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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kibler
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gelegen hatte, dass er versucht hätte, ihr die Klamotten vom Leib zu reißen. Vielleicht irritierte es sie aber auch, dass er genau das nicht versucht hatte, nicht mal im Ansatz. Fand er sie nicht mehr attraktiv?
    Hatte er sie überhaupt jemals attraktiv gefunden?
    War das, verdammt noch mal, in irgendeiner Weise für irgendjemanden relevant, ob er sie attraktiv gefunden hatte oder fand?
    Wieder schossen ihr all die Gedanken durch den Kopf, die sie seit dem letzten Sommer mehr oder weniger erfolgreich zu verdrängen versuchte. Seit sie Nick damals in Amerika wiedergesehen hatte, als sie mit Rainer in Urlaub gefahren war. Fahren wollte. Denn dazu war es ja nicht gekommen. Kein Urlaub. Die gemeinsamen vier Wochen einfach abgesagt, weil eine neue Maschine nur für diese vier Wochen zur Verfügung stand. Mit der sie eine ganz besondere Untersuchung machen konnten, die man so noch nie hatte machen können, die man so nie wieder würde machen können. Rainer hatte ihr haarklein erklärt, was das Besondere daran war. Unter gestenreicher Unterstützung von Rhonda, der jungen Assistentin. Und Margot hatte sich etwas eingestehen müssen, nämlich dass sie auf einen beschissenen mittelalterlichen Kirchenplan eifersüchtig war. Schließlich war sie dann ohne Rainer in Urlaub gefahren.
    Auf dem Weg nach Leer hatte Margot an einer Raststätte eine kurze Pause eingelegt, war auf die Toilette gegangen, hatte einen Kaffee getrunken und danach Nick eine SMS geschickt: »Bin dienstlich in Norddeutschland, melde mich.«
    Nachdem sie nun ihren Zielort erreicht hatte, beschloss sie, zuerst zur Polizeistation zu fahren. Sie hatte Ole von unterwegs angerufen und ihm mitgeteilt, dass sie heute noch in Leer eintreffen würde. Ganz Gentleman, hatte er sich um ein Zimmer im Hotel Am Markt bemüht – und ihr eine Viertelstunde später die Bestätigung per SMS geschickt.
    Margot lenkte ihren Wagen auf den Parkplatz vor dem fünfstöckigen Backsteinquader. Sie wollte die Polizeiinspektion eben durch den Haupteingang betreten, als ihr Ole entgegenkam.
    »Margot?« Er umarmte sie zurückhaltend und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich freue mich, dass du hier bist.«
    »Danke. Ich freue mich auch, dich zu sehen.« Sie hatte bewusst nicht gesagt: dich wiederzusehen.
    »Du kommst gerade richtig. Ich bin auf dem Weg zu Salomon Tramer. Der hat uns eben angerufen, dass er wieder zu Hause ist. Er hat gefragt, ob wir nicht noch heute Abend vorbeikommen könnten, damit er morgen ausschlafen kann.«
    »Nun, uns soll es recht sein, nicht wahr«, bemühte sich Margot um einen lockeren Ton.
    »Kommst du mit? Warst du schon im Hotel? Oder willst du zuerst noch dorthin?«
    »Nein, ich komme mit.«
    »Prima.«
    Ole Greven ging auf einen Opel Omega zu. »Malte kommt auch mit«, sagte er, als wäre damit alles erklärt. Er entriegelte den Wagen, dann hielt er Margot die Tür auf der Beifahrerseite auf. Die stieg ein und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Nick hielt ihr auch immer die Türen auf.
    Ole setzte sich hinter sie auf den Rücksitz.
    Eine halbe Minute später kam Malte. Der bullige Mann mit dem knappen hellblonden Bürstenhaarschnitt ließ sich hinter das Steuer gleiten. Womit die Gewichtsverteilung wieder einigermaßen ausgeglichen war. »Moin«, brummelte er.
    »Malte, das ist Hauptkommissarin Margot Hesgart aus Darmstadt. Margot, das ist Polizeikommissar Malte Idler. Aus Jemgum. Kann er aber nix dafür.«
    Margot musste schmunzeln. Sie kannte Jemgum. Eine Schwester ihrer Mutter hatte es nach dem Krieg dorthin verschlagen. Ein kleines Örtchen direkt bei Leer. Die kleine Margot hatte es immer gehasst, wenn sie die Tante besucht hatten, die mit ihrem Mann einen Bauernhof bewirtschaftete. Am schlimmsten war der Gestank der Kühe gewesen. Ein Kumpel in der Schule hatte mal von Ferien auf dem Bauernhof geschwärmt. Das hatte Margot nie nachvollziehen können: Kuhfladen auf dem Hof, Milch mit Haut, Kikeriki, das einen um den Schlaf brachte, und der Hund, der besser war als jede Alarmanlage und immer äußerst bedrohlich die Zähne fletschte. Interessant war einzig und allein die Kirche mit dem schiefsten Turm der Welt in Suurhusen, schiefer als der Turm von Pizza, wie Margot als Kind immer verstanden hatte. Amüsant waren auch die Namen der ganzen anderen Käffer gewesen: Hatzum, Ditzum, Petkum und eben besonders: Jemgum. Erinnerte sie immer an Kaugummi.
    Idler grummelte noch etwas Unverständliches, während er bereits den Motor anließ und den

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