Endless: Roman (German Edition)
Vielleicht interessiert es ja jemanden in Wisconsin oder wo auch immer sie herkommt, dass sie im Big Apple verschwunden ist, aber hier kümmert es niemanden, da es ja auch keine Leichen gibt. Der Einzige, der sich dafür interessiert hat, war mein Vorgesetzter, den ich auf die Gemeinsamkeiten zwischen all den Fällen hingewiesen habe. Aber jetzt wird er ebenfalls vermisst, und ich muss sagen, für meinen Geschmack sind das ein bisschen zu viele Zufälle.«
Meena schaute ihn an und vergaß, dass sie ja eigentlich böse auf ihn war. »Wie meinst du das?«, fragte sie.
»Du weißt ganz genau, wie ich es meine«, erwiderte Alaric. »Mein direkter Vorgesetzter wird mit seinem gesamten Team vermisst … und doch halten die hohen Tiere es für wichtiger, ihre besten Wachen zu einer Party im Metropolitan Museum of Art zu versammeln, statt sie in die Gegend zu schicken, wo meine Kollegen verschwunden sind. Ich habe niemandem von deinem Lucien berichtet, weil ich nämlich niemanden habe, dem ich es berichten kann. Wer auch immer jetzt, wo Abraham nicht da ist, die Verantwortung übernommen hat, hat entweder andere Prioritäten oder er weiß etwas, was wir nicht wissen.«
Meena dachte einen Moment lang nach. »Nun«, sagte sie schließlich, »wenn du es nicht gemeldet hast, dann kann der Alarm, den der Vatikan geschlagen hat, nichts mit Lucien zu tun haben.«
»Vielleicht nicht«, erwiderte Alaric. »Aber falls doch …« Er holte eine kleine, flache türkisfarbene Schachtel aus der Tasche seines Smokingjacketts. »Hier.«
Er warf sie ihr auf den Schoß. Auf dem Deckel stand Tifany.
»Alaric!« Meena wurde rot. »Was ist das denn?«
»Etwas, das ich dir vor langer Zeit schon hätte geben sollen«, sagte er. »Du brauchst es mehr als jeder andere. Es hätte dich vielleicht schon vor dem letzten Biss geschützt. Ich kann ihn übrigens noch erkennen. Du hast nicht genug Concealer aufgetragen.«
Mit dieser entschieden unromantischen Bemerkung – wenn er überhaupt auch nur einen Augenblick romantisch hatte sein wollen – blickte Alaric aus dem Fenster und überließ es Meena, die Schachtel zu öffnen.
Darin lag ein schmales glänzendes Silberkreuz an einem schwarzen Lederband.
»Oh«, sagte sie leise.
Es war perfekt … so eins hätte sie auch für sich selbst ausgesucht, wenn sie sich so etwas Teures hätte leisten können.
»Tu mir einen Gefallen«, bat er sie und sah sie an. »Leg es um, und nimm es bitte nicht ab.«
Ihre Finger zitterten. »Danke«, sagte sie.
»Weinst du etwa?«, fragte er erschreckt.
»Nein«, sagte sie und wandte das Gesicht ab.
»Doch«, entgegnete er. »Was ist los mit dir?«
»Nichts«, erwiderte sie. »Es ist nur so …« Sie suchte nach dem richtigen Wort. »Perfekt. So etwas Perfektes hat mir noch nie jemand geschenkt.«
»Hier«, sagte er ungeduldig, weil sie mit der Schließe nicht zurechtkam. »Dreh dich um.« Sie gehorchte und hob ihre Haare. Seine Finger glitten über die zarte Haut an ihrem Nacken. »Der Vampir hat dir doch eine Tasche geschenkt«, meinte er.
»Ja, eine Handtasche«, bestätigte sie.
»Die Tasche wolltest du unbedingt haben«, sagte er. »Das hier wolltest du eigentlich nicht.« Er lehnte sich zurück. »Aber du brauchst es dringend.«
»Danke«, sagte sie noch einmal.
»Keine Ursache«, antwortete er. »Meena?«
Sie blickte ihn an. Seine Augen glänzten. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie nicht weggucken können.
»Ja?«
»Ich … ich habe ein Haus in Antigua gekauft.«
Sie riss die Augen auf. »Heute?«
Ein gereizter Ausdruck huschte über sein Gesicht.
»Nein, natürlich nicht heute«, sagte er. »Wann hätte ich das denn machen sollen?«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Meena. Sie kam sich dumm vor. Außerdem machte seine Mitteilung sie traurig. Sie hatte noch nie darüber nachgedacht, aber es stimmte natürlich, seine Anstellung in New York City war nicht von Dauer. Irgendwann würde er wegziehen. »Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Herzlichen Glückwunsch?«
»Du brauchst mir nicht zu gratulieren«, sagte er verärgert. »Weißt du, warum ich ein Haus in Antigua gekauft habe?«
Verwirrt schüttelte sie den Kopf.
»Weil Antigua die einzige Insel in der Karibik ist, die
häufig unter Dürreperioden leidet«, erklärte er. »Das kommt daher, weil sie nahe am Äquator liegt. Die Sonne scheint den ganzen Tag, jeden Tag. Manchmal regnet es, aber nicht oft. Und weißt du, was es in Antigua noch nie gegeben hat?«
Erneut
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