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Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Emmas Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Balfour
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kannte, obwohl die Liebe zu ihm so groß war – welchen Grund hatte sie? War er sehr viel älter als sie? Vielleicht ein Lehrer? Ein verheirateter Mann? Der Vater einer Freundin? Meine Fantasie sollte sich noch lange mit allen Möglichkeiten beschäftigen und sich die abenteuerlichsten Geschichten ausmalen. Ich sah mich als Tochter eines Schwerverbrechers, eines jungen katholischen Theologiestudenten, der einen letzten Fehltritt beging, bevor er sein Gelübde ablegte. Und irgendwann, als ich schon zwei Jahre nicht mehr in Kinsale wohnte und studierte, wachte ich eines Morgens auf und glaubte, die Lösung gefunden zu haben: Meine Mutter hatte einfach nicht gewusst, wer mein Vater war.

17.
    Matt und ich spazierten eine Weile durch Cobh, vorbei an den regennassen bunten Häuschen, die in der Nachmittagssonne glänzten.
    »Ist das jetzt so eine Art Kreativpause, die du in Europa machst?«, fragte ich Matt. »Oder sitzt du nachts auf dem Parkplatz vorm Pub und schreibst einen Song?«
    »Nein … ich habe schon lange nichts Neues mehr geschrieben. Vielleicht ist es mehr als nur eine Pause«, sagte er nachdenklich. »Es gibt so vieles, worüber ich mir klar werden muss. Meine Familie zum Beispiel. Und eben auch, wie es mit mir weitergeht. Wie lange ich noch auf Tour gehen will. Ich bin es leid, jede Nacht in einem anderen Club aufzutreten, in schlechten Hotels zu schlafen und meilenweit durch die immer gleichen Landschaften zu kurven.«
    »Keine Sucht nach dem Jubel deines Publikums?«
    Er lachte. »Ich liebe meine Musik, und ich finde es grandios, dass da draußen Menschen sind, denen es genauso geht. Aber ich würde gerne mehr Ruhe in mein Leben bringen.«
    »Hört sich an, als wärst du sechzig.«
    »Ja, nicht? Aber ich bin seit fast zwanzig Jahren unterwegs.«
    »Zwanzig Jahre! Erzähl mir davon.«
    »Interessiert dich das wirklich?«
    »Unbedingt!«
    Wir waren am Ortsrand angelangt. Ohne es zu verabreden, gingen wir einfach weiter an der einsamen Straße entlang.
    »Na gut. Aber du musst mir Fragen stellen. Sonst weiß ich nicht, wo ich anfangen soll.«
    Ich musste nicht lange nachdenken. »Wie bist du zur Musik gekommen? Wolltest du schon immer Musiker werden? Das fragt dich wahrscheinlich jeder. Kannst du dieses dumme Zeug überhaupt noch hören?«
    »Es kommt immer drauf an, wer fragt«, sagte er. »Natürlich war Musik immer schon ein Thema. Mir war auch klar, dass ich es studieren würde. Meine Eltern sahen mich schon als Musiklehrer. Ich hatte mich auf Gesang, Gitarre und Klavier konzentriert. Nicht sehr einfallsreich, aber das waren nun mal meine Instrumente. Ich belegte auch Kurse in Komposition, und während dieser Zeit lernte ich andere tolle Musiker kennen. Wir gründeten eine Band, abseits von den eher klassisch ausgerichteten Inhalten unserer Kurse, probten in einer Garage, spielten kleine Gigs – und bekamen einen Plattenvertrag. Mit der Zeit entwickelte ich immer mehr meinen eigenen Stil, spielte mit unterschiedlichen Musikern, tourte ständig durch Nordamerika, oft durch Japan, sehr selten durch Europa, und – ja. Jetzt bin ich hier und weiß nicht, ob es so weitergehen soll.«
    »Aber du hast deine Gitarre dabei. Es wird wohl kein Leben ohne sie geben.«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Quatsch! Du liebst sie doch.«
    »Ich weiß es wirklich nicht«, sagte er.
    Schweigend gingen wir eine Weile nebeneinanderher. Ich hatte nicht bemerkt, dass wieder dunkle Wolken aufgezogen waren. Erst als die ersten schweren Regentropfen auf uns fielen, sah ich, wie der Himmel hinter uns schwarz geworden war.
    »Wir sollten besser zurückgehen«, sagte Matt.
    »Das schaffen wir nicht, dann werden wir klatschnass. Da vorn stellen wir uns unter.« Ich zeigte auf ein paar größere Bäume, die hoffentlich etwas Schutz bieten würden.
    »Bäume? Soll man sich nicht von Bäumen fernhalten?«, rief Matt mir hinterher, als ich schon losgerannt war.
    »Nur bei Gewittern! Es kommt kein Gewitter«, rief ich zurück. »Komm schon!« Der Regen wurde immer stärker. Wir drängten uns an den Stamm des dicksten Baums. Ich zog die Kapuze meiner Jacke über.
    »Man merkt, dass du ein Stadtkind bist«, sagte ich.
    »Du bist deutlich besser auf so ein Wetter eingestellt als ich«, sagte Matt und schaute neidisch auf meine Kapuze.
    »Dafür sehe ich jetzt wahrscheinlich ziemlich dämlich aus«, sagte ich. Die leichte Regenjacke war nicht unbedingt das Lieblingsstück aus meinem Kleiderschrank. Aber sie war vernünftig. Und sah leider eben

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