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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Ihres Glaubens und Ihrer Fähigkeiten aufbieten, um dem ausdrücklichen Wunsch Seiner Heiligkeit zu entsprechen, dieses Kind sicher in den Vatikan zu schaffen – bevor der destruktive Virus ihres programmierten Verrats sich unter unseren Brüdern und Schwestern in Christo verbreiten kann. Wir wissen, dass Sie uns nicht enttäuschen werden, Pater Captain de Soya.«
    »Danke, Sir«, sagt de Soya und denkt wieder: Warum ich? Er kniet nieder, küsst den Ring des Kardinals, steht wieder auf und stellt fest, dass der Admiral sich in die dunkle Laube zurückgezogen hat, wo sich die anderen schattenhaften Gestalten nicht geregt haben.
    Monsignore Lucas Oddi und Pax-Captain Marget Wu stellen sich rechts und links von de Soya auf und fungieren als Eskorte, als sie sich umdrehen, um den Garten zu verlassen. In diesem Augenblick, während sein Verstand immer noch durcheinander ist vor Verwirrung und Schock und sein Herz vor Eifer und Angst pocht, wirft Pater Captain de Soya einen Blick zurück, als der Plasmaschweif eines Landungsschiffes gerade die Kuppel des Petersdoms, die Dächer des Vatikans und den Garten mit seiner blau pulsierenden Flamme beleuchtet. Einen Augenblick sind die Gestalten in der bogenförmigen Laube im blauen Schein des Plasmalichts deutlich zu sehen. Admiral Marusyn ist da, hat sich aber bereits von de Soya abgewendet, ebenso zwei stehende Schweizergardisten in Kampfanzügen, die ihre Flechettewaffen präsentieren. Aber die sitzende Gestalt, die in diesem kurzen Augenblick beleuchtet wird, soll de Soyas Gedanken und Träume noch auf Jahre hinaus heimsuchen.
    Dort, auf der Gartenbank, sitzt Seine Heiligkeit Papst Julius XIV, der Heilige Vater von mehr als sechshundert Milliarden gläubigen Katholiken, de facto Herrscher über vierhundert Milliarden weitere verstreute Seelen im ausgedehnten Einflussbereich des Pax, und der Mann, der Federico de Soya gerade auf seine schicksalhafte Mission geschickt hat, und sieht dem entschwindenden de Soya mit seinem traurigen Blick nach, während seine hohe Stirn und das bekümmerte Antlitz kurz, aber unauslöschlich, von blauem Plasmaglühen bemalt werden.

10

    Es war der Morgen nach unserem Bankett, und wir waren wieder in dem Raumschiff. Das heißt, der Androide A. Bettik und ich waren in dem Schiff, nachdem wir den bequemen Weg durch einen Tunnel genommen hatten, der die beiden Türme miteinander verband; Martin Silenus war als Hologramm präsent. Es war ein seltsames holografisches Ebenbild, da der alte Dichter beschlossen hatte, dass der Transmitter oder der Schiffscomputer ihn als jüngere Version seiner selbst darstellen sollte – immer noch ein steinalter Satyr, aber einer, der auf seinen eigenen Beinen stand und Haare auf dem Kopf mit den spitzen Ohren hatte. Ich betrachtete den Dichter mit seinem kastanienfarbenen Cape, der langärmeligen Bluse, Pluderhosen und einem weichen Barett und überlegte mir, was für ein Dandy er gewesen sein musste, als diese Kleidungsstücke in Mode waren.
    Ich sah Martin Silenus, wie er ausgesehen haben musste, als er drei Jahrhunderte zuvor als Pilger nach Hyperion zurückgekehrt war.
    »Möchtest du mich einfach nur anstarren wie ein Bauerntölpel«, sagte das holografische Bild, »oder möchtest du die beschissene Führung beenden, damit wir uns ums Geschäft kümmern können?« Der alte Mann hatte entweder einen Kater nach dem Weinkonsum des gestrigen Abends, oder aber er war so weit genesen, dass er sich in einer noch übleren Laune als gewöhnlich befand.
    »Gehen Sie vor«, sagte ich.
    Vom Tunnel hatten wir den Schiffslift zur ersten Luftschleuse genommen. A. Bettik und das Hologramm des Dichters führten mich durch die einzelnen Etagen: den Maschinenraum mit seinen rätselhaften Instrumenten und Netzen von Rohrleitungen und Kabeln; dann die Kälteschlafkammer – vier Couchen für kryogenische Fugen in ihren hypergekühlten Kabuffs (eine Couch fehlte, stellte ich fest, da Martin Silenus sie für seine eigenen Zwecke hatte ausbauen lassen); dann der zentrale Korridor mit der Schleuse, durch die ich das Schiff tags zuvor betreten hatte – die Wände aus »Holz« bargen eine große Anzahl von Spinden, in denen sich Raumanzüge, Geländefahrzeuge, Himmelsräder und sogar einige archaische Waffen befanden; danach kam der Wohnbereich mit dem Steinway und der Holonische; dann ging es die Wendeltreppe hinauf in den »Navigationsraum«, wie A. Bettik es nannte – dort befand sich tatsächlich eine Kabine, wo einige elektronische

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