Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
Geschichte.
»Ja«, sagt er. »Ich erinnere mich an den Namen. Sie war eine der Pilgerinnen mit Seiner Heiligkeit während der letzten Pilgerfahrt vor dem Fall.«
Kardinal Lourdusamy beugt sich nach vorn und faltet seine pummeligen Hände über einem Knie. Sein Talar ist blutrot, wo das Licht des Holos darauf fällt. »Brawne Lamia hatte Geschlechtsverkehr mit einem Scheusal«, knurrt der Kardinal. »Mit einem Cybrid. Einem geklonten menschlichen Konstrukt, dessen Verstand eine künstliche, im TechnoCore ansässige Intelligenz war. Erinnern Sie sich an die Geschichte und das verbotene Gedicht?«
Pater de Soya blinzelt. Ist es möglich, dass sie ihn hierher in den Vatikan gebracht haben, um ihn dafür zu bestrafen, dass er als Kind die Cantos gelesen hat? Er hat die Sünde vor zwanzig Jahren gebeichtet, Buße getan und das verbotene Werk nie wieder gelesen. Er errötet.
Kardinal Lourdusamy kichert. »Schon gut, mein Sohn. Jeder in der Kirche hat diese spezielle Sünde begangen... die Neugier ist zu groß, der Reiz des Verbotenen zu stark... Wir haben das verbotene Gedicht alle gelesen. Können Sie sich erinnern, dass diese Frau Lamia sich der Fleischeslust mit dem Cybrid von John Keats hingab?«
»Vage«, sagt de Soya und fügt dann hastig hinzu: »Eure Eminenz.«
»Und wissen Sie, wer John Keats war, mein Sohn?«
»Nein, Eure Eminenz.«
»Er war ein Dichter vor der Hegira«, sagt der Kardinal mit seiner grollenden Stimme. Hoch droben ziehen die blauen Plasmabremsstreifen von drei Pax-Landungsbooten über den Sternenhimmel. Pater Captain de Soya muss sie nicht einmal ansehen, um Typ und Bewaffnung der Schiffe zu erkennen. Es überrascht ihn nicht, dass er sich nicht an den Namen aus den verbotenen Cantos erinnern kann; schon als Junge hatte sich Federico de Soya mehr dafür interessiert, von Maschinen und gewaltigen Raumschlachten zu lesen als von etwas vor der Hegira, besonders Dichtung.
»Die Frau in dem blasphemischen Gedicht – Brawne Lamia – hatte nicht nur Verkehr mit diesem widernatürlichen Cybrid«, fährt der Kardinal fort,
»sondern sie gebar das Kind dieser Kreatur.«
De Soya zieht die Augenbrauen hoch. »Ich wusste nicht, dass Cybrids...
ich meine... ich dachte, sie wären... nun...«
Kardinal Lourdusamy kichert. »Unfruchtbar?«, sagt er. »Wie Androiden?
Nein... die Ausgeburten der KI hatten den Mann geklont. Und der Mann hat diese Tochter Evas geschwängert.«
De Soya nickt, obwohl dieses Gerede über Cybrids und Androiden sich ebenso gut um Greife und Einhörner drehen könnte, soweit es ihn betrifft.
Das alles existierte einst. Seines Wissens gibt es heute keine mehr. Pater Captain de Soyas Gedanken arbeiten auf Hochtouren, während er dahinterzukommen versucht, was in Gottes Universum dieses Geschwätz über tote Dichter und schwangere Frauen mit ihm zu tun haben könnte.
Als wollte er de Soyas unausgesprochene Frage beantworten, sagt Admiral Marusyn: »Das Mädchen, dessen Bild vor Ihnen schwebt, ist dieses Kind, Captain. Nachdem der widernatürliche Cybrid vernichtet wurde, gebar Brawne Lamia dieses Kind auf Hyperion.«
»Sie war kein vollkommener Mensch«, flüstert Kardinal Lourdusamy.
»Obwohl der Körper ihres... Vaters... des Keats-Cybrid... zerstört wurde, wurde seine KI-Persönlichkeit in einem Schrönschleifenimplantat erhalten.«
Admiral Marusyn beugt sich ebenfalls näher herüber, als wäre diese Information nur für sie drei bestimmt. »Wir glauben, dass dieses Mädchen schon vor seiner Geburt mit der Keats-Persönlichkeit in der Schrönschleife kommuniziert hat«, sagt er leise. »Wir sind ziemlich sicher, dass dieser...
Fötus... über die Cybridpersönlichkeit mit dem TechnoCore in Verbindung stand.«
De Soya verspürt den Impuls, sich zu bekreuzigen, und unterdrückt ihn.
Aufgrund seiner Lektüre, seiner Ausbildung und seines Glaubens weiß er, dass der TechnoCore die Inkarnation des Bösen war, schlicht und ergreifend die aktivste Manifestation des Widersachers in der modernen Menschheitsgeschichte. Die Zerstörung des TechnoCore war nicht nur für die in Bedrängnis geratene Kirche ein Segen gewesen, sondern auch für die Menschheit selbst. De Soya versucht sich vorzustellen, was eine ungeborene menschliche Seele durch direkten Kontakt mit diesen körperlosen, seelenlosen Intelligenzen alles lernen könnte.
»Das Kind ist gefährlich«, flüstert Kardinal Lourdusamy. »Obwohl der TechnoCore durch den Untergang der Farcaster gebannt wurde, obwohl die
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