Endstation Färöer
dann direkt zurück auf die Färöer.«
»Tausend Dank, du bist ein Perle!«, lobte ich sie.
»Behalte deine Perlen für dich, sag niemandem etwas und lade mich in die Stadt ein.« Sie legte auf.
Ich starrte vor mich hin, den Hörer in der Hand. Alles passte zusammen. Der gesamte Überbau zumindest, vom Fundament dagegen konnte ich nicht einmal den Umriss erkennen, aber irgendwo da unten befand es sich.
Aus dem Telefon kam nur noch ein Tuten und ich legte den Hörer auf. Doch dann nahm ich ihn wieder hoch und wählte 0013, die Nummer der Auskunft.
Sie hatten ein Telefonbuch von Wien, das schon ein paar Jahre alt war, aber ich sagte, das sei egal, und bekam die Nummer, um die ich gebeten hatte.
Eine halbe Stunde später war mein Verdacht bestätigt. Ich hatte mit dem Dokumentationszentrum in Wien gesprochen und erfahren, dass Hugo dort gewesen war. Das Dokumentationszentrum war von Simon Wiesenthal gegründet worden, um Material über die Verbrechen der Nazis während des Krieges zu sammeln und, wenn es sich machen ließ, die Täter vor Gericht zu bringen. Die Realität sah ja so aus, dass die meisten sich ohne viel Aufsehen nach dem Krieg arrangiert hatten. Wiesenthal war mit seinem ausdauernden Kampf eine Plage für diese Männer – oder Frauen – und viele saßen aufgrund seiner Arbeit hinter Gittern. Am berühmtesten waren die Entführung eines der Hauptarrangeure der Massenmorde, Adolf Eichmann, und seine Hinrichtung in Israel 1961.
Zuerst wollte Frau Anstraat, eine der Mitarbeiterinnen des Dokumentationszentrums, nichts über Hugo und dessen Anliegen sagen. Aber nach und nach konnte ich ihr in meinem gebrochenen Deutsch klar machen, dass Hugo tot war und irgendwelche Nazis dahintersteckten. Frau Anstraat wollte immer noch, dass ich persönlich vorbeikäme, doch nach einigem Hin und Her erzählte sie mir wenigstens so viel, dass Hugo Jensen Informationen über Herbert Kappler haben wollte. Ich kannte den Namen bereits von den Bildunterschriften im Bladet und fragte, wer das sei.
»Fosse Ardeatine«, waren Frau Anstraats letzte Worte.
Natürlich! Warum bin ich nur nicht selbst darauf gekommen? Dabei war es mir im Kopf herumgeschwirrt, aber ich hatte nicht drauf geachtet. Die Selbstzündung war augenscheinlich außer Betrieb, das Gehirn musste mit Handbetrieb in Gang gesetzt werden. Und das hatte Frau Anstraat getan.
Fosse Adreatine ist eine Kalkmine in der Nähe von Rom, direkt neben den großen Katakomben an der Via Appia Antica. Die Mine ist heute eine Gedenkstätte für die mehr als dreihundert Geiseln, die hier während des Krieges von der SS erschossen worden waren.
Ich war gerade erst aus Rom gekommen und doch bedurfte es des Umwegs über Wien, um mich an Herbert Kappler zu erinnern. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, dass es über fünfzehn Jahre her war, dass ich die Fosse Ardeatine und die Steinsärge mit den Ermordeten besucht hatte. Trotzdem hätte ich mich an den Namen erinnern müssen, wenn man bedenkt, wie sehr mich die Geschichte damals beeindruckt hatte.
Und seitdem hatte ich mehrere Male in der Via Rasalla gewohnt. Kurz gesagt ging es darum, dass die italienische Widerstandsbewegung 1944 eine Bombe zündete, als eine SS-Heeresabteilung durch diese Straße kam. Heute noch sind Narben an den Hauswänden der Via Rasalla zu sehen. Gut dreißig SS-Männer starben, und Hitler forderte, dass für jeden von ihnen zehn Italiener getötet werden sollten. Völlig unschuldige Menschen wurden aus verschiedenen Einrichtungen und Gefängnissen geholt, der älteste ein Greis, der jüngste noch ein Kind, und nach Fosse Ardeatine hinausgeführt.
Hier fand die Massenerschießung statt. Zunächst unter einer gewissen Kontrolle, wenn man in Verbindung mit Genickschüssen von Kontrolle reden kann, aber nach und nach wurden die Soldaten immer betrunkener. Damit sie diese Abschlachtung aushielten, hatten sie reichlich zu trinken bekommen, und zum Schluss wurde nur noch wild in der Gegend herumgeschossen, sodass Opfer, Henker und der ganze Platz in Blut schwammen.
Leiter der Hinrichtung war Herbert Kappler gewesen. Seine SS-Mütze war ebenfalls in der Gedächtnishalle ausgestellt.
Nach dem Krieg wurde Kappler zu lebenslänglicher Haft verurteilt, aber in den Siebzigern gelang es ihm, in die Bundesrepublik Deutschland zu fliehen – niemand wusste genau, wie –, und die Deutschen weigerten sich, ihn auszuliefern.
Hugo war also in Wien gewesen und hatte das Material über Herbert Kappler studiert,
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