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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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können. Aber sie hatte vorgesorgt. In dem Testament, das erst einige Tage alt war, hat sie auch darüber verfügt, wer das Geld für das Haus bekommen soll: eine Kirchengemeinde hier im Ort. Tja, alte Leute soll man nicht verpflanzen. Hat sich einmal mehr bewahrheitet. Irgendwie fühl' ich mich sogar ein wenig schuldig.«
    »Das ist Quatsch!« sagte Jane, die den Kessel mit Wasser gefüllt und den Gasherd entzündet hatte. »Wir brauchen uns nicht schuldig zu fühlen. Schließlich hat sie das Haus zum Kauf angeboten. Wenn nicht wir, hätten es eben andere erstanden!«
    »Gab es denn noch weitere Interessenten?« fragte ich. Ich wollte es zwar nicht so deutlich sagen, konnte mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, daß jemand freiwillig in diese Gegend zog, und dann noch in einen solch heruntergekommenen Kasten.
    »Nicht, daß ich wüßte«, entgegnete Peter. »Das Haus wurde seit einem Jahr über einen Makler angeboten. Die meisten Interessenten hat wohl der Wildgeruch in dieser Gegend abgeschreckt - und die anderen werden wohl spätestens dann abgesprungen sein, als sie sahen, wie verwahrlost das Haus ist. Wir werden eine Menge Arbeit hier reinstecken müssen. Aber wir haben ja Zeit .«
    Ich wußte, wie ernst es ihm damit war, sich hier niederzulassen. Es waren die Gegend und diese merkwürdige Stadt, die ihn von Anfang an fasziniert hatten. Vor allem die Bewohner, dieser seltsame Menschenschlag, von dem ich bislang noch kein einziges Exemplar in den regennassen Straßen gesehen hatte. Aber Peter hatte einige Andeutungen gemacht, die mein Interesse geweckt hatten und mich vermuten ließen, daß es vielleicht doch nicht allein seine Suche nach Muße und Ruhe war, die ihn hierher verschlagen hatte.
    Allen, die es hören wollten, erzählte er, daß er hier sein erstes Buch schreiben wollte. Und er schien es ernst zu meinen. Er hatte sich von der Universität, an der er Soziologie studierte, für ein Jahr freistellen lassen, um seine neuen Forschungen und Thesen zu Papier zu bringen. Ich fragte mich nur, was Jane bewogen hatte, ihm hierher zu folgen. Sie war ein typischer Stadtmensch.
    Ich schaute aus dem schmalen Küchenfenster in den verwilderten Garten, in dem offensichtlich seit Jahren niemand mehr Unkraut gejätet hatte.
    Ich glaubte ein großes schwarzes Tier in den Büschen verschwinden zu sehen. Wie ein streunender Hund hatte es ausgesehen, oder wie eine Art Wolf. Aber ich hütete mich, davon etwas zu erwähnen, denn ich wußte nicht, wie empfindlich Jane auf streunende Hunde reagieren würde. Vielleicht hatte ich mich ja auch geirrt, und es waren nur von Regen und Wind hin- und hergepeitschte Zweige gewesen.
    Während Jane den Tee zubereitete, schwiegen wir. Es herrschte mit einem Male eine bedrückende Stimmung. Der Regen draußen, dieses düstere Haus und die plötzlich gar nicht mehr so interessant erscheinende Aussicht, hier ein ganzes Wochenende mit Renovierungsarbeiten zu verbringen. Peter wollte sogar die ganze Woche bleiben, während ich mit Jane erst einmal wieder nach New York zurückfahren sollte. Wenigstens war es so geplant.
    »Ich glaube, heute ist es sowieso schon zu spät, um richtig loszulegen«, sagte Peter. »Nach dem Tee führ' ich dich hier erst mal weiter rum .«
    »Also ich kann's kaum erwarten, die alten Tapeten herunterzureißen«, sagte Jane. »Vielleicht vertreiben wir mit frischer Farbe ja auch diesen widerlichen Gestank.«
    »Ich glaube, den werden wir erst los, wenn wir alle Wände einreißen. Garantiert sind hier ein paar Leichen vergraben«, scherzte ich.
    »Der Geruch ist heute aber auch besonders schlimm«, gab Peter zu. »Bisher hatte ich ihn gar nicht so penetrant wahrgenommen, sonst hätte ich beim Preis bestimmt noch ein paar Abstriche gemacht!«
    »Vielleicht führen irgendwelche Abflüsse direkt zu den Abwässern der Kürschnerbetriebe«, meinte Jane. »Kann sein, daß es bei Regen dann besonders intensiv riecht.«
    Das Wasser kochte, und Jane goß den Tee auf.
    »Darjeeling, erste Pflückung«, sagte sie. »Aber wahrscheinlich kommt das gar nicht zur Geltung. Selbst das Wasser schmeckt irgendwie seltsam hier.«
    *
    Nach dem Tee, der unsere Stimmung wieder ein wenig hob, führte mich Peter weiter durchs Haus. Es war eine verwirrende Anzahl von Fluren, Kammern und Räumen, über drei Stockwerke verteilt. Im Erdgeschoß sah es noch am besten aus.
    »Die Besitzerin des Hauses war die letzten Jahre an den Rollstuhl gefesselt«, erklärte Peter, »also hat sie nur noch

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