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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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zurückzuschieben. Ich drückte die Tür auf, gerade als Jasper anfing, gegen die Badtür zu hämmern und zu rufen, wir sollten mit erhobenen Armen rauskommen. Als wir die Straße hinuntersprinteten, hörte ich einen Knall - Jasper hatte die Tür gewaltsam geöffnet. »Kommen Sie. Machen Sie sich keine Gedanken wegen Ihres Wagens. Den können Sie später holen.«
    Ich hatte den Motor bereits angelassen, als er immer noch von der Beifahrertür aus besorgt sein eigenes Auto beäugte. Schließlich stieg er doch bei mir ein. Ich brauste die Straße hinunter.
    Auf der Lawrence Avenue regte sich in dem zaghaften grauen Morgenlicht das erste Leben. Inzwischen war es nach sechs - ich hatte das Geld länger angestarrt, als ich gedacht hatte. Die koreanischen und arabischen Händler, die es hier überall in der Gegend gab, sperrten einer nach dem anderen ihre Restaurants und Bäckereien auf. Der Verkehr war noch nicht sonderlich dicht, so daß ich die Straße hinter mir gut im Auge behalten konnte. Ich hatte nicht den Eindruck, daß Jasper uns folgte. Ganz sicher war ich mir nicht, was für einen Wagen er fuhr - als ich ihn auf dem Bildschirm gesehen hatte, war ich zu entsetzt gewesen, um auf das Fahrzeug zu achten. Vielleicht war es ein Sportcoupe gewesen, möglicherweise ein Miata.
    Am Burton Place fuhr ich nach Norden, die Foster Avenue hinauf, und schlug einen großen Bogen auf den Seitenstraßen zum Kennedy Expressway. Ich hatt e nicht das Gefühl, verfolgt zu werden. Ich nahm die Schnellstraße zur Belmont Avenue, stellte meinen Wagen aber mehrere Häuserblocks von meiner Wohnung entfernt ab. Wenn Jasper die Leute informiert hatte, die mich beobachten sollten, wollte ich ihnen zu Fuß begegnen. »Gehen Sie zu dem Haus, wo ich wohne, und sehen Sie nach, ob Sie da irgend jemanden entdecken, der zu Fuß oder im Wagen vor der Haustür herumlungert. Ich warte hier beim Diner.«
    Wie hatte Jasper erfahren, daß wir in seinem Büro waren? Vielleicht führte einer der Drähte in dem Kontrollpult auf seinem Schreibtisch zu einer weiteren Alarmanlage in dem Rosenholzschränkchen, die wiederum mit Jaspers Haus verbunden war. Mit ziemlicher Sicherheit wollte er nicht, daß die Polizei oder die Leute vom Sicherheitsdienst die Scheinchen entdeckten.
    Das Bild von Deirdre schoß mir durch den Kopf, von Blut und Hirn, die an meinem Schreibtisch klebten. Hatte sie das Geld im Verlauf ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gefunden und Jasper zur Rede gestellt? Wollte sie sich am Freitagabend in meinem Büro mit ihm treffen?
    Jasper konnte sich an fünf Fingern abzählen, daß ich hinter dem morgendlichen Einbruch steckte - schließlich hatte ich meine Fragen mit der Anmut eines Elefanten im Porzellanladen gestellt. Vielleicht ahnte er auch, daß ich Home Free im Verdacht hatte, illegale Geschäfte zu machen - wahrscheinlich glaubte er, ich wollte ihn aus der Reserve locken. Kein Wunder, daß er so verächtlich reagiert hatte, als ich ihn fragte, ob er Ken unterbringen könne.
    Ich spürte, wie die Haut an meinem Hinterkopf genau an der Stelle zu prickeln begann, wo der Baseballschläger Deirdre getroffen hatte. Warum war ich noch am Leben? Warum hatten meine Verfolger die zahlreichen Möglichkeiten, die sich ihnen bisher geboten hatten, noch nicht genutzt? Vielleicht wollten sie herausfinden, wieviel ich wußte. Nach dem heutigen Morgen würden sie nicht mehr sehr lange warten. Sobald Ken mit der Nachricht kam, daß er niemanden entdeckt hatte, dirigierte ich ihn in das Lokal und holte am Tresen ein Glas Orangensaft aus dem Kühler. Ich zwang Ken zu trinken. Sein grünlichfahles Gesicht bekam wieder eine etwas gesündere Farbe.
    Ich ging mit ihm zu einer Nische, und wir setzten uns. Barbara, meine Stammkellnerin, kam mit der Kaffeekanne zu uns herüber. Sie alberte ein bißchen herum und neckte Ken, bis jemand vom Nachbartisch sie zu sich rief. Das erste Mal seit ich Ken kennengelernt hatte, war er blind und taub für einen Flirt.
    »Für mich Eier, Barb - Eier im Glas und dazu hash browns«, rief ich ihr nach.
    »Wie können Sie bloß was essen?« murmelte Ken. »Mir ist zum Kotzen. Glauben Sie, er überprüft meine Fingerabdrücke?«
    »Ihnen ist schlecht, weil Sie die ganze Nacht aufgewesen sind und auf leeren Magen zu viele Aufregungen erlebt haben. Glauben Sie mir, Sie brauchen was zu essen.« Ich winkte Barbara an unseren Tisch zurück und brachte Ken dazu, etwas zu bestellen. »Was die Fingerabdrücke angeht - die haben Sie

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