Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engel im Schacht

Engel im Schacht

Titel: Engel im Schacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
kaltschnäuzig genug, um mich nackt unter die Dusche zu stellen, während die Bullen draußen vor meiner Tür aufmarschierten.
    Meine Wohnungstür ist stahlverstärkt. Terry würde die Schlösser rausschießen müssen, um reinzukommen. Zwar war er nicht der Typ dazu, aber ich wollte mich trotzdem so schnell wie möglich wieder anziehen.
    Mit Jeans und Pullover bekleidet und mit einer Jacke in der Hand - für den Fall, daß man mich so schnell in die Stadt brachte, daß ich mir keinen Mantel mehr schnappen konnte -machte ich die Tür mit der Kettensicherung einen Spaltbreit auf; durch die Stahlverstärkung ist es unmöglich, sich bei geschlossener Tür zu unterhalten. Jetzt war sie gerade so weit auf, daß wir miteinander reden konnten, aber nicht weit genug, daß jemand einen Pistolenlauf durch den Spalt hätte schieben können. »Was willst du, Terry?«
    »Mach die Tür auf, Warshawski. Das ist kein Scherz. Ich habe einen Haftbefehl gegen dich, weil du dich nicht an dein Versprechen gehalten hast, Fabian Messengers Tochter nicht mehr zu belästigen.«
    »Was ist denn passiert? Hat sie sich etwa in meine Gedanken eingeschlichen?«
    »Ich hab' dir doch schon gesagt, daß das kein Spiel mehr ist. Wenn du meinst, Conrad würde dich schützen ... «
    »Ich hab' keinen Mann mehr gebeten, mich zu beschützen, seit mein Daddy damals mit mir an den Schlägertypen in der Schule vorbeigegangen ist. Wenn du mir nicht mit einfachen und höflichen Worten erklären kannst, was eigentlich los ist, garantiere ich dir, daß ich dich noch vor den Zehnuhrnachrichten zum Gespött der Stadt mache. Dann kannst du sehen, was der stellvertretende Polizeipräsident dann noch für deine Karriere tut.«
    Ich konnte Fabian zwar nicht sehen, aber ich konnte ihn jammern hören. Den Tränen nahe flehte er mich an, ihm etwas über Emily zu sagen. Terry wandte den Kopf von der Tür ab.
    »Tut mir leid, Sir; ich weiß, daß Sie sich Sorgen machen, aber könnten Sie bitte einen Augenblick still sein?« Als Fabian sich ein wenig beruhigt hatte, wandte sich Finchley wieder mir zu. »Mach's nicht noch schlimmer, als es schon ist, Vic. Ich habe einen Haftbefehl gegen dich. Und wenn ich deine Tür aufbrechen muß, um meine Pflicht zu tun, mache ich das auch.«
    »Dann mußt du sie eben aufbrechen, denn ich werde sie jetzt zumachen. Aber während du die Schlösser rausschießt, rufe ich die Medien und meinen Anwalt an.« Durch den Spalt sah ich Terrys zusammengepreßte Lippen. Ich dachte schon, ein Showdown ließe sich nun nicht mehr vermeiden, als Mary Louise Neely, die hinter Fabian stand, die Hand ausstreckte und Finchley mit den Fingern auf den Arm tippte. Die beiden zogen sich zurück, so daß ich sie nicht mehr sehen konnte, und Fabian trat dafür näher an die Tür. Er wollte sich auf einen Handel einlassen, dafür sorgen, daß der Haftbefehl aufgehoben würde, wenn ich Emily sofort herausrückte, aber der größte Teil seines Angebots ging im Bellen der Hunde unter.
    Na großartig. Mr. Contreras hatte also beschlossen, mir zu Hilfe zu eilen. Einen Augenblick fühlte ich mich versucht, mich einfach durch die Hintertür zu verdrücken. Nicht nur aus dem Viertel, sondern auch aus der Stadt, aus meinem Job, aus dem ganzen dämlichen Chaos meines Erwachsenenlebens. Statt dessen machte ich die Tür auf und ließ die Horde herein.
    Als ich endlich die Hunde beruhigt hatte, wandte ich mich an Finchley. »Würdest du mir vielleicht freundlicherweise erklären, was eigentlich los ist, bevor du mir Handschellen anlegst?«
    Seine schwarzen Augen funkelten wie glühende Kohlen. »Es geht um Emily Messenger, Vic. Wo steckt sie?«
    »Ich bin keine Hellseherin, Terry. Such dir ein Medium, wenn du jemanden brauchst, der diese Frage auf die Schnelle beantworten kann.«
    »Sie wird seit gestern nachmittag vermißt. Messenger meint, du wüßtest, wo sie ist.« »Messenger ist ganz schön dumm.« Ich war zu wütend, um entgegenkommend zu sein. Mary Louise Neely räusperte sich. »Wann haben Sie Emily das letzte Mal gesehen - mit ihr gesprochen?«
    »Wenn wir uns gleich so unterhalten hätten, hätten wir uns eine Menge Ärger ersparen können. Ich habe seit Samstagabend keinerlei Kontakt mehr mit Emily Messenger gehabt. Ich habe nicht mit ihr geredet, sie nicht gesehen, nicht mit ihr telefoniert, ihr nicht geschrieben, kein Fax oder Telegramm geschickt... habe ich irgendwas vergessen? Wenn sie Fabian abhanden gekommen ist, muß er selber überlegen, wo sie stecken

Weitere Kostenlose Bücher