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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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das bedeutete nicht, dass sich die Leute in der Vorstadt
daran hielten. An manchen Tagen war das Pflaster regelrecht mit Kot übersät, so
sehr, dass es buchstäblich zum Himmel stank. Deodatus hatte sich längst daran gewöhnt
und freute sich sogar insgeheim darüber. Für jede Fuhre, die er auf den Höfen oder
in den Gärten vor dem Tor ablieferte, kassierte er drei Pfennige und somit mehr
als mancher Tagelöhner in der Stadt. Was machte es da schon, wenn sie ihn Gossenschlecker,
Kackschleuder oder Schweinepriester riefen. Hauptsache, er kam über die Runden und
blieb von Ärger verschont.
    Davon, so viel stand mittlerweile fest, konnte
er am heutigen Tag nur träumen. Jederzeit bereit, wenn es darum ging, Händel vom
Zaun zu brechen, hatte der stiernackige Fuhrknecht sein Gefährt einfach stehen lassen
und schlenderte zähnefletschend auf Deodatus zu. Eine derartige Frechheit, noch
dazu von einem hergelaufenen Krüppel, würde er sich nicht bieten lassen. Schon gar
nicht, wenn die halbe Vorstadt Zeuge war. »Na schön, anscheinend willst du es nicht
anders«, zischte er und bleckte die giftgelben Zähne. »Selber schuld, du buckliges
Warzenschwein!«
    »Buckel, Schandmal, Hinkebein, wird der Deodatus
sein!«, brabbelte der Müllkärrner vor sich hin, für die Umstehenden und seinen Kontrahenten
kaum zu verstehen. Anschließend wirbelte er herum, vollführte eine theatralische
Verbeugung und riss sich mit schwungvoller Gebärde die Gugel [27] vom Kopf. »Im Namen des Hausschweins, des Köters und
des störrischen Esels – Amen! Was steht zu Diensten, Hochwohlgeboren?«
    »Falls du mich auf den Arm nehmen willst, Arschgesicht«,
knurrte der Fuhrknecht, nur noch eine Armlänge von Deodatus entfernt, »musst du
dir schon einen anderen Idioten suchen. »Glaubst du, ich lasse mir auf der Nase
rumtanzen?«
    »Selig sind die Friedfertigen, behaupten die
Pfaffen, denn sie werden ihres Nächsten Fußabstreifer sein.«
    »Habt ihr das gehört, Leute?«, ereiferte sich
der Fuhrknecht, krebsrot im Gesicht und so aufgebracht, dass ihm die Augen vor Wut
aus den Höhlen traten. »Habt ihr gehört, was dieser verkrüppelte Haufen Kuhmist
gerade von sich gegeben hat? Das ist ja wohl ein starkes Stück. Faulenzt, bettelt,
wühlt den ganzen Tag in der Scheiße herum und besitzt die Frechheit, ehrbare Bürger
auf das Schändlichste zu beleidigen. Da hört sich ja wohl alles auf.« Auge in Auge
mit dem Müllkärrner, den er um Haupteslänge überragte, zog der Fuhrknecht die Nase
hoch, blickte sich Beifall heischend um und tat im Stil eines Marktschreiers kund:
»Weißt du, was ich jetzt mit dir anstellen werde, Schweinefratze?«
    »Mist zu verkaufen, wie viel darf’s denn sein,
Hochwohlgeboren?«
    »Na warte, Missgeburt, dir werd’ ich’s zeigen.«
Schäumend vor Zorn öffnete der Fuhrknecht die Schnalle seines Gürtels, zog ihn aus
dem Hosenbund und griente den Müllkärrner siegesgewiss an. »Na, was sagst du dazu?
Dir werde ich die Flausen austreiben, wart’s ab. Ein für alle Mal. Damit du kapierst,
wo dein Platz ist, Gossenschlecker.«
    »Selig sind die Armen im Geiste, denn ihrer
ist das Narrenhaus.«
    »Das wirst du bereuen, Abschaum, so wahr sie
mich alle Humpen-Schorsch nennen. Werd’ dir eine Tracht Prügel verpassen, an der
du noch lange zu kauen haben …«
    »Gar nichts wirst du, so wahr ich Mitglied des
Zisterzienserordens bin. Lass ab von dem Mann, sonst bekommst du es mit mir zu tun!«
    »›Mann‹ – hab ich da eben richtig gehört?«,
blökte der Fuhrknecht, stieß Deodatus, den er gerade am Kragen gepackt hatte, von
sich und baute sich großspurig vor Bruder Hilpert auf. »Und mit wem hab ich das
Vergnügen?«
    »Mein Name ist Hilpert, Bruder Hilpert. So,
und jetzt pack dich von hinnen! Bevor ich es mir anders überlege.«
    »Was soll das heißen, Pfaffe?«
    »Nichts anderes, als dass ich in jungen Jahren
dem Waffenhandwerk nachgegangen bin. Lust auf eine kleine Kostprobe?«
    »Soll das etwa eine Drohung sein?«
    »Ein Rat unter Christenmenschen, wenn man so
will. Es sei denn, du lechzt danach, am Pranger zu landen. Oder nach einem Plauderstündchen
beim Stadtrichter. Du weißt doch, mit Leuten wie dir macht man kurzen Prozess!«
    »Meine Hochachtung, Bruder. Was hiesige Gepflogenheiten
angeht, scheint Ihr Euch bestens auszukennen.« Weitgehend unbemerkt hatte sich während
des hitzigen Disputs ein Reiter genähert, bei dessen Anblick die Gaffer auf der
Stelle eine Gasse freigaben. Bruder Hilpert sah es mit

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