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Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Empfindliche Wahrheit (German Edition)

Titel: Empfindliche Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John le Carré
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ihn nur weichklopfen für das bevorstehende Verhör durch ihren Mann?
    ***
    »Nett mit Hermione geplauscht?«, fragt der im Lehnstuhl sitzende Giles liebenswürdig und schenkt Toby einen üppigen Schwapp uralten Calvados ein.
    Die letzten Gäste haben sich verabschiedet. Hermione ist zu Bett gegangen. Einen Augenblick lang könnten sie wieder in Berlin sein, bevor Toby seinen unausgegorenen Privatanschauungen Luft gemacht und Oakley sie ihm um die Ohren gehauen hat.
    »Sehr nett, wie immer, danke, Giles.«
    »Hat sie Sie für den Sommer nach Mourne eingeladen?«
    Mourne, Hermiones Familiensitz in Irland, wo sie den Gerüchten zufolge ihre Liebhaber vernascht.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Wenn Sie mich fragen: Lassen Sie sich die Chance nicht entgehen. Unberührte Landschaft, komfortable Räumlichkeiten, schöner Seeblick. Gutes Jagdrevier, wenn Sie auf so was stehen, was ich nicht tue.«
    »Klingt fabelhaft.«
    »Was macht die Liebe?« – die unvermeidliche Frage, wann immer sie sich sehen.
    »Alles gut, danke.«
    »Immer noch Isabel?«
    »So ist es.«
    Oakley wechselt gern ohne Vorwarnung das Thema, um dann zuzuschauen, wie Toby rudert. So geschieht es auch jetzt.
    »Also, mein Lieber, wo in drei Teufels Namen treibt Ihr charmanter neuer Chef sich herum? Wir suchen ihn hier, wir suchen ihn dort. Erst neulich hatten wir ihn eigentlich zu einer kleinen Fragestunde eingeladen. Der Dreckskerl hat uns versetzt.«
    Wir , das muss der Vereinigte Geheimdienstausschuss sein, bei dem Oakley qua Amt Mitglied ist. Wie das kommt, ist keine Frage, die Toby stellt. Hat der Autor einer Petition, die sich gegen die Außenpolitik seines Ministeriums richtete, sich in einem nächsten Schritt einen Sitz im geheimsten Geheimausschuss dieses Ministeriums verdienen können – oder wird er, wie andere Gerüchte besagen, als eine Art halboffizieller Querdenker behandelt, den man bald vorsichtig einbezieht, bald außen vor lässt? Toby hat es sich abgewöhnt, über die Paradoxien in Oakleys Leben nachzugrübeln, vielleicht weil er tunlichst nicht über die Paradoxien in seinem eigenen Leben nachgrübelt.
    »Soviel ich weiß, musste mein Chef kurzfristig nach Washington reisen«, erwidert er zurückhaltend.
    Zurückhaltend deshalb, weil er, was immer das Ministeriumsethos gebietet, nach wie vor Quinns persönlicher Referent ist.
    »Aber Sie hat er nicht mitgenommen?«
    »Nein, Giles. Diesmal nicht.«
    »Er hat Sie durch ganz Europa mitgeschleift. Warum nicht nach Washington?«
    »Das war vorher. Bevor er aufgehört hat, mich in seine Planungen einzubeziehen. Er ist allein nach Washington gefahren.«
    » Wissen Sie, dass er allein gefahren ist?«
    »Nein, aber ich nehme es an.«
    »Auf welcher Grundlage? Er ist ohne Sie gefahren. Nur das wissen Sie. Nach Washington selbst, oder ins Umland?«
    Mit »Umland« ist Langley, Virginia, gemeint, der Sitz der Central Intelligence Agency. Wieder muss Toby seine Unwissenheit eingestehen.
    »Und hat er sich in bewährter schottischer Sparsamkeit einen Flug Erster Klasse gegönnt? Oder poplige Business Class, der Ärmste?«
    Toby, der seine Gegenwehr schwinden fühlt, holt Atem.
    »Ich nehme an, er ist im Privatjet geflogen. Das hat er letztes Mal auch gemacht.«
    »Letztes Mal heißt was?«
    »Vor einem Monat. Hin am sechzehnten, zurück am achtzehnten. In einer Gulfstream. Von Northolt aus.«
    »Und wessen Gulfstream?«
    »Da müsste ich raten.«
    »Aber nicht völlig ins Blaue.«
    »Mit Sicherheit kann ich lediglich sagen, dass ihn eine private Limousine nach Northolt gebracht hat. Er traut den Ministeriumswagen nicht. Er denkt, dass die Autos verwanzt sind, wahrscheinlich von Ihnen, und dass die Fahrer lauschen.«
    »Und die Limousine gehört wem?«
    »Einer Mrs. Spencer Hardy.«
    »Aus Texas.«
    »Ich denke schon.«
    »Besser bekannt als die steinreiche Miss Maisie, spätberufene Christin und Wohltäterin der äußersten republikanischen Rechten mit engen Beziehungen zur Tea Party. Dazu Geißel des Islams sowie Predigerin gegen Homosexualität, Abtreibung und, wenn ich richtig informiert bin, Empfängnisverhütung. Derzeit wohnhaft am Londoner Lowndes Square. Der halbe Platz gehört ihr.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Aber ja. Einer ihrer vielen Wohnsitze weltweit. Und das ist die Dame, sagen Sie, deren Limousine Ihren charmanten neuen Chef nach Northolt befördert hat? Spreche ich von der richtigen Dame?«
    »Unbedingt, Giles.«
    »Dann gehört nach Ihrer Einschätzung besagter Dame auch die

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