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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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mir ein zweites Mal.
    Das kann nicht sein.
    Bitte lass das nicht wahr sein! Bestimmt träume ich nur.
    »Hi«, erwidere ich so langsam, wie man hi nur langsam sagen kann.
    Dazu greife ich nach der Karte und erhebe mich in Zeitlupentempo.
    Wir stehen ein paar Sekunden voreinander, als handele es sich bei uns um das Standbild eines wirren Künstlers mit groteskem Humor.
    »Was für ein Zufall …«, beginne ich schließlich. »Ich meine, dass wir uns nach so kurzer Zeit schon wieder über den Weg laufen.«
    »Unglaublich!«, bestätigt Lu und lacht kopfschüttelnd.
    Ich kann nicht lachen. Mir ist nicht zum Lachen. Was um Himmels Willen macht Lu Streubel hier? Hier mitten in meinem Leben, das gerade mal wenigstens den Ansatz von Aufregung zu zeigen begann. »Offenbar sollen wir uns wohl unbedingt wiedersehen«, sage ich lahm und möchte mich dafür am liebsten selbst schlagen. Natürlich gibt es so was wie Schicksal. Natürlich gibt es eine Vorsehung. Natürlich gibt es Dinge, die einfach so geschehen sollen, müssen, gar nicht anders können … aber doch nicht bei Lu und mir! Das ist doch lächerlich!
    Das hier ist einfach nur ein grässlicher Zufall. Und zudem auch noch ein grässlicher Zufall zu einem unübertrefflich unpassenden Zeitpunkt. Jeden Moment kann eine unbekannte Piratin auftauchen und neben der Cappuccinomaschine Position beziehen.
    Wie stehe ich dann da?
    Lu hat schon als Pubertierende nie viel Wert auf Bekanntschaften gelegt. Jedenfalls nicht so sehr, dass sie sich in irgendeiner Weise darum bemüht hätte. Sie lebte ihr Leben, ihre Hobbys, ihre spinnerten Ideen, und wer immer sich ihr anschließen wollte, war ihr willkommen. Auf eine Kontaktanzeige zu antworten, käme ihr bestimmt niemals in den Sinn. Weil sie noch nie um jeden Preis jemand kennen lernen wollte. Weil sie, weil Lu, es einfach nicht nötig hat.
    Genau in der Sekunde, in der ich glaube, es kann schlimmer gar nicht kommen, ruft Natascha von der Theke her: »Emma? Dein Drink!« Ich drehe mich um. Natascha nickt neugierig in unsere Richtung und lächelt: »Hi, Lu!«
    Und vor meinen Augen tut sich ein sehr tiefes, sehr schwarzes Loch auf.
    Lu winkt grinsend zum Tresen hinüber und wendet sich dann wieder mir zu.
    »Bist du öfter hier?«
    Komisch. Genau das wollte ich auch gerade fragen.
    Das gibt’s doch nicht! Lu und ich wohnen nicht nur in der gleichen Stadt! Wir verkehren offenbar auch – und das nicht gerade selten – in der gleichen Kneipe. Die Besitzerin kennt Lu mit Namen! Sie sagt einfach so ›Hi, Lu!‹, als hätten die beiden schon mindestens eine Nacht an der Theke gemeinsam verbracht.
    Und trotzdem haben Lu und ich uns noch nie getroffen. Nicht auf den Straßen der Stadt, nicht im Aldi, nicht im Kino, und nicht hier.
    Ich winke ab. »Ach, mittlerweile nicht mehr so oft. Und du?«
    Sie lacht. »Immer öfter in der letzten Zeit.«
    Die drei Frauen am Tisch zeigen mittlerweile erhöhtes Interesse. Sie beobachten uns, das kann ich deutlich spüren. Wahrscheinlich vermuten sie, dass sich zwischen Lu und mir etwas anbahnt und dass damit Natascha aus dem Rennen ist.
    »Tja«, mache ich und sehe auf die Uhr. Es ist bereits fünf nach neun. Meine Verabredung ist entweder nicht pünktlich oder kommt gar nicht.
    Vielleicht sitzt sie auch an einem der Tische und wartet darauf, dass endlich irgendeine Frau am Treffpunkt deutlich in Wartestellung geht.
    »Tja …«, macht auch Lu. Ihre Augen blitzen.
    Sie sieht vergnügt aus.
    Wahrscheinlich hat sie selbst keine Verabredung und freut sich, mich hier zu treffen, auch wenn wir jetzt nur dumm rumstehen und nicht wissen, was wir sagen sollen.
    Wenigstens trägt sie diesmal saubere, nette Klamotten.
    »Was trinkst du da?«, will sie wissen und nickt zu meinem Glas.
    »Einen Orgasmus«, antworte ich mit Genugtuung.
    »Oh, klingt toll. So einen hätte ich auch gern«, ruft Lu zu Natascha hinüber. Die eilt sofort los, um zu mixen.
    »Tja«, sage ich noch einmal. »Und da hast du dir also an einem Freitagabend gedacht: Ich geh doch mal ins Yellow und gucke, wen ich so treffe?!«
    Ich weiß, es ist eine Larifari-Frage, und im Grunde könnte sie darauf auch eine Larifari-Antwort geben.
    Doch Lu wiegt den Kopf, als müsse sie sich ihre Erwiderung schwer überlegen.
    »Nicht ganz«, grinst sie und gibt meinem Orgasmus-Sonnenschirmchen einen kleinen Stups mit dem Finger. »Ich hab ein Date.«
    Der Begriff Date allein hätte bei mir vielleicht keine Beunruhigung ausgelöst. Verrückterweise kombiniert

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