Engel der Finsternis (German Edition)
unerträglich und von dem widerwärtigen Schwefelgeruch wurde ihr speiübel. Es stank nach verfaulten Eiern und verbranntem Fleisch.
Franzi wälzte sich würgend und hustend über das Bett und ließ sich auf den Boden fallen. Dort blieb sie liegen, zog die Knie bis unter das Kinn und verschränkte die Arme über dem Kopf.
Der Boden unter ihr bebte vom donnernden Gebrüll der Bestie. Mit einem einzigen, kraftvollen Hieb warf das Monster Balam zu Boden. Rasch drehte der sich zur Seite und sprang wieder auf die Füße.
„Meresin!“, stieß Balam heiser hervor. Seine Stimme klang ungläubig. Mit dem Auftauchen seines Widersachers hatte er nicht gerechnet.
Statt einer Antwort erhob der Dämon einen seiner mächtigen Arme und ließ ihn wie einen Baumstamm auf den Engel herabsausen. Balam vermochte zwar, den Schlag abzufangen, aber er war der ungeheuren Kraft seines Gegners nicht gewachsen. Langsam ging er in die Knie und setzte sein rechtes auf dem Boden auf, um nicht zu stürzen. Die zweite Pranke des Dämons schoss vor. Knackend schlossen sich die knotigen Finger immer enger um Balams Hals. Der ließ den Arm des Dämons los und legte all seine Kraft in einen einzigen Fußtritt. Mit voller Wucht traf er Meresin Wucht am Knie, so dass er ihn loslassen musste. Meresins rechtes Bein hing einen Moment lang seltsam verkrümmt unter dem mächtigen Körper. Dann renkte er das Knie mit einem Faustschlag wieder ein und stürzte sich erneut brüllend auf Balam.
Franzi hatte sehr wohl gehört, wie Balam seinen Gegner beim Namen nannte. Aber sie traute ihren Ohren nicht. Am ganzen Körper vor Angst zitternd, zog sie sich an der Bettkante hoch und spähte über die Strohmatratze hinweg auf die beiden Kämpfer. Sie sah Meresin und einen Dämon. Aber der Engel hatte den Dämon Meresin genannt.
„Meresin!“, schrie sie verzweifelt auf und streckte einen Arm nach ihm aus, als sie hörte, wie einer seiner Flügel brach. Der Dämon hielt den Engel unter sich auf dem Boden und schien ihn in Stücke reißen zu wollen.
Balam schrie und zappelte wie ein auf den Rücken gerollter Käfer. Meresin hatte ihm die Flügel gebrochen. Damit war er kampfunfähig geworden und hatte ebenso die Fähigkeit verloren, sich zu verwandeln oder zu regenerieren. Erbarmungslos brach Meresin ihm Arme und Beine.
Franzi heulte auf, als sie den Engel gebrochen daliegen sah. „Nein!“ Voller Verzweiflung kreischte sie laut, als der Dämon in das prasselnde Kaminfeuer fasste und ein Stück Holz herauszog. Er schlug es auf die Decke des Bettes, bis das Feuer erloschen war. Dann holte er tief Luft und blies seinen glühend heißen Atem gegen das Stück Holz. Das Höllenfeuer aus seinem Inneren brachte das Holz zum Glühen.
„Nein, Meresin! Nicht!“ Balams Augen weiteten sich vor Entsetzen. Doch Meresin stieß ohne zu zögern die Fackel in Balams Flügel. Die Federn gingen in Flammen auf und mit ihnen der Engel.
Vor Franzis Augen verwandelte sich der Engel zuerst in eine schwarze, widerwärtige Kreatur, die dem anderen Scheusal zum Verwechseln ähnlich sah, und löste sich dann in Sekundenschnelle in ein rauchendes Häufchen Asche auf.
Die Luft war erfüllt von dicken Qualmwolken, überall flogen versengte oder noch immer brennende Federn umher. Der Gestank war noch unerträglicher als zuvor, nur das Beben hatte aufgehört. Von der Wendeltreppe her ertönten Rufe und die Stimme des Burgkommandanten war zu hören. „Schneller Männer! Schneller! Folgt mir!“
Franzi blickte mit schreckgeweiteten Augen zum Dämon, der auf sie zukam. Er beugte sich über sie, öffnete seinen Mund und entblößte zwei Reihen spitzer, gelber Zähne.
„Komm mit mir!“ Seine tiefe, kehlige Stimme flößte ihr eine nie gekannte Furcht ein. „Ich tue dir nichts.“
„Nein!“ Vehement schüttelte Franzi den Kopf und kroch auf allen Vieren rückwärts, bis sie gegen die Wand stieß und nicht mehr weiter kam.
„Wir haben keine Zeit!“ Der Dämon schnappte sich Franzis Kleid, zerrte die Decke vom Bett und warf sie über das Bauernmädchen. Er wollte sicher gehen, dass sie keine Verletzungen davon trug. Zwar gelang es Meresin, die Hitze einzudämmen und zu kontrollieren. Aber noch immer strahlte sein Körper mehr Wärme ab, als sie möglicherweise ertragen konnte. Im nächsten Moment griff er nach Franzi und warf sie sich wie einen Sack Mehl über die Schulter. Mit einem einzigen Fausthieb zerschlug er den Laden vor dem Fenster. Und genau in dem Augenblick, als der
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