Endstation Oxford
Cathy allein, wusste aber, dass Craig sie sehen konnte, als sie leise zwischen den Autos hindurch zu den Wirtschaftsgebäuden schlüpfte. Sie hoffte nur, dass Cathy so betrunken war, dass es sie nicht kümmerte, wohin sie ging und was sie dort tat.
Kate ging um die beiden Scheunen herum. Die Fenster waren klein und hoch. Sie musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um hineinzuspähen. Die Fensterscheiben waren schmutzig und voller Spinnweben. Trotzdem konnte Kate erkennen, dass die erste Scheune als Stall genutzt wurde. Vor den Fenstern der zweiten Scheune waren die Läden geschlossen. War es möglich, dass Cathy Estelle dort drinnen festhielt?
Kate klopfte ans Fenster, doch nichts rührte sich.
Sie ging um das Gebäude herum zur Tür und klopfte auch dort. Das Ergebnis war das gleiche.
Auch ein verstohlener Blick durch das Schlüsselloch brachte nichts. »Estelle? Bist du da drin?«, rief sie leise.
»Was um alles in der Welt machen Sie da?«, fragte eine männliche Stimme hinter ihr.
Kate fuhr herum. Hinter ihr stand ein stämmiger Mann in Tweed und Cord, der sie um einiges überragte.
»Wer sind Sie überhaupt?«, wollte er wissen.
»Kate Ivory. Ich habe gerade Cathy Hume besucht.«
»Ach wirklich?« Er klang nicht, als würde er ihr glauben. »Dann lassen Sie uns doch zusammen ins Haus gehen. Dort können Sie Cathy in aller Ruhe erzählen, warum Sie um ihre Töpferwerkstatt herumschnüffeln und glauben, Estelle Livingstone darin zu finden.«
Er packte ihren Arm so fest, dass sich später sicher blaue Flecken zeigen würden. Unbarmherzig vorwärtsgeschoben von einem Mr H. stolperte Kate den Gartenpfad hinauf.
»Hallo Charley«, sagte Cathy und blickte auf, als Kate und ihr Aufpasser den Raum betraten. »Erinnerst du dich an Kate? Kate, das ist mein Freund Charley Hisper.«
Dann war also Charley Hisper der »schicke Bauer«, dem die halbe Grafschaft gehörte. Auf jeden Fall sah er um einiges besser aus, wenn er Tweed und Cordhosen trug und sich nicht betrunken auf einer Hochzeit danebenbenahm. Kein Wunder, dass Cathy sich nicht mehr dafür interessierte, wo Myles abgeblieben war. Sie hatte einen deutlich reicheren Ersatz gefunden.
»Du kennst sie?«
»Sicher.«
»Ich habe sie vor deiner Töpferwerkstatt gefunden. Sie suchte nach Estelle.«
»Estelle? Wie kommen Sie darauf, dass sie hier sein könnte?«
»Ich dachte, Peter hätte vielleicht …« Nein, der Gedanke klang wirklich zu absurd, wenn sie ihn laut aussprach.
»Sie dachten, Peter hätte meine Werkstatt genutzt, um seine frischgebackene Ehefrau dort zu verstecken?«
Cathy setzte ihr Glas ab und lachte laut. Schließlich sagte sie: »Komm Charley. Und Sie auch, Kate und Craig. Wir gehen jetzt alle zusammen nachsehen. Estelle geknebelt und gefesselt in meiner Töpferwerkstatt, das darf ich mir nicht entgehen lassen.«
Nur mit großer Anstrengung gelang es ihr aufzustehen, ohne vornüberzukippen. Sie holte einen Schlüssel aus der Schublade im Küchentisch, und alle gingen gemeinsam hinaus zur Töpferei.
»Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, was Peter dort unterbringen wollte«, sagte sie. »Aber vielleicht haben Sie ja recht, Kate, und Estelle modert dort in irgendeinem Schrank vor sich hin.«
»So etwas sagt man nicht einmal im Scherz.«
Cathy schloss die Tür auf und knipste das Licht an. Die drei anderen schauten ihr über die Schulter.
»Fünf Kartons mit einfachen, grauen Kästen«, stellte Cathy fest. »Vielleicht befinden sich darin abgehackte Körperteile.«
»Das sieht nach säurefreien Archivschachteln aus«, sagte Kate. »Sie werden speziell für die Aufbewahrung von Büchern hergestellt. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich kurz umsehe?«
»Bitte sehr.«
Kate brauchte nicht lange für ihren Rundgang durch die Werkstatt. Sie schaute in Schränke und sogar in den Brennofen, musste aber zugeben, dass sie nichts fand, was auch nur im Entferntesten mit Estelle zu tun hatte. Es gab keinerlei Anzeichen, dass sie je hier gewesen sein könnte.
»Zufrieden?«
Kate und Craig mussten zugeben, dass sich ihr Verdacht nicht bestätigt hatte. »Könntest du sie bitte noch zwei Minuten aufhalten?«, raunte Kate in Craigs Ohr.
»Der Umbau ist Ihnen wirklich gelungen«, sagte Craig zu Cathy und blickte sich um. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir alles zu zeigen?«
»Er hat auch eine Stange Geld gekostet«, meinte Cathy. »Glücklicherweise planten wir ihn zu einer Zeit, als Peter gerade im Geld schwamm. Er hat uns das nötige
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