Engel der Finsternis (German Edition)
Getuschel der Frauen hatte sie verwirrt. Schließlich hatte Balam nie von einem Dämon gesprochen. Aber vielleicht besaß er die Fähigkeit, sich in ein solches Untier zu verwandeln. Die Gestalt von Meresin hatte er ja auch annehmen können. Warum also sollte er sich nicht in einen Dämon verwandeln können? Wichtig war nur, er hatte Franziska mit sich genommen und Meresin getötet. Die Federn ließen keinen Zweifel daran, dass Balam Erfolg gehabt hatte. Am liebsten hätte Walburga laut schreien mögen vor Glück, als sie daran dachte, dass nun endlich alles gut werden würde. Der Schutzengel ihrer Stiefschwester war tot und Franziska würde ihm noch in dieser Nacht in die Hölle folgen.
17. Kapitel
„Woher weißt du das?“ Konrad war sprachlos. Gerade eben hatte ihm der Kaplan erklärt, warum er so sicher war, dass die Federn und die Asche im Gemach der Gräfin die Überreste eines Engels waren.
„Franzi hat mir davon erzählt. Sie sagte, ein Engel namens Meresin habe sie seit einiger Zeit besucht. Er hat sich dem Mädchen als ihr Schutzengel offenbart und ihr in der ganzen Zeit beigestanden.“
„Wie lange schon?“, wollte der Graf wissen. Er fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, ein Engel könnte Zeuge seiner lüsternen Annäherungsversuche gewesen sein.
„Das weiß ich nicht.“ Hieronymus blickte angewidert auf den Grafen, der eilig einen Schluck Bier trank. Er wusste genau, was diesem durch den Kopf ging. „Aber das spielt nun auch keine Rolle mehr. Der Engel ist tot. Er hätte nie zugelassen, dass Franzi verschleppt wird. Welcher Dämon ihn getötet hat, vermag ich nicht zu sagen. Aber es muss eine Bestie von ungeheurer Macht und Stärke sein.“
Bei diesen Worten wurde sogar dem Burgkommandanten mulmig zumute. „Kann man sich gegen so eine Kreatur überhaupt verteidigen?“, wollte er wissen. „Versteht mich nicht falsch. Ich habe keine Furcht vor diesem Höllenvieh und ich würde gegen Luzifer persönlich kämpfen, wenn es sein müsste. Aber mir wäre wohler, wenn ich wüsste, wie man es besiegen kann. Einem Dämon schlägt man nicht einfach so den Kopf ab.“
Der Hausmeier wischte sich zitternd mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und hielt dem Pagen seinen Becher hin. Harald war so nervös, dass er Odilo das Bier über die Hosen schüttete. Fluchend sprang der Hausmeier auf und ohrfeigte den Pagen.
„Mäßige dich!“, befahl der Graf harsch und wandte sich Hieronymus zu. „Kann man den Dämon besiegen?“
Der Kaplan schwieg einen Augenblick. „Eigentlich schon …“
„Aber?“
„Er hat einen Engel getötet. Es muss einer der Höllenfürsten sein. Diese Dämonen sind mächtiger, als Ihr es Euch vorstellen könnt, Graf.“
Wieder wurde es still. Nur das Wimmern des Pagen war zu hören.
Konrad hatte nicht vergessen, was ihm Katharina angedroht hatte. Aus dem Grund war das Gemach des Grafen hell erleuchtet. Überall an den Wänden hatte er Fackeln anbringen und zusätzlich zum Kaminfeuer sogar zwei Dreifüße aufstellen lassen. Statt mit Kohlen hatte man die Schalen mit trockenem Holz gefüllt. Vor jedem Fenster stand eine Wache und der Zugang zur Wendeltreppe wurde von drei Männern im Auge behalten.
„Und du bist sicher, es geht nur um Franzi oder hältst du es für möglich, dass der Dämon zurückkehrt?“, wollte Konrad von Hieronymus wissen.
„Ich bin ziemlich sicher, der Dämon wollte nur Franzi haben. Der Engel hat es gewusst und sie zu beschützen versucht. Leider vergebens.“
„Aber wieso Franzi?“, mischte sich Rainald ein. „Sie ist eine Bauernmagd. Herrgott im Himmel, haben diese Ausgeburten der Hölle nichts Besseres zu tun, als über kleine Mädchen herzufallen?“ Rainald wollte schon verächtlich ausspucken, ließ es aber angesichts des Teppichs unter seinen Füßen dann doch lieber bleiben.
„Weil jemand ihn darum gebeten hat“, sagte der Kaplan mit finsterer Miene.
Konrad fiel beinahe der Becher aus der Hand. „Du meinst die Weiber? Das Wilde Heer? Glaubst du, meine Frau hat …?“
„Unwahrscheinlich“, stellte Hieronymus trocken fest. „Ich denke, der Dämon wurde von einem Menschen gerufen. Von jemandem, der einen persönlichen Groll gegen Franzi hegt.“
„Aber deswegen beschwört man doch nicht gleich die Mächte der Finsternis!“ Die Entrüstung war dem Gesicht des Burgkommandanten anzusehen.
„Das hängt ganz davon ab, wie wichtig die betreffende Person ist“, erwiderte Hieronymus und sah dabei Konrad fest in die
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