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Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Emmas Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Balfour
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vielleicht brauche ich ein Coaching. Kennt Sophie nicht jemanden, der mich coachen könnte? Stimme, Auftreten, solche Sachen.«
    »Frag sie. Du hast ihre Nummer. Ich geh ins Bett.« Ich behielt meine Gedanken für mich, schon lange: Jedes Bewerbungsgespräch führte zu einer Absage. Wenn er überhaupt eingeladen wurde. Ich fürchtete, dass es an seinem Alter lag. Mit vierzig war er zu alt für die ausgeschriebenen Stellen. Sie wollten junge, unverbrauchte, aufopferungswillige Leute, die sie verbrennen konnten, sieben Tage die Woche, vierzehn Stunden pro Tag mindestens. Und das alles für kleines Geld. Brian passte nicht mehr in eine dieser Agenturen, die international konkurrenzfähig sein wollten, denen es darum ging, Preise zu gewinnen. Es sei denn in einer deutlich gehobenen Position. Er musste seine Ansprüche zurückschrauben und bei den weniger angesagten Agenturen anfragen. Als auch von dort Absagen kamen, schien er langsam den Glauben an sich zu verlieren.
    Am nächsten Morgen ließ ich Brian, wie mittlerweile üblich, schlafen. Ich ging ins Bad, duschte lauwarm, weil ich nicht zu viel heißes Wasser verbrauchen wollte, frühstückte allein, zog mich leise an, um ihn nicht zu wecken, und fuhr zur Arbeit. Manchmal nahm ich das Auto, wenn ich wusste, dass er keinen Termin hatte. Oft auch den Bus. Es war nicht weit zur Uni, aber gerade zu weit, um b ei diesem ekelhaften Wetter zu laufen. Bei schönem We tter ging ich gerne zu Fuß, es dauerte etwas über eine halbe Stunde. Am Anfang seiner Arbeitslosigkeit war Brian manchmal mitgekommen, um mich zu begleiten. Aber damit hatte er schnell aufgehört.
    Den ganzen Tag hörte ich nichts von ihm. Das war nicht ungewöhnlich. Ich machte meine Arbeit, ging mit einer Kollegin Mittag essen, arbeitete weiter – es war kein aufregender Job. Ich war bis vor drei Jahren noch für die Studentenzulassungen zuständig gewesen, jetzt war ich die rechte Hand des akademischen Vizepräsidenten, was sehr viel interessanter und abwechslungsreicher war. Ich verstand mich mit fast allen Kollegen gut, mein Chef war auf unaufdringliche Art charmant, und hin und wieder waren wir beide bei seiner Familie zum Abendessen eingeladen.
    Doch auch das war seit Brians Arbeitslosigkeit anders geworden. Er weigerte sich schlicht, die Einladungen weiterhin anzunehmen.
    »Was soll ich sagen, wenn sie mich fragen, wie es beruflich läuft? Ich meine, du hast doch nicht gesagt, dass ich arbeitslos bin, oder? Du hast mir versprochen, dass du es keinem erzählst.« Er hatte Panik im Blick. Ich beruhigte ihn, ich hatte es wirklich niemandem erzählt. Allerdings nicht, weil er mich darum gebeten hatte. Nicht nur. Sondern – und da war es wieder, das Gespenst der Wahrheit – weil es mir selbst unangenehm war.
    Am Abend vor Brians Todestag kam ich müde nach Hause. Der Nebel hatte sich immer noch nicht verzogen, und so wie es zu Hause aussah, hatte Brian den ganzen Tag die Wohnung nicht verlassen.
    »Was hast du heute so gemacht?«, fragte ich, um einen ruhigen Tonfall bemüht. Dabei war ich sauer, weil er nicht eingekauft hatte. Die Wäsche war nicht gewaschen, das Geschirr von gestern nicht gespült. Brian saß wieder am Computer und drehte sich nicht einmal nach mir um, als ich reinkam.
    Selbst die größte Liebe scheitert früher oder später an Alltäglichem, wenn man nicht aufpasst.
    Ich hatte immer versucht aufzupassen, dass es nicht so weit kam. Wir waren zu dem Zeitpunkt schon fünfzehn Jahre zusammen, ich hatte mir immer große Mühe gegeben, alles so zu gestalten, dass wir uns nicht wegen Kleinigkeiten in die Haare kriegen würden. Aber mittlerweile waren auch meine Nerven dünn geworden. Ich atmete tief durch, stellte meine Tasche ab, ging ins Schlafzimmer, um mich umzuziehen, und fing dann an, mich um den Haushalt zu kümmern. Früher hatte es mir nichts ausgemacht. Früher hatte Brian deutlich länger gearbeitet als ich, da war es nur logisch gewesen, dass ich zu Hause mehr tat als er. Aber früher hatten wir auch eine Haushaltshilfe gehabt. Wir hatten einen Teil unserer Wäsche in die Wäscherei gegeben. Wir mussten beim Einkaufen nicht auf die Preise achten und auf Sonderangebote warten. Es war für mich kein Problem, dass wir heute weniger Geld hatten. Aber ich sah es nicht ein, dass er mir nicht zur Hand ging.
    Trotzdem sagte ich nichts. Ich hoffte immer noch, er würde es von selbst merken. Doch er saß weiter ungerührt am Computer, und als ich ihn fragte, ob er mit zum Einkaufen kommen

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