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Endstation für neun

Endstation für neun

Titel: Endstation für neun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Birgersson. Er sagt, er habe es versprochen und es sei wichtig und…« Kollberg runzelte die Stirn. »Kann er an den Apparat kommen?«
    »Das geht leider nicht. Es ist gegen die Vorschriften. Er durchläuft ja gerade…«
    Kollberg legte die Stirn in sorgenvolle Falten. Offensichtlich waren am Heiligabend nicht unbedingt Spitzenkräfte im Dienst.
    »Okay, ich komme«, sagte er und legte auf.
    Gun hatte seine letzten Worte gehört und starrte ihn aus großen Augen an.
    »Ich muss nach Längholmen«, sagte er müde. »Wie zum Teufel bekommt man um diese Uhrzeit am Heiligabend ein Taxi?«
    »Ich kann dich fahren«, sagte Äsa. »Ich habe ja nichts getrunken.«
    Sie unterhielten sich nicht auf der Fahrt. Der Vollzugsbeamte in der Wachloge blinzelte Asa Torell misstrauisch an.
    »Das ist meine Sekretärin«, sagte Kollberg.
    »Ihre was? Einen Augenblick, ich muss mir diesen Ausweis noch einmal anschauen.« Birgersson hatte sich nicht verändert. Er wirkte womöglich noch sanftmütiger und taktvoller als vor zwei Wochen. »Was wollen Sie mir sagen?«, fragte Kollberg barsch. Birgersson lächelte.
    »Es ist schon komisch«, meinte er. »Aber mir ist ausgerechnet heute Abend etwas eingefallen. Sie haben doch nach dem Auto gefragt, nach meinem Morris. Und…«
    »Ja? Und?«
    »Nun, als Kriminalassistent Stenström und ich einmal eine Pause machten und etwas aßen, erzählte ich ihm eine Geschichte. Ich weiß noch, dass es Eisbein mit Kohlrübenpüree gab. Das ist mein Leibgericht, und heute, als wir das Weihnachtsessen bekommen haben…«
    Kollberg betrachtete den Mann mit massiver Missbilligung. »Eine Geschichte?«, bemerkte er fragend. »Vielleicht eher eine Anekdote über mich selbst. Aus der Zeit, in der wir in der Roslagsgatan wohnten, meine…« Er unterbrach sich und warf einen unschlüssigen Blick auf Asa Torell. Der Vollzugsbeamte an der Tür gähnte. »Ja, ja«, sagte Kollberg. »Erzählen Sie einfach.«
    »Also meine Frau und ich. Wir hatten nur ein Zimmer, und wenn ich zu Hause war, fühlte ich mich immer so nervös und eingesperrt und unruhig. Ich hatte übrigens auch große Schlafprobleme.«
    »Soso«, sagte Kollberg.
    Ihm war heiß und ein wenig schwindlig. Er war sehr durstig und vor allem hungrig. Außerdem deprimierte ihn die Umgebung, und es zog ihn mit aller Macht nach Hause. Birgersson sprach weiter, zwar ruhig, aber umständlich.
    »Also ging ich abends immer raus, nur um aus der Wohnung zu kommen. Das ist jetzt fast zwanzig Jahre her. Ich lief viele Stunden durch die Straßen, manchmal ganze Nächte.
    Unterhielt mich nie mit jemandem, ließ mich nur treiben, um meine Ruhe zu haben. Nach einer Weile legte die Unruhe sich dann, meistens nach etwa einer Stunde. Aber mit irgendetwas musste ich meine Gedanken ja beschäftigen, damit sie sich nicht mit all dem anderen abquälten. Mit meinem Zuhause und meiner Frau und ähnlichen Dingen. Also habe ich mir Sachen einfallen lassen. Um mich irgendwie vom eigenen Denken und Grübeln abzulenken.« Kollberg sah auf die Uhr.
    »Ja, ja«, sagte er ungeduldig. »Und was haben Sie getan?«
    »Ich habe mir Autos angeschaut.«
    »Autos?«
    »Ja. Ich bin die Straßen auf und ab gelaufen und an Parkplätzen vorbeigekommen und habe mir die Autos angesehen, die dort standen. Eigentlich interessierte ich mich gar nicht für Autos, aber auf die Art lernte ich, alle Modelle und Marken zu unterscheiden, die es gab. Nach einiger Zeit war ich darin wirklich gut. Es war befriedigend. Ich konnte etwas. Ich konnte alle Autos auf dreißig oder vierzig Meter Entfernung erkennen, ganz gleich, von welcher Seite ich sie sah. Hätte man mich bei so einem Quiz mitmachen lassen, ›Die Zehntausend-Kronen-Frage‹ oder wie das heißt, ich hätte glatt gewinnen können. Von vorn, von hinten oder von der Seite, es spielte keine Rolle.«
    »Und wenn Sie die Autos von oben gesehen haben?«, fragte Äsa Torell.
    Kollberg sah sie verblüfft an. Birgerssons Miene verdüsterte sich ein wenig.
    »Tja, darin bekam ich nicht so viel Übung. Das wäre dann womöglich nicht so gut gelaufen.«
    Er sinnierte eine Weile. Kollberg zuckte resigniert mit den Schultern.
    »Aber so eine simple Beschäftigung kann einem viel Freude bereiten«, fuhr Birgersson fort.
    »Und spannend sein. Manchmal bekam ich richtig seltene Autos zu sehen wie Lagonda oder Zim oder EMW. Das hat mich natürlich gefreut.«
    »Und das haben Sie Kriminalassistent Stenström erzählt?«
    »Ja, ich hatte vorher nie mit jemandem darüber

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