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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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vor ein paar Monaten eine Vermißtenanzeige aufgegeben hat. Sie sagt, er hat angefangen, das älteste Kind zu belästigen.«
    Terry würde bestimmt einen Anfall bekommen, weil er dachte, ich hätte ihm diese Information absichtlich vorenthalten. Die Bullen glauben einem nie, daß man etwas vergessen könnte, was sie für wichtig halten.
    Als Conrad und ich einigermaßen locker auflegten, zog ich meine Jeans an und ein Baumwollhemd im Stricklook. Vielleicht konnte Alec Gantner die Stadt dazu zwingen, einen Fabian Messenger mit Glacehandschuhen anzufassen, aber gegen mich hatte er keine Handhabe. Schließlich war ich nicht scharf auf einen Posten beim Staat.

Ein hingebungsvoller Vater
    Fabian öffnete die Tür zu seiner Villa selbst. »Ach, du bist's, Warshawski. Wenn du Deirdre sprechen möchtest - die ist tot.«
    Seine Begrüßung schockierte mich. »Das weiß ich. Ich hab' ihre Leiche heute morgen in meinem Büro gefunden. Es war schrecklich; wahrscheinlich stehst du auch unter Schock.«
    »Warum bist du hergekommen, wenn du weißt, daß sie tot ist?« wollte er wissen. »Um dich zu sehen, Fabian. Können wir reingehen?«
    Ich hätte gewettet, daß er mir die Tür vor der Nase zuschlagen würde. Aber zu meiner Überraschung trat er in den Flur zurück und ließ mich hinein. Als wir drin waren, sah er sich so unsicher um, als sei ihm das Haus fremd. Allmählich hatte ich den Verdacht, daß seine merkwürdigen Bemerkungen vielleicht von einem echten Schock über Deirdres plötzlichen Tod herrührten. »Wo sind die Kinder?« fragte ich.
    »Die Kinder? Ach so. Die sind oben bei Emily. Wolltest du sie sehen?«
    »Nein, eigentlich nicht. Aber vielleicht sollte ich doch mit Emily reden. Der Tod ihrer Mutter muß sie schwer getroffen haben.«
    »Meinst du?« Fabian sah mich erstaunt an. »Sie und Deirdre sind, glaube ich, nicht so gut miteinander ausgekommen.«
    Der Tod meiner eigenen Mutter war der Wendepunkt in meinem Leben gewesen. Ich war damals ein Jahr älter gewesen als Emily jetzt. Vermutlich habe ich mich in vielerlei Hinsicht nie ganz davon erholt. Aber wie hätte die Sache ausgesehen, wenn Gabriella so wie Deirdre gewesen wäre - eine Trinkerin, die nicht nur der Welt im allgemeinen, sondern mir im besonderen feindselig gegenüberstand? Ich versuchte mir das vorzustellen. Der Tod hätte mich nicht von ihrer Wut erlöst. Im Gegenteil - er hätte die Katastrophe noch verschlimmert, denn mein eigener Wunsch, sie loszuwerden, meine Schuldgefühle deswegen hätten mir wahrscheinlich keine Ruhe gelassen. »Hat sie denn keine Großmutter oder Tante, bei der sie bleiben könnte?« fragte ich Fabian. »Sie kann sich nicht allein um deine Söhne kümmern.«
    »Emily behält in Krisensituationen erstaunlich kühlen Kopf. Ich will nicht, daß Deirdres Mutter sinnlos hier herumhängt, und meine eigene Mutter ist schon vor Jahren gestorben. Ich kann es mir im Moment nicht leisten, Emily gehen zu lassen. Vielleicht können wir uns nach der Beisetzung noch mal drüber unterhalten.« Ich blinzelte ein paarmal, um die Realität nicht aus dem Blick zu verlieren. »Stell doch ein Kindermädchen ein, damit deine Tochter sich ein bißchen fangen kann.« »Bist du deswegen hergekommen? Um mir einen Vortrag darüber zu halten, was ich als Vater zu tun habe? Tja, du hast ja nie selbst Kinder gehabt - es sind immer die Leute, die sich nicht die Mühe gemacht haben, selber Kinder in die Welt zu setzen, die meinen, sie könnten uns arme Schweine belehren. Damit du beruhigt bist: Wir haben eine Haushälterin, aber die Jungen können sie nicht sonderlich leiden, weil sie nicht Englisch spricht. Sie wollen sie nicht als Babysitter.« »Deirdre war gestern abend bei mir im Büro.« Fabian behandelte mich mit einer solchen Mischung aus Arroganz und Vertraulichkeit, daß ich meine wichtigsten Fragen einfach nicht mit der nötigen Finesse vorbringen konnte. »Sie wollte dich dort treffen, stimmt's?«
    »Nein, Warshawski, das wollte sie nicht. Ich hatte keine Ahnung, daß sie in der Stadt war. Das habe ich erst gemerkt, als ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin. Nach einer Besprechung, die ziemlich lange gedauert hat, hatte ich eigentlich erwartet, das Essen auf dem Tisch stehen zu sehen. Statt dessen hat sie mich angeblafft und ist verschwunden. Ihr nachzujagen, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Jetzt weiß ich, daß das besser gewesen wäre - aber zu dem Zeitpunkt jedenfalls habe ich Emily heruntergerufen.«
    »Also hat Emily dir das

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