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Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung

Titel: Endymion - Pforten der Zeit & Die Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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sagte sie. »Nach seiner Rückkehr starb er später im Tal der Zeitgräber. In dem Gedicht steht nicht, ob er eine Stunde oder dreißig Jahre weg war. Das hat Onkel Martin nicht gewusst.«
    Ich sah sie blinzelnd an. »Was ist mit Kassad, Spatz? Hier sind die Cantos ziemlich eindeutig... der Oberst folgt Moneta in die ferne Zukunft, kämpft mit dem Shrike...«
    »Eigentlich mit Legionen von Shrikes«, verbesserte mich meine Freundin.
    »Ja«, sagte ich. Das hatte ich nie richtig begriffen. »Aber es scheint mir einigermaßen schlüssig zu sein... er folgt ihr, er kämpft, er stirbt, sein Leichnam wird im Kristallmonolith aufgebahrt, der mit Moneta seine lange Rückreise durch die Zeit beginnt.«
    Aenea nickte und lächelte. »Mit dem Shrike«, sagte sie.
    Ich machte eine Pause. Das Shrike war aus den Gräbern gekommen...
    Moneta war irgendwie mit ihm gereist... obwohl es in den Cantos eindeutig hieß, dass Kassad das Shrike in jenem gewaltigen Endkampf vernichtet hatte, war das Monster irgendwie am Leben und reiste mit Moneta und Kassads Leichnam zurück durch...
    Verdammt. Hieß es in dem Gedicht wirklich jemals explizit, dass Kassad tot war?
    »Onkel Martin musste Teile der Geschichte erfinden, weißt du«, sagte Aenea. »Er hatte einige Beschreibungen von Rachel, nahm sich aber bei den Teilen, die er nicht verstand, eine gewisse dichterische Freiheit.«
    »Hm-hmm«, sagte ich. Rachel. Moneta. In den Cantos hieß es eindeutig, dass das Mädchen Rachel, das mit seinem Vater Sol vorwärts in die Zukunft ging, als die Frau Moneta zurückkehren würde. Oberst Kassads Phantomgeliebte. Die Frau, der er in die Zukunft folgte, wo sich sein Schicksal erfüllte... Und was hatte mir Rachel ein paar Stunden zuvor gesagt, als ich vermutet hatte, sie und Aenea könnten ein Liebespaar sein?
    »Ich bin mit einem gewissen Soldaten... Mann... liiert, den du heute kennen lernen wirst. Nun, eigentlich werde ich eines Tages mit ihm liiert sein. Ich meine... Scheiße, es ist kompliziert.«
    Wahrhaftig. Ich hatte Kopfschmerzen. Ich stellte die Bierkugel weg und stützte den Kopf in die Hände.
    »Es ist noch komplizierter«, sagte Aenea.
    Ich sah zwischen den Fingern hindurch zu ihr auf. »Erklärst du es mir?«
    »Ja, aber...«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Ein andermal.«
    »Ja«, sagte Aenea und legte die Hand auf meine.
    »Gibt es einen Grund, warum wir jetzt nicht darüber reden können?«, fragte ich.
    Aenea nickte. »Wir müssen jetzt in unsere Kapsel und die Wände undurchsichtig machen«, sagte sie.
    »Echt?«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Und was dann?«, fragte ich.
    »Dann«, sagte Aenea, die von der Haftmatte emporschwebte und mich mit sich zog, »lieben wir uns stundenlang.«

25

    Nullschwerkraft. Schwerelosigkeit.
    Zuvor hatte ich diese Worte und ihre Realität nie richtig zu schätzen gewusst.
    Unsere Wohnkapsel war bis zu dem Punkt undurchlässig gemacht, an dem das strahlende Abendlicht wie durch dickes Pergament leuchtete.
    Wieder hatte ich den Eindruck, mich in einem warmen Herzen zu befinden.
    Wieder wurde mir klar, wie sehr Aenea in meinem Herzen war.
    Zuerst hatte unser Beisammensein etwas Klinisches, als Aenea mir vorsichtig die Kleider auszog, die verheilenden chirurgischen Narben untersuchte, sanft die gerichteten Rippen berührte und mir mit der Handfläche über den Rücken strich.
    »Ich sollte mich rasieren«, sagte ich, »und duschen.«
    »Unsinn«, flüsterte meine Freundin. »Ich habe dir jeden Tag ein Ultraschallbad und eines mit dem Schwamm verabreicht... auch heute Morgen.
    Du bist gründlich sauber, mein Liebster. Und ich mag die Bartstoppeln.«
    Sie strich mit den Fingern über meine Wange.
    Wir schwebten über den weichen und abgerundeten Regalen der Kabine.
    Ich half Aenea aus Hemd, Hosen und Unterwäsche. Jedes Mal, wenn sie ein Teil abgelegt hatte, kickte sie es in die Kommode der Kapsel und machte das Fiberpaneel mit dem Fuß zu, als alles verstaut war. Wir kicherten beide. Meine eigenen Kleidungsstücke schwebten noch in der Luft, die Ärmel meines Hemds gestikulierten in Zeitlupe.
    »Ich hol die...«, begann ich.
    »Nein, tust du nicht«, sagte Aenea und zog mich an sich.
    Selbst das Küssen erforderte neues Geschick in der Schwerelosigkeit.
    Aeneas Haar kräuselte sich wie eine Korona im Sonnenschein um ihren Kopf, als ich ihr Gesicht mit den Händen festhielt und sie küsste – ihre Lippen, Augen, Wangen, Stirn und wieder die Lippen. Wir trudelten langsam und streiften die glatte und leuchtende

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