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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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über ein eigens verschlüsseltes Mobiltelefon kommunizieren, das mit Ihrem Einsatzteam über ein erweitertes PRR -Netz verbunden sein wird – PRR , sollten Sie das nicht wissen, steht für Personal Role Radio.
    »Ich höre Sie laut und deutlich, danke, Neun.«
    »Und sind Sie auf Ihrem Posten? Ja? Halten Sie Ihre Antworten ab sofort kurz.«
    »Bin ich. Ihre Augen und Ohren vor Ort.«
    »Gut. Sagen Sie mir genau, was Sie von Ihrem Standort aus sehen.«
    »Wir schauen direkt auf die Häuser hinunter. Könnte nicht besser sein.«
    »Wer ist wir?«
    »Jeb, seine drei Leute und ich.«
    Pause. Eine gedämpfte Männerstimme.
    Wieder der Minister.
    »Hat jemand eine Ahnung, warum Aladin immer noch beim Chinesen sitzt?«
    »Sie haben spät mit dem Essen angefangen. Er müsste jetzt jeden Moment aufbrechen. Mehr wissen wir auch nicht.«
    »Und Punter ist nirgends in Sicht? Da sind Sie ganz sicher? Ja?«
    »Noch ist er nirgends in Sicht, da bin ich sicher. Ja.«
    »Bei dem geringsten visuellen Anzeichen, egal wie entfernt – dem winzigsten Hinweis auf eine mögliche Sichtung …«
    Pause. Macht das erweiterte PRR -Netz schlapp, oder ist es Quinn selbst?
    »… erwarte ich von Ihnen, dass Sie mich sofort verständigen. Ist das klar? Wir sehen alles, was Sie auch sehen, nur nicht so deutlich. Sie haben die Sache im Blick. Ja?« – schon jetzt entnervt von der Verzögerung. » Freie Sicht , Himmelarsch!«
    »Ja. Freie Sicht. Alles genau im Blick.«
    Don hat einen Arm erhoben.
    Durch den nächtlichen Innenstadtverkehr gleitet ein Van. Er hat ein Taxischild auf dem Dach und einen einzelnen Passagier auf dem Rücksitz, und ein Blick genügt, um in dem Passagier den feisten, höchst animierten Aladin zu erkennen, Elliots ungut gepolten Polen. Er drückt sich ein Handy ans Ohr, und wie schon beim Chinesen fuchtelt er beim Sprechen gebieterisch mit der freien Hand.
    Die Kamera macht einen Schwenk, springt wild herum. Der Bildschirm wird dunkel. Der Hubschrauber übernimmt, lokalisiert den Van, rahmt ihn mit einem kleinen Lichtkreis. Jetzt ist auch die Bodenkamera wieder da. In der oberen linken Ecke des Bildschirms blinkt ein Telefon-Icon. Jeb reicht Paul einen Kopfhörer. Polnische Männer unter sich. Sie brechen abwechselnd in Gelächter aus, Aladins linke Hand hinter der Heckscheibe führt ein regelrechtes Kasperltheater auf. Polnische Herrenwitze, abgelöst von der missbilligenden Stimme einer Dolmetscherin.
    »Aladin redet mit Bruder Josef in Warschau«, meldet die Frauenstimme angewidert. »Es ist ein unanständiges Gespräch. Sie reden über Freundin von Aladin, die Frau, die er auf seinem Boot hat. Ihr Name ist Imelda. Aladin will Imelda nicht mehr. Imelda reißt ihren Mund zu sehr auf. Er wird sie verlassen. Josef muss nach Beirut kommen. Aladin wird bezahlen, dass er von Warschau herbeikommen kann. Wenn Josef nach Beirut kommt, Aladin wird ihn vielen Frauen vorstellen, die es wünschen, mit ihm zu schlafen. Jetzt ist Aladin auf dem Weg zu ganz spezieller Freundin. Spezieller Geheim freundin. Er liebt diese Freundin sehr. Sie wird Imelda ersetzen. Sie ist nicht schlechtgelaunt, nicht Zicke, mit sehr schönen Brüsten. Vielleicht wird er ihr Wohnung in Gibraltar kaufen. Das ist gute Nachricht für Steuer. Aladin wird jetzt auflegen. Seine Geheimfreundin erwartet ihn. Sie ist verrückt auf ihn. Wenn sie die Tür öffnet, sie wird splitternackt sein. Aladin hat es so bestellt. Gute Nacht, Josef.«
    Eine Sekunde kollektiver Verwirrung, dann Dons Stimme:
    »Er hat keine Zeit zum Vögeln, verdammt«, flüsterte er aufgebracht. »Nicht mal er.«
    Und nun Andy, ebenso aufgebracht:
    »Sein Taxi fährt in die falsche Richtung. Was soll das, zum Henker?«
    »Zum Vögeln reicht die Zeit immer«, stellte Shorty richtig. »Wenn Boris Becker diese Schnepfe in einem Besenschrank schwängern konnte, wird Aladin ja grade noch einen kleinen Fick unterkriegen, bevor er seinem Kumpel Punter ein paar Manpads verkauft. Ist doch wohl logisch.«
    So viel zumindest war klar: Der Van fuhr nicht nach rechts, Richtung Tunnel, sondern nach links, zurück ins Stadtzentrum.
    »Er hat spitzgekriegt, dass wir hinter ihm her sind«, murmelte Andy verzweifelt. »Verfluchte Scheiße!«
    »Was geht in diesem Kopf bloß vor?« – Don.
    »Gar nichts geht in seinem Kopf vor. Der Mann ist ein Bungalow. Da liegt alles im Parterre.« – Shorty.
    Der Bildschirm wurde grau, dann weiß, dann ein trübes Schwarz.
    VERBINDUNG VORÜBERGEHEND UNTERBROCHEN
    Aller Augen

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