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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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nickte Stephan.
    »Und dass das Leben unendlich ist«, ergänzte Frau Rosell. »Es ist früh genug, wenn man später erfährt, dass alles anders ist«, sagte sie.
    »Aber Etra ist ein eigenartiger Name«, wandte Marie ein. »Gibt es diesen Namen im Spanischen?«
    »Nein. Wir vermuten, er hat ihn von ETA abgeleitet. Kinder finden auch Terrororganisationen spannend«, sagte sie entschuldigend.
    »Kommen Sie, bitte!«
     
    Frau Rosell führte die beiden in das Zimmer ihres Mannes. Es entsprach in Größe und Einrichtung demjenigen in seinem Wohnhaus in der Heimat.
     
    Das Krankenbett stand in der Mitte, ein Ventilator mit grauen Flügeln hing an der Decke. Ein kleiner Tisch und zwei Stühle für die Besucher befanden sich auf der anderen Seite des Zimmers, neben dem Kopfende des Bettes ein kleiner Nachttisch und darauf eine Vielzahl von Packungen und Dosen, eine Schale, eine Wasserflasche, Gläser und das Handy. Justus Rosell lag im Bett und war trotz der recht hohen Raumtemperatur bis zum Kopf zugedeckt. Anders als zu Hause war das Bett nicht fahrbar, sondern bestand aus einem dunklen eichenen geschlossenen Bettkasten, auf dem die Matratze ruhte. Marie empfand den Bettkasten unweigerlich wie eine Kiste, auf der Justus Rosell aufgebahrt war. Der Mandant blickte vom Bett aus direkt auf das gegenüberliegende quadratische Fenster und durch dieses auf den Atlantik hinaus. Das Meer glänzte in der Sonne, die am Vormittag hinter dem Haus stand und ihre Strahlen noch nicht in das Krankenzimmer warf. Seitwärts gab es ein weiteres Fenster. Es eröffnete den Blick auf den ansteigenden Hang hinter dem Haus. Man sah eine Palme, deren Wedel sich sanft im schwachen Wind bewegten.
    Justus Rosell lag im Halbdunkel und sah unverwandt auf das Meer. Seine Frau hatte ihm zwei Kissen unter den Kopf gesteckt, damit er über die Bettdecke hinweg nach draußen sehen konnte.
    »Wir sind vor knapp einer Woche hergekommen«, sagte sie. »Justus ist noch sehr schwach von der Reise. Über vier Stunden Flug sind für ihn praktisch nicht mehr zu verkraften. Wir hätten unsere Zelte in Deutschland schon früher abbrechen sollen. – Kommen Sie, wir reden draußen weiter, damit Justus sich noch etwas entspannen kann«, bat sie, bevor Marie und Stephan mit dem Mandanten ein Wort wechseln konnten.
     
    Sie verließen das Zimmer und traten durch die Terrassentür auf eine gepflegte, kurz geschnittene Rasenfläche. Eine Sprinklerdüse verteilte leise klackernd Wassernebel und ließ die Grashalme wie Perlen glänzen.
    »Ich habe vor dem Abflug mit verschiedenen Medien gesprochen«, erklärte Frau Rosell. »Ein Reporter eines Boulevardmagazins will morgen Vormittag ein Interview führen. Ich denke, dass Justus dann auch wieder besser beieinander ist. Die Reise, der Klimaumschwung und sogar die kleine Zeitverschiebung belasten ihn. Aber ansonsten kann ihm der Süden in seinen letzten Tagen nur guttun. Alles hat hier eine Leichtigkeit, die Herz und Seele streichelt.« Sie sprach den Satz aus wie eine Lebensformel, die dem nahenden Tod seine Bedrohlichkeit nehmen und alles Denken in eine unbeschwerte Weite lenken sollte.
    Sie trat einen Schritt vor, bückte sich und wedelte mit der Hand Erdkrumen von Lehmziegeln, die ein Beet mit kleinen Kakteen einfassten.
    »Es reicht also, wenn Sie morgen früh gegen zehn Uhr bei uns sind«, sagte sie und richtete sich wieder auf. »Im Moment ist nichts zu veranlassen. Wir werden bald sehen, wie wir uns vorbereiten müssen.«
    Sie sah Stephan fest ins Gesicht.
    »Justus zählt auf Sie, Herr Knobel!«
    »Hier ist Ihre Heimat, nicht wahr?«, fragte Marie.
    Frau Rosell lächelte.
    »Ja, nicht weit von hier. Es ist ein kleiner Ort, der auf dieser Insel kaum eine Rolle spielt, erst recht nicht für den Massentourismus. – Ich kam früh ins Hotelgewerbe, so, wie es viele junge Frauen und Männer hier tun. Der Fremdenverkehr ist unsere Hauptbranche. Aber Gran Canaria hat viel mehr zu bieten. Die Insel ist nicht nur für Strandliebhaber ein Paradies.«
    »Sie sprechen ein fehlerfreies Deutsch«, staunte Marie.
    »Ich hatte schon Deutsch gelernt, bevor ich Justus kennenlernte«, antwortete Frau Rosell. »Dann habe ich über zehn Jahre in Deutschland gelebt.« Sie lachte. »Aber der Akzent bleibt – und muss auch bleiben. Ich bin im Herzen Spanierin – und auch im Pass. Julita Rosell, geborene Julita Alonso Rodriguez, das sind doch schöne Namen! – Ich habe sogar etwas typisch Deutsches gelernt: Steuerfachgehilfin.« In ihrer

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