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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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werden Ihnen Aeneas Kopf bringen.«
    Kardinal Mustafa und die anderen sprangen auf. »Setzen Sie sich!«, bellte der Großinquisitor. »Sie haben keinen Einsatzbefehl erhalten.«
    Nemes lächelte und wandte sich zur Tür.
    Alle Priester in dem Raum brüllten durcheinander. Erzbischof Jean Daniel Breque bekreuzigte sich. Admiral Wu griff nach der Flechettepistole in ihrem Halfter.
    Alles geschah zu schnell, als dass man es hätte wahrnehmen können. Die Luft schien zu verschwimmen. Eben waren Nemes, Scylla und Briareus noch an der Tür, acht Meter entfernt, im nächsten Augenblick waren sie verschwunden, und drei glänzende Chromumrisse standen zwischen den Gestalten in Schwarz und Rot am Tisch.
    Scylla schaltete Admiral Marget Wu aus, bevor die Frau ihre Flechettepistole heben konnte. Ein Chromarm schnellte vor. Wus Kopf kullerte über die polierte Tischplatte. Der geköpfte Torso stand noch einige Augenblicke, ein willkürlicher Nervenimpuls befahl den Fingern der rechten Hand, sich zu krümmen, die Flechettepistole wurde abgefeuert, zertrümmerte die Beine des schweren Tisches und zersplitterte den Steinboden an zehntausend Stellen.
    Pater LeBlanc sprang zwischen Briareus und Erzbischof Breque. Die verschwommene silberne Gestalt weidete LeBlanc aus. Breque ließ die Brille fallen und rannte ins Nebenzimmer. Plötzlich war Briareus verschwunden – und hinterließ nichts als eine leise Implosion der Luft, wo sein verschwommener Umriss vor einer Sekunde noch gewesen war. Ein kurzer Schrei ertönte aus dem Nebenzimmer, der abgebrochen wurde, bevor er richtig angefangen hatte.
    Kardinal Mustafa wich vor Rhadamanth Nemes zurück. Sie ging für jeden Schritt, den er zurückwich, einen vorwärts. Das verschwommene Feld um sie herum war verschwunden, aber deshalb sah sie nicht menschlicher oder weniger drohend aus.
    »Sei verflucht, elende Kreatur, die du bist«, sagte der Kardinal leise.
    »Komm schon, ich habe keine Angst davor, zu sterben.«
    Nemes zog eine Braue hoch. »Natürlich nicht, Eure Exzellenz. Aber würden Sie Ihre Meinung ändern, wenn ich Ihnen sagen würde, dass wir diese Körper... und den Kopf« – sie zeigte auf Marget Wus Kopf, dessen Augen gerade aufgehört hatten zu blinzeln und blind ins Leere starrten –
    »weit in das Säuremeer werfen, sodass keine Auferstehung möglich ist?«
    Kardinal Mustafa kam zur Wand und blieb stehen. Nemes stand nur zwei Schritte vor ihm. »Warum machst du das?«, fragte er mit fester Stimme.
    Nemes zuckte die Achseln. »Unsere Prioritäten haben sich vorerst geändert«, sagte sie. »Sind Sie bereit, Großinquisitor?«
    Kardinal Mustafa bekreuzigte sich und sprach hastig ein Gebet der Vergebung.
    Nemes lächelte wieder und kam näher, während ihr rechter Arm und ihr rechtes Bein zu silbernen Umrissen verschwammen.
    Mustafa sah es mit Erstaunen. Sie tötete ihn nicht. Mit Bewegungen, die zu schnell waren, um wahrgenommen zu werden, brach sie ihm den linken Arm, zertrümmerte seinen rechten Arm, trat die Beine unter ihm weg –
    wobei beide splitterten – und blendete ihn mit zwei Fingern, deren Bewegung sie stoppte, bevor sie ins Gehirn eindrangen.
    Solch brüllende Schmerzen hatte der Großinquisitor noch nicht erlebt.
    Durch sie hindurch konnte er Nemes’ tonlose und gleichgültige Stimme hören. »Ich weiß, Ihr Autochirurg im Landungsboot oder auf der Jibril wird Sie wieder zusammenflicken«, sagte sie. »Wir haben sie angefunkt.
    Sie werden in ein paar Minuten hier sein. Wenn Sie den Papst und seine Parasiten sehen, sagen Sie ihm, dass diejenigen, denen ich verpflichtet bin, nicht wollten, dass das Mädchen am Leben bleibt. Es tut uns Leid, aber ihr Tod ist notwendig. Und sagen Sie ihnen, in Zukunft sollen sie darauf achten, nur mit Zustimmung aller Elemente des Core zu handeln. Leben Sie wohl, Exzellenz. Ich hoffe, der Doc an Bord der Jibril kann Ihnen neue Augen machen. Was wir vorhaben, wird durchaus sehenswert sein.«
    Mustafa hörte Schritte, die Tür gleiten und dann Stille, abgesehen von jemandem, der unter schrecklichen Schmerzen schrie. Er brauchte ein paar Minuten, bis ihm klar wurde, dass er es war, der schrie.
    Als ich zum Tempel, der in der Luft hängt, zurückkehrte, drang erstes Licht durch den Nebel, aber der Morgen blieb dunkel, diesig und kalt. Ich war schließlich so weit aus meinem gequälten und geistesabwesenden Zustand erwacht, dass ich mehr Umsicht walten ließ, als ich die gespannten Seile hinunterkletterte, und das war gut so –

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