Engel Der Nacht
übermitteln, als er mit einem Satz zum Fenster sprang, es aufriss und geschickt hinaussprang.
Ich nahm drei Stufen auf einmal nach unten, hielt mich am Treppengeländer fest, flog den Flur entlang zur Küche und wählte die Notrufnummer.
Eine Viertelstunde später kam ein Polizeiwagen die Einfahrt hoch. Zitternd entriegelte ich die Tür und ließ die beiden Beamten ein. Der erste war klein und dicklich, mit blondmeliertem Haar. Der andere war groß und schlank mit Haaren, die fast so dunkel waren wie Patchs, aber über den Ohren kurz geschnitten. Auf merkwürdige Weise sah er Patch ähnlich. Mediterrane Hautfarbe, symmetrisches Gesicht, Blick mit einer gewissen Schärfe.
Sie stellten sich vor: Der dunkelhaarige Officer war Detective Basso. Sein Partner hieß Detective Holstijic.
»Sind Sie Nora Grey?«, fragte Detective Holstijic.
Ich nickte.
»Sind Ihre Eltern zu Hause?«
»Meine Mutter ist ein paar Minuten, bevor ich den Notruf angerufen habe, weggegangen.«
»Sie sind also allein zu Hause?«
Nochmaliges Nicken.
»Warum erzählen Sie uns nicht, was passiert ist?«, fragte er, verschränkte die Arme und stellte sich breitbeinig hin, während Detective Basso ein paar Schritte ins Haus hineinging und sich umsah.
»Ich bin um acht nach Hause gekommen und habe Hausaufgaben gemacht«, sagte ich. »Als ich in mein Zimmer hochging, habe ich ihn gesehen. Alles war durcheinander. Er hat mein Zimmer auseinandergenommen.«
»Haben Sie ihn erkannt?«
»Er hatte eine Skimaske auf. Und das Licht war aus.«
»Irgendetwas Auffälliges? Tätowierungen?«
»Nein.«
»Größe? Gewicht?«
Widerstrebend zog ich mein Kurzzeitgedächtnis zu Rate. Ich wollte den Moment nicht noch einmal heraufbeschwören, aber es war wichtig, dass ich mich an alle Einzelheiten erinnerte.
»Durchschnittliches Gewicht, aber ein bisschen größer als Mittelmaß. Ungefähr so groß wie Detective Basso.«
»Hat er etwas gesagt?«
Ich schüttelte den Kopf.
Detective Basso tauchte wieder auf und sagte zu seinem Partner: »Keiner da.« Dann ging er hinauf. Die Dielenbretter knarrten über uns, als er den Flur entlangging, Türen öffnete und wieder schloss.
Detective Holstijic drückte die Klinke der Eingangstür und ging in die Hocke, um den Riegel zu untersuchen. »War die Tür offen oder beschädigt, als Sie nach Hause kamen?«
»Nein. Ich habe meinen Schlüssel benutzt, um hereinzukommen. Meine Mutter hat im Wohnzimmer geschlafen.«
Detective Basso tauchte oben an der Treppe auf.
»Können Sie uns zeigen, was beschädigt worden ist?«, fragte er mich.
Detective Holstijic und ich stiegen zusammen die Treppe hoch, ich ging vor ihm durch den Flur, wo Detective Basso in meiner Tür stand, die Hände in die Hüften gestemmt, und mein Zimmer betrachtete.
Ich war wie erstarrt, während sich prickelnde Angst in meinem Körper ausbreitete. Mein Bett war gemacht. Der Schlafanzug lag sorgfältig auf dem Kissen gefaltet, so wie ich ihn heute Morgen hingelegt hatte. Die Schubladen der Kommode waren geschlossen, die Bilderrahmen standen ordentlich oben darauf. Die Truhe am Fußende des Betts war geschlossen. Der Boden sauber. Die Gardinen hingen sanft gewellt zu beiden Seiten des geschlossenen Fensters.
»Sie sagten, Sie hätten den Eindringling gesehen«, sagte
Detective Basso. Er starrte hart und durchdringend auf mich herab, mit einem Blick, dem nichts entging. Einem Blick, der erfahren darin war, Lügen zu entlarven.
Ich trat in mein Zimmer, aber es fühlte sich nicht länger gemütlich und sicher an. Da war eine unterschwellige Note von Verletzung und Bedrohung. Ich zeigte auf das Fenster auf der anderen Seite des Raums und versuchte dabei, meine Hand ruhig zu halten. »Als ich hereinkam, ist er aus dem Fenster gesprungen.«
Detective Basso schaute aus dem Fenster. »Langer Weg bis nach unten«, stellte er fest. Er versuchte, das Fenster zu öffnen. »Haben Sie es zugemacht, nachdem er weg war?«
»Nein. Ich bin runtergerannt und habe die Polizei angerufen.«
»Jemand hat es aber zugemacht.« Detective Basso sah mich immer noch mit seinem Rasierklingenblick an, sein Mund war zu einer schmalen Linie zusammengepresst.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand nach solch einem Sprung einfach so weglaufen kann«, sagte Detective Holstijic und stellte sich neben seinen Partner ans Fenster. »Da müsste man schon Glück haben, um mit einem gebrochenen Bein davonzukommen.«
»Vielleicht ist er ja gar nicht gesprungen, sondern den
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