Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
hätte keiner Mutter gepasst. Ich behauptete, gar nichts mit den Jungs zu tun zu haben, Mutter nannte mich eine Lügnerin, es ging hin und her, und irgendwann sagte sie: »Es war wirklich gut, dass wir den Kontakt mit den Rileys unterbunden haben, wer weiß, wie tief du unter ihrem Einfluss noch gesunken wärst!«
Eine Sekunde später begriff meine Mutter, was sie gesagt hatte, und lief rot an. Mein Vater versuchte, die Situation zu retten, indem er betonte, wie nett die kleine Kate doch immer gewesen war und wie sehr sie mir in der Schule geholfen hatte, aber ich ließ mich nicht ablenken. Ich sagte zu meiner Mutter: »Was meinst du damit, den Kontakt unterbunden?«
Sie wich mir aus: »Hannah Riley war ein schlechter Mensch! Ihre Tochter wäre früher oder später ganz nach ihr gekommen.«
Ich wiederholte meine Frage, aber sie sagte nichts mehr.
I ch verließ Türen schlagend das Haus und kam erst mit ten in der Nacht zurück. Da saß sie verheult im Wohnzimmer und wartete auf mich. Sie erzählte mir von deinen Briefen, die sie abgefangen und ungeöffnet weggeworfen hatte, von meinen Briefen, die sie nie abgeschickt hatte, von deinen Anrufen und wie sie mich verleugnet hatte.
»Sie war das uneheliche Kind einer ledigen Protestantin«, sagte sie und bekreuzigte sich, als hätte sie vom Teufel gesprochen.
»Sie war meine beste Freundin«, sagte ich.
Aber Mutter meinte nur, in dem Alter zählten Freundschaften noch nichts, später hätte man sowieso andere Vertraute. Ich verstand, dass ihr gar nicht leidtat, was sie getan hatte, sondern nur, dass ich nun davon wusste. Sie hatte Angst, mich zu verlieren, weil ich sie bei einer Lüge erwischt hatte. Sie begriff nicht, dass es um sehr viel mehr ging. Alles, was sich bei mir in den letzten Jahren angestaut hatte, brach heraus. Ich sah meine Mutter vor mir und begriff, dass ich sie hasste. Ich sah meinen Vater und wusste, dass er viel zu schwach war, um sich gegen M utter durchzusetzen, schon gar nicht, wenn es um mic h ging. Ich wusste, dass ich hier falsch war.
9.
»Du siehst ein bisschen müde aus«, sagte Sam gut gelaunt, als er am Sonntagmorgen seine Kisten mit frischem Gemüse, Eiern und Milch in der Küche des Jacob’s Ladder abstellte. »Gefeiert?«
»Nein, nur festgestellt, dass keiner von uns wirklich die Wette gewonnen hat. Warum hast du Milch und Eier dabei?«
»Kooperation mit Bauer Healy. Welche Wette?« Er zog die Augenbrauen zusammen und kratzte sich das Kinn. »Ich fürchte, ich wette ein bisschen zu oft drauflos.«
»Der Amerikaner.« Ich erzählte ihm kurz von Matt.
»Hört sich an, als müssten wir uns die Kinokarte teilen. Oder ich zahle die Karten, du das Popcorn?«
»Ich weiß noch nicht mal, welche Filme im Moment laufen«, sagte ich.
»Macht nichts. Wir finden schon was. Wann hast du Zeit? Heute Abend? Da ist sowieso Tina dran, oder?«
Tina, eine junge Frau aus Kinsale. Sie hatte schon hier gearbeitet, bevor ich eingezogen war, und ohne sie hätte ich vermutlich stur jeden Tag durchgeschuftet, ohne mir eine Pause zu gönnen, nur um nicht zum Nachdenken zu kommen. Anfangs war ich sogar trotz ihrer Anwesenheit ins Pub gekommen und hatte jedem im Weg gestanden. Nun war ich froh darüber, dass es sie gab.
Ich sah Sam entschuldigend an: »Wie wäre es mit näch stem Wochenende? Ich bin wirklich noch sehr müd e von gestern.«
Er hob die Augenbrauen. »Ach ja, der Amerikaner. Hat er dich so gelangweilt, dass du am liebsten immer noch ins Koma fallen würdest?«
Ich lachte. »Wir konnten beide nicht schlafen. Wir sind uns zufällig draußen am Wasser begegnet und ins Gespräch gekommen.«
»Aha. War offenbar ein anregendes Gespräch.«
»Was?« Ich bekam schlagartig schlechte Laune.
»Wenig Schlaf und so«, sagte er giftig.
»Es hat etwas länger gedauert, ja.«
»Und? Cooler Typ?«
»Was soll das gerade?«
»Ich frag doch nur. Ich meine, er muss ja schwer interessant sein, wenn du dich die halbe Nacht mit ihm … unterhältst.«
»Es war wirklich ganz interessant«, sagte ich.
Sam sah aus, als wollte er noch etwas sagen. Aber dann überlegte er es sich offenbar anders. Er warf den Lieferschein auf den Tisch. »Hier, Buchhaltung.« Dann drehte er sich weg. »Muss weiter«, sagte er im Rausgehen und rannte Ralph fast um, der im selben Moment in die Küche kam.
»Was ist denn mit dem?«, fragte er und deutete mit dem Daumen über die Schulter.
»Hat es wohl eilig«, sagte ich leichthin. Ich wollte ihm nicht sagen, was wirklich
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