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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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du beweisen, wie cool du bist?«
    »Jasper Heccomb hat ungefähr fünf Millionen Dollar in Hundertern in einer Schublade in seinem Büro. Findest du das nicht interessant?«
    »Bitte, das ist kein Scherz. Du kannst nicht einfach die Gesetze brechen, als würden sie für dich nicht gelten.«
    »Ich scherze nicht. Es stimmt tatsächlich. Da kommt man schon ins Grübeln.«
    »Ich frage mich bloß, wie weit du noch gehen wirst.« Erst jetzt merkte er, daß ihm der Kaffee über den Bauch tröpfelte, und suchte in seiner Jeans nach einem Taschentuch, um ihn wegzuwischen. »Ich weiß noch, letztes Jahr ist jemand hier eingebrochen und hat ganz schön gewütet. Hast du das damals sinnvoll gefunden? Oder meinst du, Sinn ergibt so was bloß, wenn du es machst?«
    »Natürlich hab' ich das nicht gut gefunden, aber ich hab' dir auch nicht die Ohren vollgejammert, oder? Wie hätte ich mir denn sonst die Information beschaffen sollen?« Er legte die Zeitung weg und setzte sich neben mich. »Hör zu, Vic, dieses Land hat Gesetze und Leute wie mich, die dafür sorgen, daß die Gesetze eingehalten werden, damit nicht jeder selbst entscheidet, wie Gerechtigkeit auszusehen hat. Ist schon schlimm genug, daß wir in dieser Stadt eine Million Schußwaffen haben und jeder zweite Arsch Revolverheld spielen kann, wenn ihm der Sinn danach steht. Wenn du glaubst, daß jemand dir Unrecht tut, solltest du vor Gericht gehen und Klage erheben. Wenn du meinst, daß Heccomb wichtige Informationen verschweigt, dann wende dich an Finch, und er besorgt einen Durchsuchungsbefehl.«
    Ich betrachtete ihn nachdenklich. »Glaubst du, das würde er? Würde er mir nicht einfach sagen, ich soll mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern? Meinst du, ein Richter würde einen Durchsuchungsbefehl erlassen, bloß weil der Typ mich ungerecht behandelt hat?«
    »Egal, Mädchen, so was kannst du jedenfalls nicht machen.«
    Ich gab ihm keine Antwort, weil ich zu müde zum Streiten war. Außerdem hatte er recht. Niemand sollte das Gesetz selbst in die Hand nehmen. Noch schlimmer: Ich hatte einen Jungen, dessen Strafe auf Bewährung ausgesetzt war, dazu ermutigt, ein weiteres Verb rechen zu begehen. Und am aller schlimmsten: Ich würde es wieder so machen, auch wenn ich wußte, daß es Unrecht war. Vielleicht war ich eine latente Psychopathin.
    Conrad legte mir, inzwischen ein bißchen weniger streng, den Arm um die Taille und zog mich zu sich heran. Ich lehnte mich gegen seine Schulter und fragte ihn, was er in der Nacht erlebt hatte.
    »Ach, das Übliche. Ich habe die Schnauze voll von dieser Selbstjustiz. Heut nachmittag geh' ich in den Park und spiel' ein bißchen Ball mit ein paar Freunden. Meine alte Mannschaft trifft sich wieder, wir wollen den jungen Spunden zeigen, daß wir auch noch was drauf haben. Vielleicht gehen Terry und ich hinterher noch auf ein Bier. Wahrscheinlich verbringe ich die Nacht bei meiner Mutter. Morgen ist Palmsonntag; da hat sie gern ihre Lieben um sich. Und was hast du vor?« »Ich werd' mich ein bißchen hinlegen.« »Und danach?«
    »Kommt drauf an, wie lange ich schlafe. Ich muß rauskriegen, wo das ganze Geld herkommt.«
    Er packte mich an der Schulter und schob mich weg, weit genug, um mir streng in die Augen schauen zu können. »Aber keine Einbrüche mehr, versprochen, Vic?« Ich streckte drei Finger in die Luft. »Großes Indianerehrenwort.« Dann lehnte ich mich wieder gegen seine Schulter und döste weg.
    »Zeit, daß du ins Bett kommst, Ms. W.« Er stand auf und zog mich ebenfalls hoch. Im Schlafzimmer schlüpfte ich bloß noch aus Schuhen und Socken, weil ich zu müde war, mich ganz auszuziehen. Conrad schnallte mein Holster ab und legte es auf den Nachttisch neben mich. Dann gab er mir einen langen Kuß, aber ich wußte nicht so recht, ob der Vergebung bedeutete oder Rückzug. Ich schlief ein, bevor er aus dem Zimmer war.
    Gegen Mittag wachte ich mit dickem Kopf auf und konnte mich nicht sofort an die Ereignisse der vergangenen Nacht erinnern. Die Hunde bellten hinter dem Haus - davon war ich aufgewacht. Ich stolperte in die Küche, um hinauszuschauen, aber sie regten sich bloß über eine Katze auf, die jetzt auf einem Zaun hockte und auf die ganze Aufregung mit gelangweiltem Gähnen reagierte.
    Ich ging wieder ins Bett, konnte jedoch nicht mehr einschlafen. Nachdem ich die schlimmste Erschöpfung überwunden hatte, wurde ich den Gedanken an Jaspers Geld nicht mehr los. Vielleicht hatte Deirdre es aus Zufall entdeckt und

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