Engelsauge - Die Jagd beginnt (German Edition)
...«
Ich schaute mir mit besonders viel Ruhe seine Notizen und Ausdrucke an und ich war, das musste ich zugeben, wirklich beeindruckt. Und überrascht. Er hatte es seit Rubens Tod tatsächlich geschafft, sich mit seinem Cousin in die Polizeiakten zu hacken und kam somit an die Akte von Ruben. Dort gab es Bilder, an die ich mich mehr als gut erinnern konnte und die ich ihm lieber erspart hätte. Jetzt wunderte mich sein komisches Verhalten wirklich nicht mehr. Es gab ziemlich genaue Aufzeichnungen über die ganzen Verletzungen, sowie einiger Vermutungen, wer oder was das getan haben könnte. Zu guter Letzt zeigte mir Patrick einige Seiten über Tiere, die diese Verletzungen und somit den Tod von Ruben möglicherweise zu verantworten hatten. Er hatte tatsächlich zehn Tiere gefunden, darunter Löwen oder Bären, sogar Wölfe oder genmanipulierte Ratten waren dabei, aber eine Seite war von den Mantikoren.
Mein Atem setzte einfach aus und ich suchte krampfhaft nach einem Ausweg, wie ich ihn von alledem wegkriegen konnte, denn ich wusste mittlerweile, dass ihn absolut nichts mehr davon abhalten konnte, Rubens Mörder zu finden, selbst wenn es sich um Tiere handeln würde, die es eigentlich gar nicht geben sollte. Und damit würde er sich der schlimmsten Gefahr überhaupt ausliefern. Das konnte ich nicht zulassen.
»Also? Enya?«
»Oh, entschuldige. Ich, ich war nur überrascht, was du alles herausgefunden hast und ... also, mal ehrlich, Patrick. Ein Tier, klar. Aber ein Fabeltier? Diese Mantikore gibt es doch gar nicht.«
»Schon möglich, aber woher willst du das wissen?«
»Hier steht, dass sie, wenn überhaupt, aus dem indischen Dschungel kommen und der ist nicht gerade um die Ecke.«
Er klopfte nervös mit seinen Fingern auf die Tischkante.
»Enya, ich hab da so ein Gefühl. Diese Verletzungen von Ruben passen nicht auf einen Löwen oder einen Bären, einen Wolf oder sonst einem Tier, das sich in unseren Wald verirrt hat. Mehrere zusammen von ihnen vielleicht, aber das ist auszuschließen.«
Ich musste an Rubens Leichnam denken und wie er dort im Forest Hill lag. Sein aufgerissener Bauch und sein abgetrenntes Bein ..., plötzlich überkam mich wieder diese Übelkeit und ich musste mich sehr beherrschen, nicht einfach davonzulaufen.
»Du denkst es also auch?« Patricks plötzlicher Optimismus ließ mich sofort aus meinen Gedanken hochschrecken.
»Was?«
»Ich sehe es dir ganz genau an. Du denkst genau dasselbe, wie ich es tu.«
»Nein, nein. Ich, also, ich hatte nur darüber nachgedacht, ob es sein könnte ...« Ich schaute ihn an und in seinen Augen spiegelten sich alle Gefühle dieser Welt wieder, sodass es mir noch schwerer fiel, ihn anzulügen. Er hatte es perfekt gemacht und ganz allein war er den Mantikoren auf die Schliche gekommen. Er schien auch nicht überrascht zu sein, dass es so etwas Außergewöhnliches tatsächlich geben könnte. Ich fragte mich, wie er wohl auf die Geschichte mit Vampiren und mir als Halbengel reagierte. In diesem Moment fasste ich einen Entschluss.
»Also schön, Patrick. Du willst die Wahrheit wissen und hören, was ich denke?« Er nickte freudig und angespannt.
»Ja, es waren Mantikore, die Ruben das alles angetan haben und ihn somit auch getötet haben. Ich habe ihn sogar gefunden und glaube mir, das ist noch einmal anders, als sich nur diese beschissenen Fotos anzuschauen. Also ja, ich will diese Scheißdinger auch kriegen, denn sie haben nicht nur Ruben, sondern auch Alice auf dem Gewissen und sie werden sich nicht noch einen holen. Dafür werde ich sorgen!«
Ich holte tief Luft und mir ging es gut. Ja, ich hatte kein schlechtes Gewissen mehr ihm gegenüber, keine Lügen mehr, nur die reine Wahrheit - zumindest fast die Ganze. Patrick schaute mich an, während ich mich noch in der Wahrheit sonnte, völlig überrascht und schien keine Worte mehr übrig zu haben. Er saß mir wie versteinert gegenüber und rührte sich ein paar Minuten nicht. Was nicht verwunderlich war, denn mit dieser Offenbarung hatte er nicht mehr gerechnet. Plötzlich zuckte er kurz zusammen und prasselte mit der vorherigen Leidenschaft wieder auf mich ein.
»Meine Güte, das ist fantastisch. Also nicht so fantastisch, aber ich bin nicht mehr allein und du glaubst mir. Du glaubst mir wirklich, oder?«
»Patrick!« Ich rief seinen Namen etwas zu laut und zu bestimmt, aber es erfüllte seinen Sinn. Er wurde wieder ruhiger und schaute mich jetzt ganz ruhig aus seinen Augen an. Jetzt erinnerte er
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