Engel für den Duke
noch immer nicht gesagt, warum du hier bist.“
Lily holte tief Luft. Sie achtete sehr darauf, nichts über ihre Gefühle zu verraten, als sie ihm von dem Duke of Bransford erzählte und wie sie ihn kennengelernt hatte, wie er sie gerettet hatte, als ihre Kutsche im Schnee umgestürzt war. Sie erzählte ihm, dass sie sich angefreundet hatten und was dem verstorbenen Vater des Dukes zugestoßen war.
„Ich hatte gehofft, du könntest ihm helfen, Onkel Jack.“
„Ach ja?“
„Würdest du vielleicht mit ihm sprechen?“
Jack lächelte. „Stell dir das vor: Jack Moran, Seite an Seite mit einem Aristokraten – einem Duke sogar! Ich werde mit ihm reden, Liebes. Du kannst mich um fast alles bitten, und ich würde es für dich tun.“
Lily streckte den Arm aus und ergriff seine Hand. „Danke, Onkel Jack.“
Aber tief in ihrem Innern wünschte sie beinahe, er hätte abgelehnt.
Nach seiner Begegnung mit Lily in der Kutsche hatte Royal das Treffen mit Chase Morgan bis zum nächsten Tag aufgeschoben. Er war zu durcheinander, zu erregt, um mehr zu tun, als nach Hause zu fahren und sich einen starken Drink einzuschenken. Den Rest des Tages und die halbe Nacht hatte er damit verbracht, sich vorzuwerfen, dass er Lily ausgenutzt hatte – wieder einmal.
Er lehnte sich in den Sitz des weniger prachtvollen, nur von zwei Pferden gezogenen Wagens zurück, den er in London meistens nahm. Er war unterwegs zur Threadneedle Street, zum Detektivbüro von Charles Morgan.
Am Vortag, als er Lily so energisch die Straße hatte hinuntergehen sehen, hatte er noch höchst redliche Absichten verfolgt. Er hatte ihr nur eine Mitfahrgelegenheit anbieten wollen, um sie vor dem Regen zu schützen. Doch als sie in seine Kutsche eingestiegen war, waren all seine guten Absichten sozusagen aus dem Fenster geflogen.
Er seufzte, während die Kutsche weiterrumpelte. Lily hatte etwas Unwiderstehliches an sich. Er wusste, sie glaubte, dass ihre schöne, lebhafte Cousine sie bei Weitem überstrahlte, doch auf ihre eigene Weise war Lily ein strahlender Stern.
Dazu kam eine Anziehung, wie er sie seit Jahren nicht – vielleicht noch nie – für eine Frau empfunden hatte, und diese Kombination war fatal. Zumindest für ihn.
Sie näherten sich dem Gebäude, einem schmalen Backsteinbau neben Applegarth’s Kaffeehaus. Das Gefährt hielt an, und Royal steig aus auf die geschäftige Straße, die den Verkehr durch das Finanzzentrum der Stadt führte. Er klopfte kurz. Morgan erschien, führte ihn hinein, und die Männer begrüßten einander.
Royal folgte dem Detektiv in ein privates Büro mit dunkel vertäfelten Wänden, einem niedrigen Tisch und zwei Ledersesseln. Dazu ein großer Schreibtisch mit zwei Stühlen davor, auf die Morgan und Royal sich setzten.
„Ich bin froh, dass Sie gekommen sind“, begann Morgan. „Ich kann ein paar interessante Dinge berichten.“
Royal straffte sich. „Und die wären?“
„Zuerst einmal ist Preston Loomis eigentlich ein Taugenichts namens Dick Flynn. Auf der Straße heißt es, seine Mutter sei eine Dirne gewesen, aber offensichtlich hat er sehr an ihr gehangen. Man munkelt, er begann seine kriminelle Karriere sozusagen, als er laufen lernte; er war ein Taschendieb und beging kleinere Diebstähle. Als er älter wurde, begann er mit illegalem Lotteriespiel. In seiner Jugend war er ein begnadeter Falschspieler und später ein Meisterdieb.“
„Mit all dem haben wir sicher genug, um zur Polizei zu gehen.“
„Unglücklicherweise ist das nicht mehr als Hörensagen. Es gibt keine Möglichkeit, das zu überprüfen. Flynn wurde nie erwischt, war nie Verdächtiger bei einem Verbrechen. Vor fünf Jahren machte er ein kleines Vermögen bei einem Juwelendiebstahl und verschwand dann. Niemand hat je wieder etwas von Dick Flynn gehört, aber meine Quellen sagen, er sei der Mann, der sich Preston Loomis nennt.“
Royal saß schweigend da und dachte über diese Information nach. „Loomis ist also eigentlich ein Verbrecher namens Dick Flynn.“
Morgan nickte. „Genau. Meine Leute sind normalerweise zuverlässig. Sie begehen keine Fehler, sonst werden sie nicht bezahlt.“
Flynn war ein übler Bursche, aber das konnte noch immer nicht bewiesen werden.
„Sie sagten, Sie wüssten noch etwas.“
„Nur, dass Flynn ein gefährlicher Mann war. Jeder, der sich ihm in den Weg stellte, war kurz darauf tot. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass sich das geändert haben sollte.“
Zorn wallte in Royal auf. Flynn
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