Endstation Sehnsucht - Endstation Glueck?
haben musste – Jennifer sah einfach umwerfend aus. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie sie ihm früher lachend Geschichten über Mitschüler und Studenten an der Universität erzählte hatte. Jetzt schien sie gar nichts mehr mit ihm teilen zu wollen.
Aber vielleicht war das nur fair, dachte er. Wie gut kannte sie ihn eigentlich? Er war sich der Tatsache durchaus bewusst, dass zu einer Freundschaft immer zwei gehörten und dass er damit Probleme hatte. Seine Beziehungen mit Frauen waren in der Regel deswegen von kurzer Dauer gewesen, weil er nicht gewillt war, sich überhaupt auf sie einzulassen. Näher wollte sich James mit dem Thema aber nicht befassen. Er war kein Freund der Selbstanalyse.
„Ich glaube, es ist das Beste, wenn du hier unten schläfst“, sagte Jennifer, als sie zurückkam. „Das Sofa ist gemütlich und groß genug für dich. Außerdem brauchst du so die Treppen nicht zu benutzen. Du weißt ja, dass es hier unten eine Gästetoilette gibt. Das Bad ist zwar oben, aber ich bin mir sicher, dass es dir morgen schon wieder besser geht.“ Das hoffte sie zumindest, denn sie war weder gewillt ihm in die Badewanne noch in die Dusche zu helfen. Der bloße Gedanke machte sie nervös.
Nach dieser kurzen Ansprache, die sie mit bemerkenswert ruhiger Stimme gehalten hatte, eilte sie die Treppen hinauf und duschte kurz. Dann kehrte sie mit Bettwäsche bewaffnet ins Wohnzimmer zurück. Sie hatte erwartet, ihn auf dem Sofa vorzufinden, doch dort war er nicht mehr. James hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und den Fernseher angemacht, der gerade einen Nachrichtenbeitrag zur Wetterlage zeigte.
Jennifer begann geschickt, das Sofa in ein Bett zu verwandeln. „Du solltest deinen Rücken nicht so beanspruchen“, sagte sie, während sie neben dem Sofa stand. Sie hatte nicht die Absicht, sich hinzusetzen und mit ihm fernzusehen. Sie wusste, dass es gefährlich sein konnte, sich zu lange mit ihm im selben Raum aufzuhalten, und war nicht gewillt, Risiken einzugehen.
„Je mehr ich ihn beanspruche, desto schneller bin ich wieder auf den Beinen“, erwiderte James knapp. Er spürte deutlich, dass Jennifer keinen Moment länger in seiner Gesellschaft verbringen wollte als unbedingt nötig. Ihre Körpersprache ließ keinerlei Zweifel daran aufkommen, dass sie alles andere als glücklich darüber war, mit ihm hier festzusitzen.
„Warum siehst du nicht zusammen mit mir etwas fern und entspannst dich?“, fragte er dennoch. Sein Mund verzog sich zynisch, als sie den Kopf schüttelte und verschiedene Entschuldigungen stammelte – sie müsse noch die Küche saubermachen, wäre sehr müde wegen allem, was passiert war und müsse auch noch einige E-Mails fertig schreiben, die sie am Nachmittag begonnen hatte.
„In dem Fall“, entgegnete er kühl, „will ich dich natürlich nicht aufhalten. Solange genügend Schmerztabletten hier sind, brauche ich dich nicht mehr. Bis morgen früh dann.“ Er stand auf, ging langsam zum Sofa zurück und legte sich hin.
Jennifer verließ den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
4. KAPITEL
Es dauerte nicht lange, bis Jennifer merkte, dass James ein äußerst anspruchsvoller Patient war.
Sie wachte am nächsten Morgen um halb acht auf und schlich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Im Erdgeschoss angekommen, sah sie, dass bereits Licht im Wohnzimmer brannte und der Fernseher an war. James saß auf dem Sofa und schaute die Nachrichten. Jennifer, die ihren Morgenmantel trug, verharrte einen Moment auf der Türschwelle und sah ihn an. Sie hatte eigentlich vorgehabt, sich nur eine Tasse Kaffee zu machen und dann wieder ins Bett zu gehen, um noch etwas zu schlafen.
Als James sie bemerkte, lächelte er ihr freundlich zu. „So schnell wird es leider nicht aufhören zu schneien.“ Die Gardinen waren bereits zurückgezogen, und das, was Jennifer sah, als sie aus dem Fenster schaute, schien James’ Behauptung zu bestätigen. Sie waren in einem Meer aus Weiß gestrandet. „Das letzte Mal, als es so geschneit hat, dauerte es zwei Wochen, bis sich die Dinge wieder normalisiert hatten. Herrje, als ob ich nichts Besseres zu tun hätte, als hier rumzuhängen.“
„Das gilt für uns beide“, murmelte Jennifer und betrat das Wohnzimmer.
Sie war erschöpft, weil sie die halbe Nacht wach gelegen und darüber nachgedacht hatte, wie sie am besten mit der Situation umgehen sollte. Sie hatte sämtliche Gefühle, die James’ Anwesenheit im Cottage bei ihr hervorrief bis ins Kleinste
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