Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung
erwachsene Frau. Ich werde verpassen... ich werde nicht sehen... sie wird sich nicht erinnern...«
»Sind Sie sicher, dass Sie keine Schmerzen leiden, M. Endymion? Ihre Vitalwerte sind turbulent.«
»Beachte es nicht, Schiff.«
»Soll ich den Autochirurgen für die kryogenische Fuge vorbereiten?«
»Bald, Schiff. Sag ihm, er soll mich schlafen lassen, während er das Bein heilt und sich um das Fieber kümmert. Ich möchte mindestens zehn Stunden schlafen. Wie lange bis zum Übergangspunkt?«
»Nur siebzehn Stunden. Er liegt innerhalb des Systems.«
»Gut«, sagte ich. »Weck mich in zehn Stunden. Und sorg dafür, dass ein Frühstück bereitsteht. Was ich bestellt habe, wenn wir auf dem Herflug
›Sonntag‹ gefeiert haben.«
»Sehr gut. Noch etwas?«
»Ja, hast du Holoaufzeichnungen von... von Aenea... auf unserer letzten Reise?«
»Ich habe mehrere Stunden solcher Aufzeichnungen gespeichert, M. Endymion. Zum Beispiel, als Sie in der schwerelosen Wasserkugel auf dem Balkon geschwommen sind. Ihre Diskussion über Religion und Vernunft.
Der Flugunterricht im zentralen Fallschacht...«
»Gut«, sagte ich. »Ruf sie auf. Ich werde sie mir beim Frühstück ansehen.«
»Ich werde den Autochirurgen nach Ihrem siebenstündigen Zwischenspiel morgen auf einen dreimonatigen kryogenischen Schlaf vorbereiten«, sagte das Schiff.
Ich holte Luft. »Na gut.«
»Der Chirurg möchte jetzt damit beginnen, Nervenschäden zu heilen und Antibiotika zu verabreichen, M. Endymion. Möchten Sie schlafen?«
»Ja.«
»Mit Träumen oder ohne? Die Medikamente können für jeden neurologischen Zustand dosiert werden.«
»Keine Träume«, sagte ich. »Jetzt keine Träume. Dafür werde ich später genug Zeit haben.«
»Nun denn, M. Endymion. Schlafen Sie gut.«
Zweiter Teil
15
Ich bin in Phari auf dem Marktplatzplateau mit A. Bettik, Jigme Norbu und George Tsarong, als ich die Neuigkeit höre, dass Pax-Schiffe und Truppen nun doch endlich auf T’ien Shan, den »Bergen des Himmels«, eingetroffen sind.
»Wir sollten es Aenea sagen«, sage ich. Um uns, über uns, unter uns wiegen sich und knarren Tausende von Tonnen Gerüst unter der Last von Menschenmassen, die kaufen, verkaufen, handeln, sich streiten und lachen.
Nur wenige haben die Nachricht von der Ankunft des Pax gehört. Nur wenige werden verstehen, was das für Konsequenzen hat, wenn sie es hören. Die Kunde stammt von einem Mönch namens Chim Din, der gerade aus der Hauptstadt Potala zurückgekehrt ist, wo er als Lehrer im Winterpalast des Dalai Lama arbeitet. Glücklicherweise arbeitet Chim Din außerdem jede zweite Woche als Bambusmonteur in Hsuank’ung Ssu, dem
»Tempel, der in der Luft hängt«, Aeneas Projekt, und er begrüßt uns auf dem Marktplatz von Phari, auf dem Weg zum Tempel. So kommt es, dass wir zu den ersten Menschen außerhalb des Hofs in Potala gehören, die von der Ankunft des Pax erfahren.
»Fünf Schiffe«, hatte Chim Din gesagt. »Mehrere Dutzend Christenmenschen. Etwa die Hälfte Krieger in Rot und Schwarz. Rund die Hälfte der verbliebenen Hälfte sind Missionare, alle in Schwarz. Sie haben die alte Gompa der Sekte Roter Hut bei Rhan Tso, dem Otternsee, beim Phallus des Schiwa gemietet. Einen Teil der Gompa haben sie zur Kapelle für ihren dreifaltigen Gott geweiht. Der Dalai Lama wird Ihnen nicht gestatten, ihre Flugmaschinen zu benutzen oder weiter als bis zum Südmassiv des Mittleren Königreichs zu reisen, aber innerhalb dieser Region hat er Ihnen freie Bewegungsmöglichkeit zugesichert.«
»Wir sollten es Aenea sagen«, sage ich wieder zu A. Bettik und beuge mich zu ihm, damit er mich durch das Gemurmel hören kann.
»Wir sollten es allen in Jokung sagen«, antwortet der Androide. Er dreht sich um und bittet George und Jigme, ihre Einkäufe zu beenden – und nicht zu vergessen, für Träger zu sorgen, die die bestellten Kabel und zusätzlichen Bonsaibambus für die Baustelle transportieren sollen –, dann schultert er seinen gewaltigen Rucksack, zurrt seine Kletterausrüstung und seinen Harnisch fest und nickt mir zu.
Ich schnalle meinen eigenen schweren Rucksack fest und steige vom Marktplatz die Gerüstleitern hinunter zur Kabelebene. »Ich glaube, auf dem Hochweg wird es schneller gehen als auf dem Laufweg, finden Sie nicht?«
Der blaue Mann nickt. Ich hatte gezögert, den Hochweg für unsere Rückreise vorzuschlagen, da es A. Bettik schwer fällt, die Kabel und Gleitbahnen mit nur einer Hand zu bewältigen. Nach unserem
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