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Engel des Todes

Engel des Todes

Titel: Engel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marshall
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angefangen mit den Kollegen in Jimmy’s Bar. Der Barmann hatte gesagt, keiner sehe dem Typen ähnlich, mit dem er die junge Frau am Abend ihres Todes gesehen hatte. Das wusste sie schon alles, ehe sie im Lauf des Nachmittags wieder nach Hause kam. Stattdessen schauten wir uns Jessicas Nachttisch genauer an. Den sah man in der Lücke zwischen den verschwommenen Köpfen und Oberkörpern von Jessica und ihrem neuen Freund. Auf dem Nachttisch standen eine Lampe, ein billiger Radiowecker, ein Stapel Bücher, deren grellbunte Rücken auf Selbsthilfeliteratur deuteten, drei Kaffeetassen und ein kleiner Bilderrahmen.
    Nina nahm das Polaroidfoto in die Hand, auf dem das Schlafzimmer zu sehen war. »Du hast recht«, sage sie. »Da ist der Bilderrahmen nicht drauf. Und in der Wohnung habe ich auch nichts dergleichen entdeckt.« Als ich die Veränderung bemerkt hatte, hatte ich sie sofort angerufen und ihr eine Beschreibung des Bilderrahmens gegeben. Sie war zu Jessicas Wohnung gefahren und hatte dort danach gesucht. »Von wann stammt die Aufnahme?«
    »Von vor weniger als einer Woche vor ihrem Tod.«
    »Vorausgesetzt, die Datumsangabe ist richtig.«
    »Die stimmt. Das Datum für das Anlegen der Datei bestätigt das.«
    »Vor einer Woche. In der Zwischenzeit könnte sie selbst das Bild an einen anderen Platz gestellt haben.«
    »Du hast es doch nicht gefunden. Wenn man so viel Wert auf ein Bild legt, dass man es sich auf den Nachttisch stellt, dann wird man es nicht plötzlich überhaupt nicht mehr in der Wohnung haben wollen.«
    »Doch, wenn es sich um ein Foto des Exfreundes handelt.«
    »Stimmt. Aber schau mal hier.« Ich wechselte zu einer dritten Ansicht, auf dem nur der Bilderrahmen auf dem Nachttisch zu sehen war. »Das hier ist noch mehr vergrößert. Ich habe ein spezielles Programm benutzt, das den Farbwert jedes Bildpunkts nimmt, ihn mit denjenigen der angrenzenden Bildpunkte abgleicht und daraus einen plausiblen Mittelwert für die Vergrößerung des Bildes errechnet. Bei einem Bild von so schlechter Qualität sieht das Ergebnis miserabel aus, aber es zeigt trotzdem etwas Interessantes.« Ich zeigte auf die Mitte des Monitors. »Gesichtszüge kann man nicht erkennen, aber es handelt sich eindeutig um zwei Köpfe.«
    »Richtig. Jessica und ihr Ex.«
    »Das glaube ich nicht. Welche Farbe haben die Köpfe oben?«
    »Grau.«
    »Die Haarfarbe älterer Leute. Es könnten also ihre Eltern sein.«
    »Jessica hat sich vielleicht nicht oft zu Hause blicken lassen, aber bestimmt hat irgendwo in der Wohnung ein Familienfoto herumgestanden. Ein nettes Foto von Mum und Dad oder, wenn sie mit denen nicht klargekommen ist, von irgendeinem anderen Verwandten, den sie verehrte, oder eine Nichte. Irgendein Erinnerungsstück an die Familie. So sind doch Mädchen.«
    »Meinst du? Bist du hier in der Wohnung auch schon fündig geworden? Versteckt unter dem Nähzeug und den Liebesbriefen an Justin Timberlake?«
    »Nein«, gab ich zu. »Aber ich habe auch nicht wirklich gesucht. Und du bist ja auch kein Mädchen.«
    »Richtig. Nur eine Frau zum Fürchten.«
    »Nicht nur«, sagte ich. »Aber ich wollte damit lediglich sagen, dass etwas aus Jessicas Wohnung fehlt.«
    »Du meinst, der Mörder hat etwas mitgenommen?«
    »Ja. Und hier ist der Beweis.«
    Ich doppelklickte auf eine weitere Datei, eine aus dem Verzeichnis, das McCain für die Standfotos angelegt hatte. Das Bild zeigte Jessica in nicht sehr fotogener Stellung auf der Couch. Sie trug einen hellblauen Schlafanzug mit kleinen rosa und weißen Blumen. »Du sagtest doch, dass sie in einem Schlafanzug …«
    »Das ist genau der Schlafanzug. Mensch, du hast recht. Der Mörder war dort.«
    »Meiner Meinung nach hat er sie eine Weile verfolgt – in seiner Vorstellung war das wohl eine Jagd – und sich auch in ihrer Wohnung aufgehalten als Teil der Vorbereitung auf den Mord. Er nahm den Schlafanzug und ein Erinnerungsstück mit. Er hat herausgefunden oder vermutet, dass es sich bei dem Foto um Jessicas Familie handelte, und hat es an sich genommen, weil es ihr nahe stand und sie Wert darauf legte.«
    »Und sie soll das nicht bemerkt haben?«
    »Nenn mir in diesem Haus einen Gegenstand, den du jeden Tag wahrnimmst. Und sieh dir mal das Bild an: Was da alles auf dem Nachttisch herumsteht. Folglich …«
    »Und was ist mit dem Schlafanzug? Wenn der fehlte, hätte sie das doch bestimmt bemerkt.«
    »Darauf wollte ich hinaus. Der Mörder ist aller Wahrscheinlichkeit noch am Tag vor der

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