Empfindliche Wahrheit (German Edition)
Outcomes Inc. firmieren, aus Texas und anderswo. Alleinige Anteilseignerin und Hauptgeschäftsführerin des Unternehmens ist Maisie Spencer Hardy. Allerdings delegiert sie ihre Aufgaben an einen gewissen Jay Crispin, mit dem sie sich verlustiert. Jay Crispin ist aber nicht nur ein versierter Gigolo, sondern auch der Vertraute Ihres erlauchten Vorgesetzten. Und der scheint ja wild dazu entschlossen, den militärischen Ehrgeiz zu überbieten, von dem sein ehemaliger Parteiführer durchdrungen ist, nicht aber, wie es aussieht, dessen glückloser Nachfolger. Sollte Ethical Outcomes einmal in die Lage geraten, die kläglichen Bemühungen unserer Dienste unterstützen zu müssen, indem sie eine privatfinanzierte Geheimoperation aufziehen, untersteht Ihrem Freund Brad die Offshore-Logistik.«
Und während Toby das noch verdaut, wechselt Oakley wie so oft die Richtung:
»Ein Elliot hat auch seine Finger mit drin«, meint er sinnend. »Sagt Ihnen das etwas? Elliot? Haben Sie den Namen mal zufällig aufgeschnappt? Beim Lauschen an der Tür oder so?«
»Ich lausche nicht an Türen.«
»Ach, kommen Sie! Elliot. Nannte sich früher Eglesias. Albanisch-griechischer Deserteur, dann South African Special Forces, hat in einer Bar in Johannesburg einen umgelegt und ist seitdem in Europa zur Kur. Diese Sorte Elliot. Kommt Ihnen nicht bekannt vor?«
»Nein.«
» Stormont-Taylor?« , fragt Oakley im gleichen verträumten Ton weiter.
»Natürlich!«, ruft Toby erleichtert. »Jeder kennt Stormont-Taylor. Sie auch. Das ist dieser internationale Rechtsanwalt« – und plastisch schildert er den blendend aussehenden Roy Stormont-Taylor, Kronanwalt und Fernsehliebling, mit seiner wallenden weißen Mähne und den zu engen Jeans, den Quinn dreimal in den letzten Monaten – oder sogar viermal? – mit ebensolcher Herzlichkeit empfangen hat wie Bradley Hester, um dann mit ihm hinter der Mahagonitür zu verschwinden.
»Und was für Geschäfte führen Stormont-Taylor Ihres Wissens zu Ihrem charmanten neuen Chef?«
»Quinn traut den Ministeriumsjuristen nicht, deshalb holt er bei Stormont-Taylor eine unabhängige Meinung ein.«
»Und konkret zu welchen Themen konsultiert Quinn den gottvollen Stormont-Taylor, der zufällig auch eng mit Jay Crispin befreundet ist?«
Ein geladenes Schweigen, in dem Toby sich fragt, wem hier am Zeug geflickt werden soll, Quinn oder ihm selbst?
»Wie soll ich das wissen, verdammt?«, fragt er gereizt – worauf Oakley mit einem mitfühlenden »Ja, wie nur?« antwortet.
Neuerliches Schweigen.
»Also, Giles«, sagt schließlich Toby, der wie immer in so einer Situation die schlechteren Nerven hat.
»Also was, mein Lieber?«
»Wer zum Teufel ist dieser Jay Crispin? Welche Rolle spielt er bei der ganzen Sache?«
Oakley seufzt, zuckt die Achseln. Seine Antwort erfolgt widerwillig, bruchstückhaft.
»Welche Rolle spielt schon irgendwer?«, will er von der Welt im Allgemeinen wissen und verfällt dann in einen mürrischen Telegrammstil. »Dritter Sohn einer vornehmen englisch-amerikanischen Familie. Beste Schulen. Sandhurst im zweiten Anlauf. Zehn ruhmlose Jahre beim Militär. Mit vierzig ausgeschieden. Freiwillig, heißt es, aber na ja. Dann Finanzgeschäfte. Ein Flop. Ein bisschen Spionage. Auch ein Flop. Also wanzt er sich an unsere florierende Terrorindustrie an. Bemerkt ganz richtig, dass Militärdienstleister das Geschäft der Zukunft sind. Wittert die Kohle. Greift danach. Ethical Outcomes und Miss Maisie, ich komme! Die Leute mögen Crispin«, fährt er kopfschüttelnd fort. »Alle möglichen Leute, egal wo. Weiß der Himmel, wie er das macht. Gut, mit vielen geht er natürlich ins Bett. Männlein wie Weiblein im Zweifel, meinen Segen hat er. Aber damit allein bestreitet man ja noch keine Beziehung, oder?«
»Nein«, stimmt Toby zu, und seine Gedanken machen einen unbehaglichen Abstecher zu Isabel.
»Sagen Sie«, verlangt Oakley mit einem weiteren seiner unverhofften Richtungswechsel, »was ist eigentlich in Sie gefahren, dass Sie kostbare Stunden Ihrer Bürozeit damit verbringen, in den Archiven der Rechtsabteilung zu stöbern und Akten zu so abwegigen Themen wie Grenada und Diego Garcia herauszusuchen?«
»Anordnung meines Ministers«, entgegnet Toby, nicht gewillt, sich schon wieder überrumpeln zu lassen, weder durch Oakleys Allwissenheit noch durch seinen Hang dazu, statt der obersten Karte die unterste abzuheben.
»Anordnung von ihm persönlich?«
»Ja, er hatte mich gebeten, einen Bericht
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