Endstation Oxford
hastig sein halbes Glas leer.
»Es klemmt gerade an allen Ecken und Enden, Peter. Ich sitze ganz schön in der Tinte.«
»Wieder mal«, meinte Peter nur.
»Im letzten Jahr habe ich dich nicht um einen Penny gebeten, oder?«
»Freut mich zu hören, dass du flüssig warst.« Er verkniff sich die Bemerkung, dass Myles unter diesen Umständen daran hätte denken können, zumindest einen Teil des geliehenen Geldes zurückzuzahlen. »Wie viel brauchst du?«
»Ein paar Tausend. Zehn, wenn du so viel erübrigen kannst.« Myles sprach hastig, als könne er so seinen Worten die Wucht nehmen.
»Zehntausend Pfund?«
Die beiden anderen Gäste unterbrachen ihr Gespräch und blickten zu ihnen herüber. Peter senkte die Stimme. »Auch für mich läuft es im Augenblick nicht ganz rund, Myles. Was glaubst du wohl, wie viele Leute das bisschen Geld, das ihnen bleibt, für Secondhandbücher ausgeben?«
»Schon, aber die Hochzeit mit Estelle war doch ein großer Wurf, oder?«
»Glaubst du ernsthaft, ich lasse mich von meiner Frau aushalten?«
»Komm schon! Sie muss doch stinkreich sein. Hast du denn gar nichts davon?«
»Wir teilen alle Ausgaben fifty-fifty.« Er erwähnte nicht, dass das Teilen sämtlicher Rechnungen die Wurzel seines Problems war. Myles würde sich dadurch nicht von seiner Bitte abbringen lassen, sondern allenfalls verächtlich reagieren.
Myles hatte sein Glas geleert, Peters war noch halb voll.
»Soll ich Nachschub besorgen?«, fragte Myles.
»Nicht für mich, vielen Dank.«
Mit einem großen Gin und einer kleinen Flasche Tonic kehrte Myles von der Bar zurück.
»Du musst mir helfen, Peter«, kam er auf das Kernproblem zurück.
»Warum?« Seit fast dreißig Jahren half er seinem Bruder regelmäßig aus der Patsche und war seit dem Tod des Vaters immer für ihn und seine Mutter da gewesen. Kein Wunder, dass Myles seine Unterstützung für selbstverständlich hielt.
Als er keine Antwort bekam, fügte Myles hinzu: »Bitte, Peter. Cathy will mich verlassen. Sie nimmt die Kinder mit und hat die Bankkonten leergeräumt.«
»Das glaube ich nicht. Wo sollte sie hingehen? Sie muss doch mit den Kindern irgendwo wohnen.« Peter hätte seinen Bruder darauf hinweisen können, dass die Bankkonten angeblich doch ohnehin schon leer waren.
»Nun, um ganz ehrlich zu sein …«
Ehrlichkeit war noch nie Myles’ Stärke gewesen. »Spuck es aus!«, forderte Peter ihn auf.
»Sie droht mir damit, mich hinauszuwerfen. Genau genommen hat sie mich schon vor die Tür gesetzt.«
In diesem Moment wurde Peter klar, dass die Geräusche, die er am Morgen durch das Telefon gehört hatte, die einer wütenden Frau gewesen waren, die die Habseligkeiten ihres Mannes säckeweise die Treppe hinunterwuchtete.
»Und wo willst du hin?« Die Vorstellung, Myles könne in Estelles makellosem Haus auftauchen und völlig betrunken auf ihrem schwarzen Ledersofa zusammensacken, ließ ihn schaudern. Nein, das durfte keinesfalls passieren. Estelle würde sich nicht scheuen, sie alle beide hinauszuwerfen.
»Ich habe ein Zimmer in … einem B&B gefunden. Es ist zwar über den Winter geschlossen, aber für mich haben sie eine Ausnahme gemacht.«
Irgendetwas in Myles’ Stimme sagte Peter, dass B&B nicht ganz die korrekte Beschreibung für seine Unterkunft war. Handelte es sich vielleicht um die Wohnung einer Freundin? Cathy hatte doch von einem Flittchen in Oxford gesprochen. »Sei bloß vorsichtig, Myles. Du willst Cathy doch nicht noch mehr Scheidungsgründe in die Hände spielen. Liegt dir nicht daran, deine Ehe zu retten? Denk an die Mädchen.« Er hielt inne, um nicht noch mehr Allgemeinplätze von sich zu geben. »Wenn du Cathy gewähren lässt, nimmt sie dir das letzte Hemd ab«, fuhr er schließlich fort, um die Sache etwas pragmatischer anzugehen. Er machte sich keine Illusionen über seine Schwägerin.
»Keine Sorge, Peter. Immerhin bin ich Anwalt – schon vergessen?« Allerdings klang Myles alles andere als zuversichtlich. Früher hatte er einen wirklich scharfen Verstand gehabt, doch Peter fürchtete, dass dieser durch all den Alkohol, den sein Bruder im Laufe der Zeit in sich hineingeschüttet hatte, abgestumpft war.
»Und was willst du jetzt tun?«, fragte er.
»Zunächst einmal lasse ich die Sache laufen und konzentriere mich auf meine Arbeit.«
»Dann ist im Büro alles in Ordnung?«
»Im Augenblick ja.«
»Aber du verschweigst mir doch etwas.«
»Wenn ich zehn Mille hätte, gäbe es nicht das geringste Problem.«
Peter
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