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Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall

Titel: Engel der Rache - Bruder Hilperts fünfter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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lehnte die Tür an und tapste schwerfällig auf Bruder Hilpert zu. »Also,
das war so: Wieder zurück in meiner Zelle, fiel mir ein, dass ich etwas vergessen
hatte.«
    »Nämlich den Psalter«, ergänzte Bruder Hilpert,
dessen Geduld sich ebenfalls dem Ende zuneigte. »Lasst mich raten: Er befand sich
in der Sakristei.«
    »Langsam werdet Ihr mir unheimlich, Bruder.«
    »Zu viel der Ehre, Sakristan.« Der Bibliothekarius
rang hörbar nach Luft. »Das erklärt aber nicht, weshalb Ihr zwei Stunden gebraucht
habt, um Euer Missgeschick wettzumachen.«
    »Doch.«
    »Tatsächlich?«
    »Auf die Gefahr, dass Ihr
mir nicht glaubt: Mir war entfallen, wo ich den Schlüssel für die Sakristei deponiert
hatte.«
    »›Entfallen‹? Das ist
doch wohl nicht Euer …«
    »Und ob das mein Ernst
ist, Bruder. Kein Wunder bei der Aufregung, die der Tod unserer Gönnerin verursacht
hat.«
    »Und Euer Schlüsselbund?
Tragt Ihr den etwa nur zum Schein mit Euch herum?«
    »Mir wurde aufgetragen,
den Schlüssel zur Sakristei an einem unbekannten Ort zu deponieren. Aus Gründen
der Sicherheit.«
    »Von wem?«
    »Durch den Guardian höchstpersönlich.« Der Sakristan
hob entschuldigend die Hände. Dann fügte er in devotem Tonfall an: »Zum Glück habe
ich ihn gefunden. Unter meinem Kopfkissen.«
    »Sehe ich das richtig,
Bruder –«, brach es plötzlich aus Berengar hervor, »Ihr wollt uns weismachen, geschlagene
zwei Stunden mit der Suche nach dem verdammten …«
    »Berengar, bitte.« Um Schlimmeres
zu verhüten, tätschelte Bruder Hilpert die Schulter seines Freundes und trat bis
auf Armlänge an den Sakristan heran. »Machen wir es kurz, Bruder Clemens. Eurer
Darstellung zufolge habt Ihr Euch circa eindreiviertel Stunden nach der Komplet
auf den Weg in die Kirche gemacht, mit der Absicht, den Psalter der Heimgegangenen
zu ihr in den Sarg zu legen. Apropos – wo genau bewahrt Ihr eigentlich Eure Preziosen
auf?«
    »In einer eigens dafür
vorgesehenen Truhe. Von dort wollte ich den Psalter holen, um ihn anschließend …«
    »Wozu es, wie wir beide wissen, nicht mehr kam,
weil Euch beim Anblick des Katafalks das nackte Grauen gepackt hat, hab ich recht?«
    Der Sakristan nickte, durch Bruder Hilperts
Ton sichtlich schockiert.
    »Und Ihr Euch daraufhin schnurstracks zu Bruder
Alban begeben habt, um ihm die Hiobsbotschaft zu überbringen.«
    Der Minorit bejahte.
    »Habt Dank. Das genügt.«
    Einen Wimpernschlag standen sich der Franziskanermönch
und sein zisterziensischer Bruder noch gegenüber, der eine sichtlich geknickt, der
andere hingegen so abweisend, dass der Kustos auf dem Absatz kehrtmachte und im
Inneren der Kirche verschwand.
    »Wenn der nichts auf dem Kerbholz hat, bin ich
König Sigismund [57] !«,
verkündete Berengar lapidar. »Klarer Fall von Lügengespinst, oder?«
    »Gegenfrage: Was ist eigentlich mit dir los?«
    »Nichts, wieso?«
    »Komm schon, mir kannst
du nichts vormachen. Ärger mit Tante Jutta?«
    »Lass mich bloß mit der
in Ruhe!«, polterte der Vogt, winkte ab und stapfte wutentbrannt auf das Domizil
der Familie Wernitzer zu. Die Abdrücke zahlloser Hufe, Räder und Stiefel hatten
die Herrngasse in eine Matschwüste verwandelt, was seiner Laune nicht unbedingt
förderlich war.
    Bruder Hilpert sah es mit
Sorge, und das nicht ohne Grund. Wusste er doch genau, dass sich der Vogt nicht
so leicht unterkriegen ließ. In den vergangenen zwei Jahren hatte er dies mehr als
einmal unter Beweis gestellt und sich als wahrer Freund und Fels in der Brandung
erwiesen, immer dann, wenn er, Hilpert, mit seiner Weisheit am Ende gewesen war.
    Um eine Sorge reicher,
seufzte der Bibliothekarius gequält auf, lüpfte den Saum seiner Kukulle und beeilte
sich, mit seinem Freund Schritt zu halten. In Anbetracht der Mixtur aus Schlamm,
Abfällen und Pferdedung war dies gar nicht so leicht, und er hatte Mühe, die Balance
zu halten. »Und du willst mir wirklich nicht sagen, was dir widerfahren …«
    »Noch ein Wort über die fette alte Wachtel,
Hilpert, und ich werde dir die Freundschaft kündigen.« Heilfroh, dass Berengar seinen
Humor trotz allem nicht verloren hatte, schloss Bruder Hilpert zu dem Vogt auf,
verpasste ihm einen sanften Rippenstoß und witzelte: »Nur den Kopf nicht hängen
lassen, alter Freund, du weißt doch, wie Evas Töchter sind.«
    »Mit Betonung auf ›Töchter‹, wenn ich bitten
darf.«
    »Mit anderen Worten: Jutta von Nordenberg war
nicht die Einzige, welche dir Ungemach zugefügt hat.«
    »Stimmt.«
    »Darf man

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