Engel der Verdammten (German Edition)
Wolltest du mich strafen? Wolltest du mir zeigen, dass ich böse bin? Ja, jetzt bin ich es!«
Sie ließ ihr Opfer los und wand sich aus Peters Griff. Das Messer blieb in seiner Hand zurück.
Aletta drehte sich um. Für einen Moment dachte Sabine, sie wolle aus dem Fenster fliehen, doch dann sah sie, wie Alettas Blick die zweite Frau auf dem Bett fixierte. Sie sprangen beide, doch die Vampirin war schneller. Sie biss sofort zu. Die Frau schrie gellend auf, als Aletta ihr ein Stück Fleisch aus der Schulter riss.
»Siehst du, was ich bin? Ein Raubtier! Nein«, verbesserte sie sich, »kein Tier, das die Natur hervorgebracht hat. Ein abartiges Monster der Finsternis, das man vernichten muss.«
Wieder war es Peter, der dazwischenging und sie von ihrem Opfer trennte. Aletta schleuderte die blutende Frau in Sabines Arme, sodass beide auf dem Bett übereinanderfielen. Sabine presste einen Zipfel der dünnen Bettdecke auf die Wunde.
»Warum?«, schrie sie. »Peter ist auch ein Vampir, aber er läuft nicht durch die Nacht und ermordet arme, hilflose Frauen. Sag mir, warum tust du das? Und warum quälst du gerade jene, denen das Leben sowieso schon so übel mitgespielt hat?«
Aletta starrte Sabine verständnislos an. »Ich quäle sie nicht. Ja, ich nehme ihr Blut, weil die Gier mich antreibt, aber ich erlöse sie. Ich beende ihre Qualen, denen sie Tag für Tag ausgesetzt sind. Es ist ihr Weg aus der Sklaverei. Für sie kann es keine andere Erlösung geben.«
»Es gibt bessere Wege, diese Frauen zu befreien«, widersprach die Kommissarin.
»Ach ja? Sie der Polizei ausliefern, die sie in ihre Heimatländer abschiebt? Jeder weiß doch, dass hier in St. Pauli weit mehr Frauen unter Zwang ihren Körper verkaufen als freiwillig, und dennoch tut niemand etwas dagegen.« Aletta sah Sabine aus ihren schimmernden roten Augen an. »Finden Sie, ich hätte lieber die Täter töten sollen? Das habe ich schon einmal getan und bin zur Sühne dafür in den Tod gegangen – zumindest hatte ich das vor. Es ist doch erstaunlich, wie sehr man sich an sein armseliges Leben klammert, wenn es darauf ankommt.«
»Du hast dich selbst für diesen Weg entschieden«, beharrte Peter von Borgo. »Niemand hat dich gezwungen.«
Aletta sah ihn verträumt an. »Ja, ich war bereit, diesen Weg mit dir zu gehen, doch du hast mich belogen und betrogen. Ist es nicht so, dass ein Vampir seine Gefährtin wählt, dass er sie wandelt, um für alle Ewigkeit an ihrer Seite zu bleiben?«
»Ich habe dir nichts versprochen.«
»Nein? Dann war ich ein dummes, naives Mädchen, das sich geirrt hat. Ich dachte, du begehrst mich. Ich dachte, ich sei für dich etwas Besonderes. Doch du ziehst noch immer sie vor.«
Der Blick, den sie Sabine zuwarf, war so voller Hass, dass es sie eiskalt durchfuhr. Endlich verstand sie. Eigentlich ging es um sie, Sabine, um Peter und um Aletta und darum, für wen sich der Vampir entscheiden würde.
»Du wirst also nicht weiter morden, wenn sich Peter für dich entscheidet?«, hakte Sabine ein wenig ungläubig nach und versuchte, den Schmerz zu ignorieren, den sie bei diesem Gedanken empfand.
Wäre das nicht die beste Lösung? Die beiden Vampire gehörten zusammen, und sie würde wieder ein ganz normales Leben führen – mit ihrer Tochter, mit den Kollegen und ihren Freunden. Sie würde sich wieder unbeschwert mit Männern treffen können. Sie würde Peter mit der Zeit nicht mehr vermissen und ihn vergessen. Warum zum Teufel tat dieser Gedanke so entsetzlich weh?
Das schmerzerfüllte Stöhnen der verletzten Frau in ihren Armen riss sie aus ihren Gedanken.
In Alettas Blick glitzerte etwas, das Sabine nicht so recht zu deuten wusste.
»Mal sehen«, sagte sie. »Zuerst werde ich beenden, was ich angefangen habe.«
Sie wandte sich zur Tür, doch Peter von Borgo stellte sich ihr in den Weg. »Das wirst du nicht tun. Diese unschöne Episode endet hier. Du kommst mit mir.«
»Warum? Willst du mir ewige Treue schwören?«
»Ich lasse mich zu nichts zwingen. Merke dir das. Ich habe dir dein nächtliches Leben gegeben, und ich kann es dir auch wieder nehmen.«
»Das würdest du tun?« Nun stand eine tiefe Traurigkeit in ihrem Blick, und Sabine spürte gegen ihren Willen Mitleid mit ihr.
»Nur wenn du mich dazu zwingst. Wenn du dich mit deiner neuen Existenz abfindest und deine Nächte ohne zu morden unauffällig verbringst, dann gibt es keinen Grund, Hand an dich zu legen.«
Nun gewann der Zorn wieder die Oberhand. »Unauffällig? So
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