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Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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das Chaos zu bringen. Unglücklicherweise fand ich, als ich anfing, Steuerberater anzurufen, sehr schnell heraus, daß die anderen Steuerpflichtigen in Chicago schon die gleiche Idee gehabt hatten. Der erste Termin, den ich bekommen konnte, war der nächste Sonntag, und da mußte ich doppelte Wochenendzulage zahlen. Ich dachte an meine Grundsteuererhöhung und beschloß, die Sache doch am nächsten Morgen selbst zu machen.
    Danach ging ich in die Leihbibliothek, um aus den Zeitungen vielleicht mehr Informationen über Deirdres Mutter herauszufinden. In den Nachrufen stand zwar ihr Name - Elizabeth Ragwood -, aber nicht, wo sie wohnte. Sie war auch nicht im Telefonbuch von Chicago oder den Vororten eingetragen. Ich sprach auf die Anrufbeantworter von Freunden bei den Zeitungen und bat sie um Hilfe, aber keiner rief zurück, bevor ich mich auf den Heimweg machte.
    Ich schaute kurz bei Mr. Contreras vorbei. »Ich gehe noch ein bißchen mit den Hunden spazieren: Ich möchte einen klaren Kopf kriegen und was für meinen Körper tun. Dann hole ich uns was Schönes zum Abendessen - tun wir einfach so, als wären wir Plutokraten, die Hummer essen und Champagner trinken können, wann immer sie Lust dazu haben.«
    »Nein, machen Sie lieber nicht noch mehr Schulden, Süße. Mir wäre eine Pizza oder was vom Chinesen auch recht.«
    Ich gab ihm einen leichten Kuß auf die Wange. »Überlassen Sie das ruhig mir.« Auf dem Weg vom Park nach Hause kaufte ich bei dem Lebensmittelhändler an der Fullerton Avenue Jakobsmuscheln und eine Flasche Taittinger. Während der Heimfahrt summte ich ein paar Takte eines Liedes vor mich hin, das meine Mutter immer gesungen hatte. Darin ging es um einen Fischer, der einen Wal gefangen und in eine Wanne gesteckt hatte, wo dieser nun weinte und den Fischer mit großen blauen Augen anflehte, ihn nicht aufzuessen.
    Das Lied erstarb mir auf den Lippen, als ich gegenüber von meinem Haus anhielt, denn dort stand ein Polizeiwagen, leicht zu erkennen an dem Antennenwald darauf ... Terry Finchley machte die Tür auf der Fahrerseite auf. Noch bevor er die Füße auf dem Boden hatte, war bereits Fabian Messenger auf der anderen Seite aus dem Wagen gesprungen. Ich ging mit ungerührter Miene zum Hauseingang. Wenn sie etwas von mir wollten, dann sollten sie zu mir kommen.
    »Vic!« Fabian rannte mir hinterher. »Vic, bitte - gib mir meine Tochter zurück.« Seine Stimme klang brüchig vor Kummer. Ich starrte ihn verblüfft an. Als Terry ihn eingeholt hatte, musterte er mich mit kaum verhohlenem Zorn, was mich ebenfalls überraschte. Mary Louise Neely, die hinter ihm stand, machte ein ähnlich düsteres Gesicht.
    »Was gibt's, Detective?« erkundigte ich mich. »Macht Fabian jetzt bei euch mit?« Terry verzog keine Miene. »Wir haben uns doch am Sonntag darüber unterhalten, daß du deine Finger von Emily Messenger lassen sollst. Ich dachte, du hast Conrad versprochen ... «
    Ich wurde wütend, rief die Hunde herbei, drehte mich um und marschierte ins Haus. Mitch blieb, weniger diszipliniert als seine Mutter, zurück, um die Fremden zu beschnüffeln. Als er sah, daß ich die Tür einfach zumachte, jaulte er empört auf. Er sprang daran hoch und versperrte so Finchley und Fabian vorübergehend den Weg.
    Mr. Contreras eilte in den Flur. Natürlich hatte er von seinem Wohnzimmer aus gesehen, was sich da draußen tat. Jetzt hastete er die paar Stufen zur Tür hinunter. Ich fiel ihm ins Wort, als er mich fragte: »Was ist denn los, Süße?« und rief nur: »Ich laufe rauf in meine Wohnung und schließe mich ein. Warten Sie bitte damit, Mitch reinzulassen, bis Sie hören, daß ich oben die Tür zugemacht habe? Wenn Finchley mit mir reden will, braucht er einen Durchsuchungsbefehl.«
    Ich war schon fast im ersten Stock, als ich meinen letzten Satz beendete. Mr. Contreras lief mir, beunruhigt, weil er nicht verstand, was los war, nach, als das Hämmern an der Tür begann. Mitch knurrte, wütend darüber, daß er nicht hereingelassen wurde, so laut, daß Mr. Contreras' besorgte Fragen nicht mehr zu hören waren. »Geben Sie mir dreißig Sekunden«, rief ich dem alten Mann noch zu. Dann rannte ich die Treppe, immer zwei Stufen auf einmal, hinauf. Nur Sekunden nachdem ich alle Riegel vorgeschoben hatte, hämmerte Terry an meine Tür. Ich ging erst mal ins Bad, um mich ein wenig frisch zu machen. Gern hätte ich geduscht - schließlich hatten sich die Hunde und ich ziemlich verausgabt -, aber nicht mal ich war

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