Engel der Kindheit
am Eingang ein gefülltes Sektglas entgegen und verteilten sich ungezwungen in dem weitläufigen Gartengelände. Unter den Gartenpavillons waren Stehtische aufgestellt, an denen sich die Vielzahl der Besucher aufhalten konnte, bis der festliche Teil eröffnet wurde. Geschnittene Scheiben knackigem Baguettebrot lagen in Körben, die in der Mitte der runden Tische standen.
Laue, abendliche Sommerluft, zirpende Grillen, der am noch azurblauen Himmel aufgehende Mond, während die Sonne ihre Strahlen auf das festliche Geschehen senkte, verbreiteten einen Hauch Romantik.
„Engelchen, du bist wunderschön! Aus dir ist, ohne dass ich es bemerkt habe, eine junge Frau geworden! Wo ist nur die Zeit geblieben? Ich weiß noch genau, wie ich dich in meinen Armen gehalten habe, als du zur Welt gekommen bist! Nun bist du siebzehn Jahre alt! Es ist unfassbar!“ Sentimental legte Georg den Arm um seine Tochter, die heute, an dem Tag von Philipps Abiturientenfeier, ihren Geburtstag feierte.
Auf Abstand bedacht, hielt Philipp sich nicht in ihrer Nähe auf. Etwas abseits stand er in einer Gruppe junger Erwachsener, den Arm um eine dunkelhaarige Schönheit gelegt.
„Ach, Paps, deswegen bin ich trotzdem noch die Lena, die ich immer war!“ Sanft lächelte Lena ihren Vater an, sie sah die Melancholie in seinen Augen, die sie gar nicht an ihm kannte.
„Als deine Mutter etwas über achtzehn war, habe ich sie kennen gelernt, das sind nun fünfundzwanzig Jahre her und ich liebe sie noch immer! Irgendwann wirst du einen Mann kennen lernen, der dich genauso liebt und du wirst deine eigene Familie gründen!“
Verliebt lächelte Sonja ihren Mann bei diesen Worten an, die er mit ernster Stimme hervorbrachte. Ein Meer von unterdrückten Gefühlen war deutlich darin herauszuhören.
„Paps, ich werde zuerst Veterinärmedizin studieren, bis ich daran denke, zu heiraten und Kinder zu bekommen!“ Seit Lena denken konnte, wollte sie den gleichen Beruf wie ihr Vater erlernen. Zwei Jahre musste sie noch zur Schule, dann würde sie mit ihrem Studium beginnen.
„Dann ist es ja gut! Irgendwie hatte ich heute so ein sentimentales Gefühl in mir, aber das liegt wohl daran, dass unser Großer nun ausziehen wird und du nächstes Jahr erwachsen werden wirst!“ Unter dem Stehtisch ergriff Georg die Hand seiner Frau, die ihm durch einen zarten Händedruck zu verstehen gab, dass sie ebenso, wie er, an das leerer werdende Nest dachte, das sie für ihre Kinder errichtet hatten.
Alleine trat Nils durch die offene Terrassentüre, Lena sah ihn sofort. Anscheinend war seine Mutter nicht zu seiner Abschlussfeier gekommen, obwohl er es sich so sehr gewünscht hatte.
Umwerfend sah er aus in seinem schiefergrauen Abendanzug, dem weißen, gestärkten Hemd und der felsgrauen, locker gebundenen Krawatte. Der Anzug betonte seine breiten Schultern, er war groß und schlank, muskulös, aber beinahe dünn. Gestern hatte er sich zum ersten Mal bei einem Friseur sein kaffeebraunes Haar kurz schneiden lassen. Seine Haare standen nicht wie sonst wirr um den Kopf, sondern waren ordentlich frisiert und mit Gel in Form gebracht. Die wie gemeißelten, steinharten Gesichtszüge wurden von der Kurzhaarfrisur und den Kotletten unterstrichen. Die schmale, schrägstehende Nase vollendete sein markantes und überaus interessantes Aussehen. Glattrasiert waren seine leeren Wangen, kantig stachen die Wangenknochen aus dem männlichen Gesicht hervor. Die von schwarzen Wimpern umrahmten, engstehenden Augen, sowie der schmale Mund mit den sensibel geschwungenen Lippen, erinnerten sie an einen einsamen Wolf, der alleine umherstreunte, auf der Suche nach... nach ihr!
Jede seiner Bewegungen verfolgten Lenas Augen. Seine Augen suchten sie, ein Strahlen erschien darin, als er sie erblickte. Eilig trat er zu dem Stehtisch, an dem sie mit ihren Eltern stand. Doch er hatte nur Augen für Lena.
Wunderschön sah sie aus, in ihrem weichfließenden, fliederfarbenen Abendkleid, dessen mattglänzender Stoff sie wie eine zweite Haut umgab. Allzu deutlich sah er ihre wunderschönen, kleinen Brüste und die Andeutung der sanft gerundeten Taille. Unter dem Saum blitzten die weißen Spitzen ihrer Pumps hervor. Zu einer eleganten Abendfrisur hatte sie Ihr blondes Haar hochgesteckt, einzelne, wilde Strähnen hatten sich bereits gelöst, kringelten sich an ihrem biegsamen Nacken und über ihren kleinen Ohren.
„Alles Gute zu deinem Geburtstag!“ Sacht hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange und zauberte
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