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Engel sterben

Engel sterben

Titel: Engel sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Ehley
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tot, tot, das Wort knallt durch ihren Kopf wie ein Bumerang. Am liebsten würde sie ein Geständnis aus dem Zauberer herausprügeln. Er hatte die Gelegenheit und das Motiv, jedenfalls, wenn man annimmt, dass die lebenslange Beschäftigung mit kleinen Kindern eine bestimmte Deformation der Seele verursacht. Oder voraussetzt. Doch halt. Dann müsste auch jede Erzieherin irgendwann zur Furie werden. Oder trifft es nur Männer? Aber es gibt doch auch hingebungsvolle Erzieher, die nicht gleich zu Triebtätern mutieren. Langsam, Frau Kommissarin, ruft sich Silja zur Ruhe, ganz langsam jetzt. Nur nichts verderben.
    »Die letzten Tage: Das ist genau unser Stichwort«, setzt sie mit kaum merklich zitternder Stimme nach. »Wie haben Sie die eigentlich verbracht? Die Kindergärten auf der Insel sind ja seit Freitag geschlossen.«
    »Was soll ich schon gemacht haben? Ich war am Strand und hab mir die Sonne auf den Pelz brennen lassen.«
    »Wo genau waren Sie am Strand?«
    »Mal hier, mal dort. Wollte ja die Insel kennenlernen.«
    »Sie haben nicht zufällig einen Strandkorb gemietet?«
    »Nein.«
    »Oder Bekannte getroffen?«
    »Nein.«
    »Also gibt es niemanden, der sich an Sie erinnern wird.«
    »Vermutlich nicht. Bin ja nicht im Zaubererkostüm über die Insel getourt, sondern inkognito, wenn man das mal so ausdrücken möchte.«
    »Inkognito.«
    Bastian, der bisher geschwiegen und seiner Kollegin das Feld überlassen hat, lässt das Wort auf der Zunge zergehen, wobei er einen langen Blick mit Silja tauscht. Täuscht er sich, oder liegt da etwas Ungewohntes in ihren Augen? Trauer? Angst? Ihre Stimme ist jedenfalls klar und sachlich.
    »Herr Menek. Wir würden gern wissen, was Sie am Mittwoch der letzten Woche nachmittags und abends gemacht haben. Die gleichen Informationen brauchen wir über den Freitag zwischen fünf und sechs am Abend und über den Samstag, identische Uhrzeit.«
    Lothar Menek bleibt stumm. Dann lässt er seinen Blick ungläubig zwischen Silja und Bastian hin und her wandern.
    »Sie glauben jetzt aber nicht wirklich, dass ich etwas mit den verschwundenen Mädchen zu tun habe?«
    »Wir glauben gar nichts, Herr Menek. Wir hätten nur gern diese Informationen von Ihnen«, antwortet Bastian kühl.
    Menek schluckt. Bastian beobachtet mit konzentrierter Miene, wie der stattliche Adamsapfel des Zauberers auf- und dann wieder abwärts wandert. Anschließend räuspert sich der Verdächtige ausgiebig. Als er zu reden beginnt, ist seine Stimme leise, aber gefasst.
    »Also, ich war’s nicht. Ich verstehe natürlich vollkommen, dass Sie jeder Spur nachgehen müssen. Und wie Ihre beiden Kollegen mir ja schon erklärt haben, bin ich nun mal unglücklicherweise zweien der Mädchen begegnet, kurz bevor sie verschwunden sind.«
    »Entführt wurden«, verbessert ihn Silja streng.
    »Entführt wurden, ja klar. Also, das tut mir natürlich sehr leid, aber ich fürchte, ich kann Ihnen da gar nicht weiterhelfen.«
    »Das zu beurteilen, können Sie ruhig uns überlassen. Beantworten Sie einfach nur die Frage meiner Kollegin«, unterbricht ihn Bastian.
    »Ja, wenn das so einfach wäre, Herr Kommissar. Sie wissen doch bestimmt auch nicht mehr, was Sie letzte Woche so getrieben haben.«
    »Doch, weiß ich. Ich habe nach einem Kindesentführer gefahndet.«
    »Jetzt seien Sie mal nicht so humorlos. Sie wissen ganz genau, wie ich das gemeint habe.«
    »Was wir wissen oder nicht, das sollten Sie besser uns überlassen. Wie wäre es endlich mit einer Antwort auf die Frage meiner Kollegin.«
    »Okay, ich versuch’s. Also, lassen Sie mich mal nachdenken. Dienstag, haben Sie gesagt …«
    »Mittwoch«, verbessert ihn Silja mit einer Stimme, die mühelos Eisberge in hauchfeine Scheiben schneiden könnte.
    »Mittwoch, ja klar. Also Mittwoch, da hatte ich den Auftritt in List – oder war das am Donnerstag? Jetzt wäre natürlich mein Kalender hilfreich. Aber der liegt leider noch in der Pension
Stranddüne
. Ihre Kollegen hatten es ja sehr eilig damit, mich herzuverfrachten. Also, ich will mich ja nicht beschweren, aber …«
    »Herr Menek!«
    »Okay, ich überleg ja schon. Also, Mittwoch war ich in List. Das ging bis 15 Uhr etwa, danach bin ich zum Hafen. Hatte einen fetten Garnelenspieß und ein paar Glas Riesling bei
Gosch
. Danach war ich dann noch in ein oder zwei Bars. Aber wo die jetzt genau waren oder wie die hießen, das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.«
    »Sie sind am Abend aber allein in Ihre Pension

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