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Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Emmas Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Balfour
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unter den großen Bücherschrank, und der Spalt war zu schmal, um es mit der bloßen Hand hervorzuziehen.
    Das Telefon klingelte unbeirrt weiter. Ich rannte hin, aber meine Großmutter war schneller. Ich hatte nicht gehört, wie sie die Treppe heruntergekommen war.
    »Hallo?«, rief sie atemlos in den Hörer. »Ja, das bin ich, ich bin die Mutter, ja.«
    Mehr musste ich gar nicht hören. Ich wusste es in dem Moment. Ich bekam nur noch aus dem Augenwinkel mit, wie Margaret sich hinsetzte und mit leiser Stimme ein paar kurze Antworten stammelte. Ich war längst auf den Boden gesunken und hatte angefangen zu weinen.
    Meine Mutter war tot.
    An die nächsten Tage kann ich mich kaum erinnern. Und von der Beerdigung selbst weiß ich auch nur wenig. Alles zog an mir vorbei, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ich weiß aber noch, wie es sich in mir anfühlte, wie ich immer nur dachte: Das ist alles nicht wahr, es ist ein böser Traum, ich muss endlich aufwachen. Aber ich wachte nicht auf. Ich weiß auch noch, dass ich nichts zum Anziehen hatte und mit Mary nach Cork zum Einkaufen fahren musste. Ich besaß überhaupt keine schwarze Kleidung.
    Ich fragte, wie meine Mutter gestorben war. Wieso überhaupt im Krankenhaus? Da kümmerte man sich doch darum, dass die Leute nicht starben. Ich verstand es nicht. Mary sagte: »Ihr Herz hat aufgehört zu schlagen. Vielleicht hatte sie einen Herzfehler, von dem niemand wusste. Es war einfach zu schwach, um noch länger zu schlagen. Aber eins ist sicher: Als sie gestorben ist, ist sie ganz friedlich eingeschlafen und hatte keine Schmerzen. Sie hat nicht gelitten.«
    »Natürlich hatte sie Schmerzen«, sagte ich. »Sie hatte Migräne, das tut fürchterlich weh. Das hat sie mir immer wieder gesagt!«
    Mary erwiderte: »Aber gegen die Migräne haben sie ihr im Krankenhaus etwas gegeben. Daran ist sie ja nicht gestorben.«
    »Wäre sie auch gestorben, wenn sie zu Hause geblieben wäre?«
    Mary nickte. Sie nahm mich in die Arme und flüsterte: »Manche Leute sagen, der liebe Gott holt die, die er besonders lieb hat, früher zu sich als die anderen.«
    Ich weinte. »Ich habe meine Mama auch besonders lieb, warum nimmt er sie mir da weg?«
    Natürlich hatte sie darauf keine Antwort, weil es keine Antwort gab.
    Sie wurde in Kinsale beigesetzt. Emma und ihre Eltern kamen zur Trauerfeier, das war der Tag, an dem ich sie zum letzten Mal sah, denn von nun an sollte ich bei meiner Großmutter leben. Ich weiß noch, wie lustig ihre dünnen, blonden Haare an dem Tag abstanden und wie blass sie in ihrem weiten schwarzen Kleid aussah.
    Emma und ich schrieben uns natürlich. Wir telefonierten auch manchmal. Aber wir schafften es nicht, uns zu treffen. Allein sollten wir nicht mit dem Bus fahren, und ihre Eltern hatten keine Zeit, sie zu bringen, sagte sie. Dabei hatten sie in Wirklichkeit kein Geld. Ralph sprach zwar ab und zu davon, mich mitzunehmen, wenn er nach Cork fuhr, aber auch da kam meistens etwas dazwischen. Er fuhr schon los, wenn ich noch in der Schule war, oder er hatte seine Fahrt verschoben, oder irgendetwas anderes war gerade wichtiger. Ich glaube, meine Großmutter und die Familie meines Onkels wollten mir den Übergang erleichtern und verhindern, dass ich zu viel Heimweh hatte. Sie setzten darauf, dass eine Mädchenfreundschaft in diesem Alter schnell vergessen war, weil sich neue Freundschaften auftaten. Meine Cousine Sophie war mir eine gute Freundin in der Zeit, in der es mir schlecht ging.
    Die Erinnerung an den gemeinsamen Sommer in Kinsal e verblasste unter dem Eindruck des Todes meiner Mutt er, und je älter, je erwachsener ich wurde, desto weiter schien diese Kinderfreundschaft weg zu sein. Mit Sophie, die eine Klasse über mir war, hatte ich das Gefühl, dem Erwachsensein schon ganz nah zu sein. Ich hörte die Musik, die sie mochte, ich las ihre Bücher, und der Abstand zu meinen Klassenkameradinnen wurde noch größer, als er allein deshalb schon war, weil ich aus der großen Stadt kam und nicht katholisch war. Immer seltener stellte ich mir vor, wie ich Emma von dem, was ich erlebte, erzählen würde. Immer seltener schrieben wir uns. Irgendwann telefonierten wir gar nicht mehr, und nachdem wir uns ein Jahr lang nicht gesehen hatten, schlief unsere Freundschaft ein. Ich hätte niemals gedacht, dass es nur ein Dornröschenschlaf war, aus dem sie wieder erwachen würde, um wieder in mein Leben zu treten.

Ich muss hier eine kurze Pause mit meinem Bericht machen. Ich

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