniff die Lider fest zusammen und presste die Hände auf die Ohren. Sie wollte
nichts hören und sie wollte schon gar nicht aus ihrem Dämmerzustand aufwachen.
Schon
einmal hatte er vor ihrer Türe gestanden und Sturm geläutet. Damals hatte sie
ihm geöffnet, die Tür zu ihrer Wohnung und die Tür zu ihrem Leben. Nichts als
Chaos war dabei herausgekommen. Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal
machen, auch wenn er dieses Mal auch noch ihren Namen rief und heftig gegen die
Tür polterte.
Sie
würde ihm nicht öffnen.
Sie
wollte Davide Gandolfo nie wiedersehen.
Er
hatte ihr Leben zerstört, weil er es nicht ertragen konnte, sie zu verlieren.
Er hatte alle ihre beruflichen Chancen in den Boden gestampft und sie würde
zusehen müssen, ob und wie sie jemals wieder auf die Beine kam. Nur noch nicht
jetzt! Eine kleine Verschnaufpause wollte sie sich noch gönnen, ein wenig
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