Empfindliche Wahrheit (German Edition)
Fenstern. Keine Vorhänge.
Und durch die Schießscharte dieselbe Häuserreihe in natura.
»Ein Abrissprojekt, sehen Sie, Paul?«, erklärte Jeb. »Eine Firma aus Kuwait baut da einen Kasinokomplex und eine Moschee hin. Deshalb stehen die Häuser leer. Aladin ist einer der Geschäftsführer der kuwaitischen Firma. Seinen Gästen hat er gesagt, er hätte heute Abend ein vertrauliches Treffen mit dem Bauunternehmer. Eine sehr lukrative Angelegenheit, wie es scheint. Sie streichen die Profite für sich selbst ein, erzählt seine Freundin. Verrückt eigentlich, dass ein Mann wie Aladin da nicht dichthält, aber wenn er meint …«
»Angeber halt«, sagte Shorty. »Scheiß-Angeber-Pole.«
»Ist Punter denn bereits im Haus drin?«, fragte er.
»Sagen wir so: Wenn er drin ist, haben wir ihn noch nicht entdeckt, Paul«, erwiderte Jeb in demselben sachlichen Ton wie zuvor. »Jedenfalls nicht von außen, und reinschauen können wir nicht. Es gab keine Gelegenheit, hieß es. Gut, zwanzig Häuser in einem Aufwasch zu verkabeln ist wohl bisschen viel verlangt, sogar mit der heutigen Technik. Vielleicht versteckt er sich im einen Haus und schleicht sich zu seinem Treffen ins nächste. Wir wissen es nicht, noch nicht jedenfalls. Da hilft als Einziges abwarten. Abwarten und auf gar keinen Fall losschlagen, ehe man nicht genau weiß, womit man es zu tun hat. Gerade wenn man einen Oberboss von al-Qaida fangen will.«
Er hat noch Elliots leicht angedickte Beschreibung des nämlichen Herrn im Ohr:
Um es in eine ganz schlichte Formulierung zu kleiden, Paul: Punter ist das Phantom des Dschihad, um nicht zu sagen, ein Schemen, die Ungreifbarkeit in Person. Er lehnt jegliche elektronische Kommunikation ab, einschließlich Mobiltelefonen und unverfänglichen E-Mails. Bei Punter wird alles mündlich übermittelt, und nie durch denselben Kurier zweimal.
»Er könnte von überallher kommen, Paul«, ergänzte Shorty, vielleicht um des Effekts willen. »Über die Berge da drüben. In einem kleinen Boot vom spanischen Festland. Und sollte ihm danach sein, kommt er einfach übers Wasser gewandelt, stimmt’s, Jeb?«
Knappes Nicken von Jeb. Jeb und Shorty, der Größte und der Kleinste in der Gruppe. Gegensätze ziehen sich an.
»Oder er schleust sich direkt vor der Nase der Küstenwache von Marokko her ein, stimmt’s, Jeb? Oder zieht sich einen Armani-Anzug an und fliegt mit einem Schweizer Pass in der Business Class. Oder chartert seinen privaten Lear, was ich ja an seiner statt täte. Mit einer rattenscharfen Stewardess im Minirock, die mir mein vorbestelltes Spezialmenü serviert. Kohle hat Punter nämlich laut unserer phänomenalen Superquelle zum Hochschmeißen, stimmt’s, Jeb?«
Vom Meer her gesehen, ragte die tiefschwarze Häuserreihe drohend in den Nachthimmel auf, der Strand ein Niemandsland aus schroffen Felsen und schäumender Brandung.
»Wie viele Männer umfasst das Bootsteam?«, erkundigte er sich. »Da schien Elliot sich nicht sicher.«
»Wir konnten ihn auf acht runterhandeln«, antwortete Shorty über Jebs Schulter. »Neun, wenn sie mit Punter zum Mutterschiff zurückkommen. Wie sie hoffen«, fügte er trocken hinzu.
Die Verschwörer werden unbewaffnet sein, Paul , sagt Elliots Stimme. So absolut ist das Vertrauen zwischen diesen beiden Schurken. Keine Waffen, keine Leibwächter. Wir schleichen rein, wir greifen uns unseren Mann, wir schleichen wieder raus, wir waren nie da. Jebs Jungs schieben vom Land, Ethical zieht vom Meer.
Wieder Seite an Seite mit Jeb spähte er durch die Schießscharte zu den erleuchteten Frachtern hinüber, dann auf den mittleren Bildschirm. Ein Frachter lag ein Stück abseits von seinen Gefährten. An seinem Heck schlug die panamaische Flagge. Zwischen den Lastenkränen an Deck sah man Schatten huschen. Ein Schlauchboot mit zwei Mann darin hing über dem Wasser. Er starrte noch hin, als sein verschlüsseltes Handy seine blödsinnige Melodie zu dudeln begann. Jeb schnappte es ihm aus der Hand, stellte den Ton aus, reichte es ihm zurück.
»Sind Sie das, Paul?«
»Am Apparat.«
»Hier spricht Neun. Verstehen Sie? Neun. Können Sie mich hören?«
Und ich werde NEUN sein , verkündet der Minister in feierlichem Prophetentonfall. Ich werde nicht ALPHA sein, denn dieser Name ist für unser Zielgebäude reserviert, ich werde nicht BRAVO sein, womit unser Standort gemeint sein wird. Ich werde NEUN sein, was den vereinbarten Codenamen für Ihren Befehlshaber darstellt, und ich werde mit Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher