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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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paar Jahre lang keine Urlaubsreise machten, und wenn ihm der Sprung ins Team gelänge. Sie sagte, nein, das würden sie nie schaffen. So ging es hin und her, bis sie anfing zu weinen … und er nicht mehr wusste, was er sagen sollte. Dann war es drei Uhr früh, keiner von beiden fühlte sich besser, und er musste wirklich ins Bett. Als er heute Morgen aus dem Haus ging, war sie sehr still gewesen, wahrscheinlich war sie einfach erschöpft. Er würde sie nachher anrufen und fragen, ob alles in Ordnung sei. Vorausgesetzt, er kam überhaupt noch einmal von hier weg, was zum Teufel machte Chris so lange? In der Zeit hätte er ein üppiges Frühstück mit Toast und Bratkartoffeln verdrücken können. Ryan lehnte sich über den Beifahrersitz und sah seinen Kollegen an der Theke, wie er etwas in sich hineinstopfte. Er lächelte und setzte sich wieder zurück. Sei’s drum. Soll der Mann halt in Ruhe frühstücken. Bislang war das Funkgerät still geblieben. Dass das Verbrechen in dieser Stadt aussterben und sie alle aus Mangel an Arbeit nach Hause geschickt würden, war deswegen nicht zu befürchten. Nein, das war eher unwahrscheinlich.
    »Guten Morgen«, sagte eine Stimme.
    Ryan drehte den Kopf und sah einen Mann auf dem Bürgersteig neben dem Auto stehen. Er trug abgewetzte Drillichhosen und eine staubige graue Weste. Die Sonne stand hinter ihm. Er war gebräunt, hatte kurz geschnittenes Haar und trug eine Brille mit kleinen, runden Gläsern. Er sah aus wie ein Straßenmusikant oder ein Therapeut, der unten in Venice Beach Pilates-Kurse anbot. Keinesfalls sah er wie ein Typ aus, der das tat, was er im nächsten Augenblick tun würde. Er zog eine großkalibrige Waffe hinter dem Rücken hervor und schoss Steve Ryan damit zweimal in den Kopf.
     
    Als Nina am Tatort erschien, war die Straße bereits abgesperrt, und eine große Menschenmenge, in der Mehrzahl Zivilisten, aber auch viele Uniformierte, hatte sich angesammelt. Sie standen in Gruppen, teils mit zornigen, teils mit hilflosen Mienen, und hielten sich von der Bank fern, auf der ein großer rothaariger Uniformierter saß und auf das Pflaster starrte. Zwei weitere Uniformierte, ein Mann und eine Frau, standen rechts und links neben ihm. Die Frau hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt. Der Mann sagte etwas zu ihm. Dennoch sprach nichts dafür, dass diese wohlgemeinten Gesten dem Streifenpolizisten Peterson in irgendeiner Weise über das schlechte Gewissen hinweghalfen, das ihn quälte, weil sein Kollege mit zwei Kopfschüssen niedergestreckt worden war, während er selbst auf der anderen Straßenseite heimlich Semmeln verdrückt hatte.
    Sie parkte und überquerte raschen Schrittes die Straße. Monroe war schon am Tatort und bekam eine Predigt zu hören. Ein paar Polizisten hoben die Hand, als sie näher kam, aber sie hatte bereits ihren Ausweis bereit.
    »Nina Baynam«, stellte sie sich vor. »Vom FBI .«
    Manchmal sagte sie Bundespolizei und manchmal benutzte sie die Abkürzung, weil es doch einen Unterschied machte. Aber an diesem Morgen verfing das nicht, und seit der Sache mit Waco verschaffte auch die amtliche Bezeichnung keinen Respekt mehr. Weitere Pannen hatten allen Kritikern neue Ziele für ihre Giftpfeile geboten. Die Körpersprache der Uniformierten sendete auf allen Frequenzen nur die eine Frage aus: Was zum Teufel wollt ihr denn hier?
    Die gleiche Frage stellte sich auch Nina. Sie trat auf Monroe zu, der sich von zwei Beamten abwandte und nun rasch und ohne Präliminarien zu ihr sprach.
    »Zwei Zeugen. Der eine beobachtete den Hergang aus einem Zimmer im zweiten Stock dort drüben« – er zeigte auf die andere Straßenseite, dort stand ein schäbiges Gebäude mit verblassten Werbeschildern, die Zimmer zu verräterisch niedrigen Mieten anboten –, »und der andere war am Kaffeestand. Ryan und Peterson kommen gegen acht Uhr hier an; Peterson geht auf die andere Straßenseite hinüber und lässt Ryan allein im Streifenwagen. Ryan muss wohl eine Weile die Augen nicht aufgehabt haben. Jedenfalls sieht er den Täter nicht, einen Weißen mit Kurzhaarschnitt und Brille, athletisch gebaut, grün und braun oder braun und grau gekleidet. Der Mann kommt von hier und nähert sich dem Wagen mit einer Hand auf dem Rücken.«
    Ihr Chef wies auf die leicht ansteigende Auffahrt, die vom Parkplatz zum Eingang des Knights, eines zweistöckigen Motels, führte. »Der Täter geht hier entlang und stellt sich neben den Streifenwagen. Er sagt etwas und schießt dann

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