Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
glaub mir.«
Ich dachte darüber nach. Wenn es stimmte, würde das vielleicht auch erklären, warum sie so eine Angst davor hatte, zu dick zu sein.
»Und warum war er so dagegen, Kinder zu haben?«, fragte ich. Im selben Moment merkte ich, dass ich die völlig falsche Frage gestellt hatte: Emmas Gesicht verschloss sich.
»Entschuldige«, sagte ich schnell. »Vergiss es.« Ich stellte die Bierdose weg und nahm sie kurz in den Arm. »Alles zu seiner Zeit. Wenn du drüber reden willst, ich bin da. Wenn nicht, auch kein Thema.«
»Danke«, sagte sie.
Ich überlegte mir schnell unverfänglichere Fragen. »Seit wann bist du wieder in Irland?«
Sie stand dicht neben mir. Die Küche war nun genauso voll wie zuvor der Flur. »Ich bin vor Kaelynns Geburt her gekommen«, sagte sie und sah sich um. »Sieh mal, dieser Sam kämpft sich gerade hierher durch.« Sie klang amüsiert. »Ich fürchte, wir sitzen in der Falle. Er sieht wild entschlossen aus. Und ziemlich schlecht gelaunt.«
Sam schlug sich, beide Ellenbogen im Einsatz, in unsere Richtung.
»Weißt du, wen wir noch gar nicht begrüßt haben? Sophie. Wir sollten das dringend nachholen«, raunte ich Emma zu, und mit einem entschuldigenden Schulterzucken in Sams Richtung ließ ich mich von Emma an ihm vorbei aus der Küche schieben.
Sophie war im Wohnzimmer. Sie saß mit zwei Freundinnen auf der Couch, trank Rotwein und amüsierte sich prächtig.
»Ich hätte dich ja nie erkannt«, sagte Sophie zu Emma. »Ich erinnere mich noch sehr dunkel an ein pummeliges …«
»Ja, schon gut«, unterbrach ich sie hastig. »Emma war ganz lange in London, und jetzt lebt sie wieder in Cork.«
»Wie schön«, sagte Sophie desinteressiert. Offenbar war sie immer noch eifersüchtig auf die Zwölfjährige, die ihr einen Sommer lang die Cousine als Spielkameradin genommen hatte. Sie musterte Emma von oben bis unten. »Und was hat dich zurückgetrieben? Die Liebe oder der Job? Oder gar beides?«
»Das Heimweh«, parierte Emma. Ich sprang schnell ein und erzählte wie ein Wasserfall von Sophies Theater und den Produktionen, die dort liefen, um Emma der Inquisition zu entziehen. Die beiden Frauen, die mit Sophie auf der Couch saßen, gehörten einer Theatergruppe an – eine Regisseurin, eine Bühnenbildnerin –, und damit waren die weiteren Themen des Gesprächs klar. Emma schien sich sehr dafür zu interessieren, oder viel leicht tat sie auch nur so, um nicht wieder nach ihrem Leben gefragt zu werden. Nach einer Weile drückte sie meine Hand und flüsterte mir zu: »Ich hätte es wissen müssen, natürlich wird man ständig gefragt, was man macht, wenn man auf eine Party geht. Aber mir geht es gut, ehrlich. Es ist alles in Ordnung.«
»Hast du Spaß?«, fragte ich.
Emma nickte begeistert. »Sehr nette Leute. Danke, dass du mich mitgenommen hast.« Sie ließ sich von ein paar Schauspielern überreden, mit ihnen zusammen in die Küche zu wechseln und eine Flasche Weißwein zu leeren. Sie warf mir noch einen fragenden Blick zu, ob es okay für mich wäre. Ich freute mich zu sehen, wie sie immer mehr auftaute.
Sam hatte offenbar auf eine Gelegenheit gewartet, mich allein zu erwischen. Als Emma verschwunden war, bahnte er sich seinen Weg durch die anderen Gäste zu mir und sagte: »Du hast den ganzen Abend nicht mit mir geredet.« Er sprach schleppend und musste sich auf seine Worte konzentrieren.
»Hi, Sam. Schön, dich zu sehen«, sagte ich.
»Du hast eine Freundin dabei.«
»Ja, Emma. Wir sind früher zusammen in die Schule gegangen. Das war noch in Cork.«
»Komisch. Dachte, du nimmst diesen Kerl mit.«
Ich sah ihn irritiert an. »Welchen Kerl?«
»Diesen Amerikaner.«
»Wieso das denn?«
»Tu doch nicht so.« Jemand rempelte im Vorbeigehen Sam an. Er verlor das Gleichgewicht und hielt sich mühsam an einer Sessellehne fest. »Hey, Vollidiot!«, rief er demjenigen nach.
»Sam, bitte, das war doch keine Absicht«, versuchte ich ihn zu beschwichtigen.
»Dieser Amerikaner«, fing er wieder an, als er sich in eine aufrechte Position gebracht hatte. »Ich weiß, was da los war. Die ganze Nacht wart ihr zusammen.«
»Was?«
»Sogar eure Gäste reden schon drüber. So hab ich’s nämlich erfahren. Sie haben drüber geredet, dass ihr die ganze Nacht zusammen verbracht habt.« Er schwankte bedenklich, und seine Stimme wurde immer lauter.
»Beruhig dich mal wieder. Das ist totaler Unsinn. Ich h abe mit ihm gesprochen, als ich nicht schlafen konnte. Er war auch noch wach, und
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