Engelsauge-Nacht des Todes (German Edition)
und blinkenden Lichtern, doch als ihr
Blick auf Stewarts Gesicht fiel, vergaß sie auf der Stelle
alles Andere um sich herum.
Enya stand nun direkt auf Kopfhöhe an der rechten
Bettseite. Er war so blass oder kam das nur durch das
Licht? Eingefallene Wangenknochen, tiefe schwarze
Augenringe und in den Haaren konnte man noch etwas
Dreck erkennen.
Tränen traten in ihre Augen und als sie diese kurz
zusammen kniff, rollten sie auch schon ihr Gesicht
hinunter. Mit dem Handrücken wischte sie sich schnell
über ihr Gesicht. Sie konnte ihren Blick nicht von diesem
Gesicht lassen. Er wirkte so schwach, so zerbrechlich.
Er. Stewart Jonsens, der sonst immer selbstbewusst und
stark durchs Leben ging, ohne Angst zu zeigen.
Enya hatte nicht mitbekommen, wie Jadon ins Zimmer
gekommen war. Erst als er direkt neben ihr stand,
schaute sie ihn ganz kurz an, ehe ihr Blick wieder auf
Stews Gesicht fiel.
Auch für Jadon war der erneute Anblick nicht einfach,
besonders deshalb, weil er wusste, wie viel ihm Enya
bedeutete und er das Gespräch mit dem Arzt noch im
Kopf hatte. Er lauschte nach dem Herzschlag und wie zu
erwarten, war dieser viel zu langsam. Das Blut rauschte
nicht richtig in seinen Adern, es schien vielmehr nur
langsam voran zukommen.
„Kannst du nichts machen? Ihm irgendwie helfen? Bitte,
Jadon!“ Enya flehte, ohne ihren Blick von Stewarts
Gesicht zu nehmen.
„Es tut mir ehrlich so leid, Liebes. Er ist viel zu schwach
und ich kann, so sehr ich es auch möchte, nichts tun.“
Enya nahm Stews Hand und drückte sie, ehe sie sich zu
ihm hinab beugte und in sein Ohr flüsterte:
„Hey, wir haben dich gefunden. Wird Zeit, dass du
wieder aufwachst.“
Dann erhob sie sich wieder und schaute Jadon an.
„Könntest du bitte hier bleiben und wenn was ist, mir
sofort Bescheid geben?“
„Natürlich. Wo willst du denn hin?“
„Kurz zu Patrick rüber.“
Jadon nickte und Enya ging langsam aus dem Zimmer.
Kaum fiel die Tür hinter ihr wieder ins Schloss, lehnte
sie sich mit dem Rücken an die Wand und schlug beide
Hände vor ihr Gesicht.
Nach einer Minute des Weinens hatte sie sich wieder
etwas mehr unter Kontrolle, wischte sich die nassen
Tränenstraßen aus ihrem Gesicht und ging eine Tür
weiter in das Zimmer von Patrick.
Dieser lag ebenfalls in einem kleinen Raum mit einem
sanften Licht. Er hatte nicht ganz so viele Schläuche und
nur ein Gerät, an dem er angeschlossen war. Der Arzt
hatte ihnen vorher erklärt gehabt, dass Beide noch
zusätzlichen Sauerstoff bekämen.
Auch er wirkte blass und etwas eingefallen, mit Schmutz
in den Haaren, aber er sah bei Weitem nicht so schlimm
aus wie Stew.
„Hey, da bist du also. Du machst ja vielleicht Sachen.“
Enya versuchte locker zu klingen, während sie seine
Hand hielt und ihn anschaute.
Sie dachte daran zurück, wie Patrick mit seinen
Recherchen über den Tod von Ruben zu ihr gekommen
war und was er alles herausgefunden hatte.
Was wusste er jetzt? Sie hatten sich schon länger nicht
mehr sehen können und wie hartnäckig Patrick sein
konnte, hatte sie die Wochen davor miterleben können.
Wie hat er wohl über mein Verschwinden gedacht? Ob er
wusste, dass ich ihn nicht im Stich gelassen hatte?
Enya überkam ein schlechtes Gewissen. Was, wenn
Patrick nun schlecht über sie dachte? Wenn er geglaubt
hat, sie wollte sich nicht mehr mit ihm treffen und die
Recherchearbeiten durchgehen?
Sie wollte sich gerade zu ihm hinunter beugen, um ihm
etwas zu sagen, als die Tür aufging und Jadon dort
stand.
„Komm sofort“, sagte er nur kurz und ohne auch nur
nachzudenken, rannte sie ihm hinterher in Stewarts
Zimmer!
Doch was sie dort auf den zweiten Blick sah, verschlug
ihr kurz die Sprache, ehe ihr Herz einen Satz machte.
„Stew?“
Enya ging auf das Bett zu und schaute in zwei leicht
geöffnete Augen.
Er schien die Lippen zu bewegen, doch es kam nichts
heraus. Schnell ging Enya um das Bett herum, stand
genau dort, wie noch Kurz zuvor und nahm seine Hand.
„Stew, es ist alles gut. Ich bin bei dir.“
Langsam drehte Stewart den Kopf zu ihr hinüber,
schaute sie ruhig an und schien fast ein bisschen zu
lächeln.
Jede Bewegung fiel ihm schwer, doch er strengte sich,
so gut es ging an.
„En..! Du bi…“
„Ist schon gut, Stew, sprich lieber nicht. Du bist noch zu
geschwächt.“
Er deutete ihr mit der anderen Hand leicht an, sich
weiter zu ihr nach unten zu beugen, was Enya sofort tat.
Ihre Gesichter waren nur noch wenige Zentimeter
voneinander getrennt.
Stewart konnte die Trauer in ihren
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