Engel und Dämonen: Kriminalroman (German Edition)
gewechselt hat …“
„Jetzt, wo du es sagst: Genau so etwas hab ich mir auch gedacht … na das wird eine Lauferei werden, das herauszufinden …“
„Da müsstest du wahrscheinlich bis nach Frankreich laufen … und ohne Französisch jemanden mit dem Allerweltsnamen Jean Plier finden … fast unmöglich …“
„Absolut richtig … da stößt man eher noch auf eine Videoaufnahme von einer Tankstelle auf der Inntalautobahn, die einen hochrangigen Kriminalpolizisten beim Tanken und Zigarettenkaufen zeigt …“ Sigrist nahm ein Foto aus seiner Mappe und reichte es Bergmann.
Bergmann starrte auf das Bild, das tatsächlich Schäfer an der Kassa einer Tankstelle zeigte. Datum und Uhrzeit: 30.5. – 19:32.
„Woher hast du das?“
„Tankstellenpächter kenne ich viele noch von früher … dort ist immer viel Falschgeld aufgetaucht … ich habe Schäfers Bild herumgeschickt und Glück gehabt …“
„Ein bisschen viel Glück für meine Erfahrung“, sagte Bergmann skeptisch.
„An jemanden, der eine Waffe sichtbar unter dem Jackett trägt, erinnert man sich besser …“
„Der Depp … in welche Richtung ist er da unterwegs?“
„Westen …“
„Schweiz vielleicht“, murmelte Bergmann, den das erste Lebenszeichen seines Vorgesetzten seit über einem Monat in eine Art Schreckstarre versetzte, die er nicht zu bezwingen wusste. Sein Handy läutete. Martin? Ach ja, sein Vorwand, um verschwinden zu können im Falle dass. Gemeiner Köder. Martin hing am Haken. Und Bergmann ließ die Leine los. Jetzt nicht. Ich rufe später zurück. Nein, jetzt geht es wirklich nicht.
„Freundin?“, fragte Sigrist verständnisvoll.
„Ex“, antwortete Bergmann.
„Exfrau oder -freundin … wenn ich fragen darf …“
„Freund.“ Scheiß drauf. „Macht das einen Unterschied?“
„Weiß nicht … vielleicht“, antwortete Sigrist und lächelte.
39.
Obwohl Bergmann so gut wie keine Ahnung vom Ausbildungsstand und der Ausstattung der vietnamesischen Polizei hatte, entstand in seinem Kopf beim Betrachten der Bilder, die am Morgen in seinem Postfach gelegen waren, sofort folgende Szene: Zwei junge Männer – wahrscheinlich Fischer – stehen in kurzen Hosen und Fußballtrikots an einem Sandstrand, lehnen an ihren Booten, rauchen und kommentieren wortreich den Fang, der sich bei Tagesanbruch im Netz eines der beiden verheddert hatte.
„Mein Opa hat immer gesagt: In seiner Schönheit ist das Meer wie eine jungfräuliche Bauerntochter aus dem Schoße der Provinz S ơ n La. Doch wenn du es nicht ernst nimmst und seine Stärke unterschätzt, dann übertrifft es diese noch an Grausamkeit …“
„Ich war noch nie in S ơ n La … mein Vater hat gemeint, dass die schönsten Frauen Vietnams aus Cà Mau kommen …“
„Ja, was glaubst du, warum? Weil ihn sein Esel nie weiter getragen hat als bis zur Hütte deiner Mutter …“
„Hört auf mit euren kindischen Scherzen“, werden die beiden von einem Polizisten ermahnt, der dabei ist, die aufgedunsene Leiche zu untersuchen, auf die sich inzwischen die Fliegen stürzen. „Habt Respekt vor den Toten.“
„Wenn Sie mich fragen, hat er zu viel Whisky gehabt und …“
„Dich fragt niemand, du Tölpel!“, der Polizist richtet sich auf und klopft sich den Sand von der khakifarbenen Uniform. „Habt ihr den hier schon mal gesehen?“
„Weiß nicht, vielleicht …“
„Die sehen alle gleich aus“, sagt der jüngere der beiden Fischer, „die schwimmen hinaus und wissen nicht, was machen, wenn die Kwonga sie holen will …“
„Was redest du da …“
„So hat mein Opa die Frau genannt, die in der Strömung lebt … wenn du dich ihr widersetzt, bist du verloren …“
„Aber wenn sie eine Zeitlang mit dir spielen darf, gibt sie dich wieder frei“, ergänzt der subalterne Polizist, der am Rande der Dreiergruppe steht und in ein Notizbuch schreibt, was sein Vorgesetzter ihm aufträgt.
„Genau … so ist sie, die Kwonga“, fügt der vielleicht achtzehnjährige Fischer mit weisem Kopfnicken an.
„Ihr seid Idioten … primitive Provinzler“, sagt der Kommissar ohne jede Verachtung in der Stimme, holt eine Kamera aus seiner Hosentasche und schießt ein paar Fotos von der Leiche, wobei ersichtlich wird, dass er mit der digitalen Technik und dem Blick auf das Display statt durch den Sucher noch nicht wirklich vertraut ist. Die beiden Fischer beginnen hinter vorgehaltener Hand zu kichern, worauf der Polizist sie anfährt: „Soll ich euch mitnehmen aufs
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