Engel auf Probe (German Edition)
patschte ihm das Baby mit seinen kleinen Händchen ins Gesicht, als wollte es ihn streicheln. “Es ist das
Grand Majesty”
, sagte Reed lächelnd.
“Oh, das
Majesty!”
Erstaunt zog Reed eine Augenbraue hoch. “Warum gefällt mir nicht, wie Sie das sagen?”
Angie tat so, als müsste sie dringend einige Notizen machen, bevor sie wie beiläufig erklärte: “Keine Sorge, Mr Harding, bestimmt hat man dort den kleinen Zwischenfall längst vergessen.”
Nun wurde Reed erst recht hellhörig. “Kleiner Zwischenfall? Haben Sie etwa dort gearbeitet?”
“Ja, aber nur ganz kurz.” Angie hoffte, dass Reed nicht weiter nachhakte, und hatte Glück.
“Wegen Scratch habe ich mir überlegt, dass Joel doch an den beiden Tagen auf ihn aufpassen könnte”, sagte Reed nun.
Das lag sicher nicht in Goodenkinds Interesse, aber um Reed milde zu stimmen, erwiderte Angie: “Wenn die beiden nichts dagegen haben.”
“Ja.”
Angie wollte das Thema nicht vertiefen und fragte schnell: “Welche Garderobe soll ich mitnehmen?”
“Ein Kostüm, ein, zwei Cocktailkleider und was Bequemes für das Picknick am Samstagnachmittag. Ach ja, und einen Badeanzug.”
Bei dem Wort ‘Badeanzug’ war Angie das Blut aus dem Gesicht gewichen, und Reed war plötzlich unheimlich froh, dass er das Baby hielt. “Beim Hotel ist ein schöner See”, erklärte er dann, da er davon ausging, dass Angie irgendetwas falsch verstanden hatte. “Da können wir schwimmen, wenn das Wetter mitspielt.”
“Ich kann nicht schwimmen.”
Reed zuckte die Schultern. “Aber Sie könnten ein wenig die Beine ins Wasser baumeln lassen.”
“Bestimmt nicht.” Angie war aufgestanden und hielt den Stenoblock so fest umklammert, dass ihre Knöchel weiß hervortraten. “War’s das? Ich habe noch viel zu tun.”
Auch Reed hatte sich erhoben. “Wieso fürchtet sich denn ein Engel vor ‘nem bisschen Wasser?”
“Du wärst erstaunt, wovor ich noch alles Angst habe.” Angie warf einen Blick auf das Baby in Reeds Armen. “Zum Beispiel vor vertanen Gelegenheiten.”
“Angie, bitte …”
Aber sie hörte nicht auf ihn. “Du weißt ja gar nicht, wie glücklich du dich schätzen kannst. Dir stehen noch alle Möglichkeiten offen …”
“Fang nicht schon wieder damit an.”
Aber Angie ließ sich nicht beirren. Ihre sonst so strahlenden Augen blickten düster, als wäre die Sonne darin untergegangen. “Reed, du hast noch die Chance, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben. Ich dagegen …” Ihr versagte die Stimme. Ohne ein weiteres Wort entriss Angie Reed das Baby und barg das Gesicht am weichen Hals des Kindes.
Reed wusste nicht, was er tun sollte. Er konnte Angie einfach nicht erklären, was ihm mit Emily passiert war und wie sehr er die letzten zwei Jahre unter der Unsicherheit gelitten hatte, nicht genau zu wissen, ob Emily ihm nun ein Kind geboren hatte oder nicht. Vielleicht war irgendwo da draußen seine Tochter oder sein Sohn und wuchs ohne Vater auf.
“Du verstehst das nicht, Angie!”, brachte Reed schließlich gerade noch heraus.
“Da hast du sicher recht”, flüsterte Angie, “dass du deine Chance nicht wahrnimmst, dein Lebensglück in Form einer treu sorgenden Ehefrau zu finden, die dich liebt, werde ich wohl nie begreifen.” Dann wandte sich Angie zum Gehen, und Reed sah ihr betrübt nach, als sie endgültig den Raum verließ.
Einige Tage später war es so weit: Die Konferenz der Vereinigung amerikanischer Bauunternehmer in Chicago stand an.
“Bist du sicher, dass sie sich hier nicht mehr an dich erinnern?”, wollte Reed von Angie wissen, als sie zusammen die Lobby des
Grand-Majesty
-Hotels betraten.
Angie lächelte. “Oh, sie erinnern sich bestimmt noch an mich!”
Was für eine blöde Frage, dachte Reed daraufhin. Wer zum Teufel konnte Angie schon vergessen? Bevor Reed aber noch weiter nachhaken konnte, waren sie auch schon bei der Rezeption angelangt. Als der Mann hinter der Marmortheke Angie erkannte, wurde er kreidebleich. “Miss Makepeace!”
“Hallo, Tick, wie läuft das Geschäft?”
“Besser, viel besser.” Um den Mund des Mannes zuckte es nervös, als er fragte: “Sie bleiben doch nicht etwa hier?”
“Leider ja”, erwiderte Angie aufgeräumt. “Aber keine Sorge, diesmal lasse ich die Hände von der Sprinkleranlage.”
Der Gesichtsausdruck des Mannes entspannte sich. “Das werden die Jensons gern hören.”
“Könnten wir uns jetzt vielleicht einschreiben?”, unterbrach Reed die
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