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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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dich aussagen - es würde mir Spaß machen zuzusehen, wie du einen Haken nach dem anderen schlägst. Wie bist du nur an die Professur gekommen? Hast du deine Verbindungen spielen lassen?«
    Ich sah, wie seine Hand zurückzuckte, und hob den Arm rechtzeitig, um seinen Schlag abzublocken. Dann packte ich seinen Arm und zog ihn mit einem Ruck herunter, so daß er vor Schmerz zusammenzuckte.
    »Versuch nicht, mich anzugreifen, Fabian - ich hab' das Kämpfen auf den Straßen von Chicago gelernt. Da kennt niemand den Knigge ... Ich warte vor der Tür, Emily.«
    Als ich aus dem Zimmer war, knallte Fabian die Tür hinter mir zu. Ich blieb noch ein paar Minuten im Flur, um sicherzugehen, daß er sie nicht verprügelte, hörte aber nur leises Gemurmel. Ohne schlechtes Gewissen beugte ich mich zum Schlüsselloch. Ich sah, daß Fabian neben seinen Kindern auf dem Bett saß. Zwar konnte ich nicht erkennen, was er machte, aber die Wortfetzen, die ich mitbekam, klangen mitfühlend, sogar liebevoll. Während ich zum Wagen ging, kratzte ich mir den Kopf. Ich hatte gehört, wie er seine Frau geschlagen und seine Tochter behandelt hatte, doch diese unvermutete Zärtlichkeit ließ mich an der Zuverlässigkeit meines eigenen Gedächtnisses zweifeln.
    Ich wartete fast eine volle Stunde vor dem Haus. Niemand kam heraus.

Eine Familienangelegenheit
    »Hör zu, Vic, ich will dir nicht vorschreiben, was du zu tun oder zu lassen hast. Ich möchte dir lediglich erklären, wie das Leben wirklich ist. Du meinst also, Fabian ist ein Fall für den Psychiater - nach allem, was du sagst, sollte man dem Kerl eine Zwangsjacke und ein paar Beruhigungsmittel verpassen. Aber er hat nun mal mächtige Freunde hier in der Stadt. Du hast ihn gestern abend um sechs gesehen, stimmt's? Und um neun hat Kajmowicz schon mit Finch telefoniert. Da hat jemand ziemlich schnell reagiert.«
    Ted Kajmowicz war der stellvertretende Polizeipräsident. Wenn er einen Beamten daheim anrief, konnte das die Chance seines Lebens bedeuten - oder das Ende seiner Karriere. Ich konnte mir nur vorstellen, wie nervös oder wütend oder verlegen Finchley bei dem Gedanken gewesen war, daß er meinetwegen seinen obersten Chef auf dem Hals hatte. Ich konnte es mir nur vorstellen, weil er offenbar nicht in der Lage gewesen war, mit mir persönlich darüber zu reden - er war lieber zu Conrad gegangen. Und Conrad versuchte ich nun zu erklären, warum mich das ärgerte. »Weißt du, es geht darum, daß ich deine Freundin bin, nicht eine Detektivin, mit der er sich persönlich unterhalten sollte. Ich mag's einfach nicht, wenn man mir durch meinen Lover ausrichten läßt, daß ich mich nicht so aufführen soll.«
    »Ach Baby, wir wissen doch, daß es für uns beide nicht leicht ist, alles unter einen Hut zu kriegen. Nicht nur die Geschichte mit dem Rassenunterschied, sondern auch, daß du Ama ... Privatdetektivin bist und ich für den Staat arbeite. Wenn du meinst, Finchley hätte dich persönlich anrufen sollen, klar, da hast du recht. Aber er hat einfach zuviel Angst gehabt, daß er ausflippt, wenn er direkt mit dir redet.« »Ist schon pervers, daß ich mich lieber mit dem Zorn eines Menschen auseinandersetze, als von ihm links liegengelassen zu werden.«
    Ich drehte den Kopf ein wenig und starrte zum Fenster hinaus, wo drei Jungen Räuber und Gendarm spielten. Wir saßen in Conrads Wagen vor dem Haus seiner Mutter und versuchten, uns etwas zu beruhigen, bevor wir uns dem schweren Geschütz von Mrs. Rawlings stellten.
    Conrad hatte mich am Morgen mit der Nachricht angerufen, daß Fabian Messenger einen Unterlassungstitel gegen mich beantragt hatte und ich gut daran täte, seiner Tochter nicht mehr zu nahe zu kommen. Als ich mich erkundigte, ob Finchley Messenger ernsthaft als Verdächtigen in Erwägung zog, erklärte Conrad, er könne das nicht mit mir besprechen. Natürlich hatte das die Fahrt in den Süden der Stadt nicht unbedingt angenehmer gemacht.
    »Tja, das ist wohl der Bulle in mir, der nicht will, daß eine Privatperson sich in die Ermittlungen bei einem Mordfall einmischt«, meinte Conrad. »Und der Freund in mir möchte, daß du dir nicht die Finger verbrennst an jemandem, der so gute Beziehungen hat wie Fabian Messenger.«
    Er legte mir eine Hand auf den Arm. »Ich weiß, daß du dich drüber aufregst, aber bedenke mal folgendes: Die meisten deiner Klienten sind auf die Gunst der amerikanischen Regierung angewiesen. Dein Hauptkunde Darraugh Graham macht drei Viertel seiner

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