Engel im Schacht
der Unterhaltung dabei?« erkundigte sich Murray. Sie wurde tiefrot, während ihr Blick zu der Gegensprechanlage auf ihrem Schreibtisch hinüber wanderte. Sie würde das nie zugeben, aber ich war mir sicher, daß ihre Eifersucht sie dazu getrieben hatte, das Gespräch zu belauschen, das Jasper mit Deirdre allein im Büro geführt hatte.
»Hat Blakely Gateway deshalb veranlaßt, Arcadia House etwas zu spenden?« erkundigte ich mich.
»Wahrscheinlich«, meinte sie mit einem Blick auf ihre Hände. »Ich habe nichts von dem Geld gewußt - ich meine, von dem Century-Kreditrahmen -, bis Deirdre über die Unterlagen gestolpert ist. Jasper hatte die Belege von den großen Spendern immer bei sich im Büro. Ich weiß nicht mal, wie Deirdre die Diskette gefunden hat. wahrscheinlich hat sie rumgeschnüffelt. Sie konnte die Finger nicht davonlassen. In den letzten beiden Wochen, die sie hergekommen ist, wollte sie sich immer wieder mit mir darüber unterhalten.«
Wir saßen eine Weile schweigend da. Straßengeräusche drangen schwach durch die Thermopanefenster - Kinder, die fröhlich schreiend von der Schule nach Hause liefen, hin und wieder ein Wagen, der eine Abkürzung zum Montrose Drive fuhr.
»Als Deirdre dann tot war, haben Sie nicht gedacht, daß Jasper oder seine Freunde etwas damit zu tun haben könnten, oder?«
»Nein!« platzte es so heftig aus ihr heraus, daß wir alle überrascht waren. »Sie hatten einer von ihren Lieblingseinrichtungen fünfundzwanzigtausend Dollar gespendet. Sie wollten ihren Mann zum Bundesrichter machen. Was wollte sie denn noch?« Mir fiel eine ganze Reihe von Dingen ein, die Deirdre wahrscheinlich noch gewollt hatte, aber laut sagte ich nur: »Haben Sie in letzter Zeit einen Baseballschläger hier drin gesehen?«
Überrascht über den plötzlichen Themenwechsel, antwortete Tish, ohne lange nachzudenken: »Ja. Den hat Donald Blakely mitgebracht - vielleicht vor drei Wochen. Er und Jasper haben darüber gelacht, und dann hat Jasper etwas davon gesagt, daß man noch einmal für Gantner zuschlagen müsse. Warum wollen Sie das wissen?« fügte sie verspätet hinzu.
Die Polizei hatte die Entdeckung von Fabians Baseballschläger vor der Presse geheimgehalten, aber die unmittelbar vorangegangene Erwähnung von Deirdres Tod ließ Murray den Zusammenhang erkennen. Mit blitzenden Augen wollte er etwas sagen, hielt aber gerade noch rechtzeitig den Mund und versuchte statt dessen, Tish zu einer genauen Schilderung dessen zu bringen, was an dem Tag passiert war, an dem Blakely den Schläger vorbeigebracht hatte. Als ich sie fragte, ob der Schläger signiert gewesen war, konnte sie sich nicht mehr erinnern, weil sie sich nicht für Baseball interessierte; sie wußte nicht einmal, was ein signierter Schläger ist. Murray hatte das ganze Gespräch auf Kassette aufgenommen. Das würde Finchley sicher veranlassen, noch einmal über den Haftbefehl gegen Emily nachzudenken. Tishs Aussage schloß auch Fabian als möglichen Täter aus. Schade. Aber vielleicht war er ja wenigstens ein Helfershelfer.
Nein, das war unwahrscheinlich. Blakely oder Gantner hatten den Schläger vermutlich mit der Absicht mitgenommen, Fabian den Mord an seiner Frau in die Schuhe zu schieben. Keiner von ihnen hatte damit gerechnet, daß Emily den Schläger wegnehmen würde.
»Und was sollen wir jetzt machen?« fragte mich Murray.
»Sollen wir das ganze Material zum Staatsanwalt bringen? Oder soll ich bloß einen Exklusivartikel schreiben?«
»Was meinen Sie dazu, Tish?« meinte ich.
»Fahr zur Hölle«, fauchte sie mich an.
»Gern. Aber das war keine der angebotenen Möglichkeiten.«
»Lassen Sie mir Zeit zum Überlegen. Sie können sowieso nicht alles drucken. Schließlich haben Sie nur Mutmaßungen, keine Beweise.«
Tiefe Falten durchfurchteten ihr Gesicht. Irgendwie tat sie mir leid. Sie war intelligent und hatte ihre Arbeitskraft in den Dienst einer brisanten sozialen Sache gestellt. Ihr einziges Verbrechen war es gewesen, sich in Jasper Heccomb zu verlieben. Und er machte sich einen schönen Abend, während sie sich daheim im Bett die Augen nach ihm ausweinte.
»Wir haben genügend Beweise.« Murray sprach unerwartet sanft - ihr Elend berührte ihn offenbar auch. »Können wir ihr achtundvierzig Stunden zum Überlegen geben, kleine Detektivin?«
»Nicht in der Geschichte mit dem Baseballschläger. Und in der Sache mit dem Geld? Das verschwindet nicht so schnell.«
Murray schob ihr das Telefon hin und tätschelte ihr
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